10.42
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! 1,4 Millionen Menschen können sich laut Statistik Austria in diesem Land das Wohnen nicht leisten. (Abg. Michael Hammer: Depressive Grundstimmung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Lassen Sie es mich anhand von einem ganz konkreten Beispiel darlegen (Abg. Gerstl: Wiener Gemeindebau!): Mehr als 300 Frauen allein in Innsbruck – das ist eine vorsichtige Schätzung – können sich das Leben nicht leisten. Sie beenden Gewaltbeziehungen und ziehen mit ihren Kindern aus. Sie sind dann bei ihren Eltern in Zweizimmerwohnungen und schlafen auf dem Sofa, weil sie sich das Wohnen nicht mehr leisten können. Junge Menschen können zum Studieren nicht mehr ausziehen, weil sie sich das Wohnen nicht mehr leisten können.
Ich sage Ihnen eines: Mit der höchsten Inflation ganz Westeuropas haben wir es im privaten Markt mit Mietpreissteigerungen von 20 bis 25 Prozent zu tun. (Abg. Tomaselli: Wie im Wiener Gemeindebau!) Das bedeutet für eine einfache Dreizimmerwohnung (Abg. Bogner-Strauß: In welchem Zeitraum? Mathematisch korrekt darstellen!) – das ist kein Luxus, meine sehr geehrten Damen und Herren – 1 700 Euro im Monat. Wer soll sich das leisten können? Wer soll sich das leisten können? (Beifall bei der SPÖ.)
Genau da hätten Sie etwas tun müssen – da hätten Sie auch unsere Unterstützung, etwas zu tun –, das tun Sie aber nicht. Sie greifen in den Bereich ein beziehungsweise zeigen Sie dort Muskel, wo es aufgrund der Gemeinnützigkeit eh unbefristete Mietverhältnisse gibt, nicht Mietpreise von 17 Euro wie am Privatmarkt, sondern von 2 Euro oder maximal 7 Euro, wenn das ein Neubau im gemeinnützigen Bereich ist. Da lassen Sie die Muskeln spielen und führen einen angeblichen Deckel ein, der sich nicht auswirken wird. Die Leute werden es nicht spüren. Eine Mogelpackung ist es und eine Augenauswischerei ist es.
Wir würden Ihnen mit einem Antrag helfen, diesbezüglich noch zu korrigieren, und zwar stelle ich folgenden Antrag:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mietpreisstopp im freien Wohnungsmarkt“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert den eigenen Ankündigungen Taten folgen zu lassen und dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine gesetzliche Begrenzung der Mietsteigerungen im sogenannten freien, nicht preisregulierten Wohnungsmarkt (Neubau) vorsieht.“
*****
Machen Sie das Wohnen in diesem Land wieder leistbar, dafür sind Sie gewählt! (Beifall bei der SPÖ.)
10.45
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abg. Mag. Selma Yildirim, Mag. Ruth Becher
Genossinnen und Genossen
betreffend Mietpreisstopp im freien Wohnungsmarkt
eingebracht am 15. Dezember 2023 im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Ausschusses für Bauen und Wohnen über den Antrag 3558/A der Abg. August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden
(3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz – 3. MILG) (2398 d. B.)
Der nun von den Regierungsfraktionen eingebrachte Gesetzesantrag zum 3. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz sieht eine Mietpreisbremse bzw. eine Deckelung der Indexierung bei 5% in den kommenden 3 Jahren vor. Davon umfasst sind die gesetzlich regulierten Richtwert- und Kategoriemieten sowie jene WGG-Entgeltsbestandteile, die einer Indexierung unterworfen sind.
Vergessen hat die Regierung die rund 450.000 Mietverhältnisse im sogenannten freien Wohnungsmarkt. Das sind jene Wohnungen, die allgemein als Neubau bezeichnet werden und keinerlei Preisregulierung unterliegen, die also voll den Marktverhältnissen unterliegen und der Immobilienwirtschaft in den letzten Jahren horrende Gewinne verschafft haben. Hier werden die teuersten Mieten eingehoben und die meisten Mietverträge sind mit einer Wertsicherungsklausel ausgestattet. Diese Wertsicherungsklausel beträgt bei den meisten Wohnungsmietverträgen 5% - also wie bei den Kategoriemieten. Es gibt aber auch Mietverträge mit einer 3% oder 2%-Schwelle.
Wird diese Schwelle überschritten steigt die Miete. In den letzten Monaten lagen die Steigerungen in diesem Bereich bei 20 bis 25%. Diese Wohnungen wurden also innerhalb kurzer Zeit um ein Viertel teurer, obwohl sie bereits grundsätzlich zu den teuersten Mietwohnungen zählen.
Von September bis Dezember dieses Jahres wurde von Regierungsmitgliedern oder Abgeordneten der Regierungsfraktionen mehrmals angekündigt auch in diesem Bereich die betroffenen rund 900.000 Menschen zu entlasten und auch in diesem Mietsegment einen Mietpreisdeckel einzuführen. In den letzten Tagen wurde von den Regierungsfraktionen sogar unrichtigerweise behauptet, die SPÖ hätte durch ihre Ablehnung einer verfassungsrechtlichen Verankerung verhindert, dass die Mieten im nicht preisregulierten Wohnmarkt einer Mietpreisdeckelung unterworfen würden. Die SPÖ hätte aber gar nicht die Möglichkeit gehabt, so einen Vorschlag abzulehnen, da die Regierungsfraktionen niemals einen Entwurf für eine Deckelung oder sonstige Begrenzung der Mieten im unregulierten (sog freien) Sektor vorgelegt haben.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert den eigenen Ankündigungen Taten folgen zu lassen und dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine gesetzliche Begrenzung der Mietsteigerungen im sogenannten freien, nicht preisregulierten Wohnungsmarkt (Neubau) vorsieht.“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Deimek. – Bitte sehr.