14.19

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Werte Frau Frauenministerin! Hohes Haus! Gewaltschutz ist ein ganz wichtiges Thema und uns allen ein enorm großes Anliegen, hoffentlich nicht nur auf dem Papier.

Gewaltambulanzen, über die wir jetzt diskutieren werden, sind ein wesentlicher Teil, der uns in Österreich im Gewaltschutz fehlt. Sie sichern Beweise, sodass sie später vor Gericht verwendet werden können. Das ist vor allem bei Gewalt gegen Kinder, Frauen, ältere Menschen, pflegebedürftige Men­schen ganz zentral und wichtig, vor allem wenn sie nicht nur von körperlicher, sondern auch von sexualisierter Gewalt betroffen sind.

Es kann helfen, die in Österreich leider vorhandene niedrige Verurteilungsrate zu heben. Sie sind sozusagen geeignet dafür, Beweise sicherzustellen, die Betroffenen können sich in aller Ruhe überlegen, ob sie etwas tatsächlich zur Anzeige bringen oder nicht. Wir wissen, wie emotional behaftet diese ganze Gewaltthematik im Familienverhältnis, im Naheverhältnis ist, aber die Beweise könnten gesichert werden und gehen nicht verloren.

Wir haben daher auf Verlangen der Expertinnen und Experten als sozialdemo­kratische Fraktion vor etwas mehr als vier Jahren einen entsprechenden Antrag in die parlamentarische Diskussion und Debatte eingebracht, den die ÖVP, Frau Ministerin, mit ihrer Koalitionspartnerin bedauerlicherweise von einer Ausschusssitzung zur nächsten verschoben hat. Sie haben gesagt, Sie evaluieren und Sie erstellen Studien. Letztendlich sind wir froh, dass bis jetzt zumindest diese Initiative, über die wir heute diskutieren werden, am Tisch liegt.

Allerdings muss ich sagen, dass Sie vor wenigen Wochen einen Initiativantrag ohne Begutachtung in die parlamentarische Debatte geschickt haben. Das verstehen wir nicht, dass Sie das nicht außerhalb der kleinen oder inter­ministeriellen Debatte machen, dass Sie diese Inhalte nicht genau mit jenen Einrichtungen und Expert:innen, die jahrein, jahraus mit gewaltbetroffe­nen Frauen, Kindern, behinderten Menschen beschäftigt sind, diskutieren. Das haben Sie nicht gemacht, dementsprechend gibt es auch eine Empörung darüber und dementsprechend gibt es sehr viel Verunsicherung.

Wenn wir uns diese sechs, sieben Paragrafen – die heute hier zur Debatte vorliegen – anschauen, dann muss ich dem recht geben, denn in die­sem Gesetzesantrag, in diesem Initiativantrag steht eigentlich nur drinnen, dass die Ministerien ermächtigt werden, mit Betreibern Förderverträge abzu­schließen. Das heißt, Sie beschließen heute hier etwas, was die Verfassung Mi­nisterien schon zur Verfügung stellt. Das ist keine effektive Verankerung von Gewaltschutzzentren, daher werden wir das ablehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte neben der formellen Kritik noch einmal auf die Inhalte zu sprechen kommen, und ich möchte Ihnen die Chance geben, bei diesem Antrag, den ich noch einmal einbringen möchte, mitzustimmen und effektive Zentren zu beschließen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gesetzliche Verankerung von Gewaltambulanzen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, die gesetzlichen Grundlagen für Gewaltambulanzen zu schaffen. Diese sind im öffentlichen Bereich flächendeckend in allen österreichi­schen Bundesländern zu institutionalisieren und sollen die forensische Beweis­sicherung im Falle von Gewalt  insbesondere gegen Frauen  für etwaige spätere Strafverfahren sicherstellen. Ein kostenloser, niederschwelliger Zugang ist sicherzustellen. Dabei sind jedenfalls u.a. Expertinnen und Experten aus den Bereichen Gewaltschutz, Gewaltprävention sowie dem me­dizinischen, insbesondere aus dem gynäkologischen und gerichtsmedizi­nischen Bereich, einzubinden.

Vorzusehen ist außerdem eine Berichtspflicht, die beim Frauenministerium zu bündeln ist. Die Berichte sind dem Nationalrat sowie dem Bundesrat jähr­lich bis zum 30. September des Folgejahres vorzulegen.“

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

14.24

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim,

Genossinnen und Genossen,

eingebracht im Zusammenhang mit TOP 7 der 266. Sitzung des Nationalrates - Bericht des Justizausschusses über den Antrag 4067/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung von Gewaltambulanzen (Gewaltambulanzenförderungs-Gesetz – GewaltAFG) erlassen wird (2565 d.B.)

betreffend gesetzliche Verankerung von Gewaltambulanzen

Ein Problem, mit dem Opfer häuslicher sowie sexueller Gewalt häufig konfrontiert sind ist, dass es relativ selten zu Verurteilungen kommt. Außerdem werden viele Fälle nicht (gleich) angezeigt und die Dunkelziffer ist sehr hoch.

Ein Manko in Österreich sind dabei laut Expert:innen fehlende sogenannte rechts­medizinische „Gewaltambulanzen“. Bei häuslicher Gewalt, nach Vergewalti­gungen, bei Kindesmissbrauch bzw. –misshandlung oder bei Gewalt gegen ältere bzw. pflegebedürftige Menschen können sie eine zentrale Rolle bei der Aufklärung und Verhinderung weiterer Gewalt spielen.

Sie übernehmen die professionelle Beweissicherung und Dokumentation von Verletzungen bei Gewalt, damit diese bei einer etwaigen Anzeige und einem späteren Strafverfahren verwendet werden können.

Wesentlich dabei ist ein niederschwelliger Zugang, sowie die Möglichkeit, die Beweisaufnahme rund um die Uhr an allen Wochentagen durchzuführen. Ebenso sollte eine mobile Möglichkeit geschaffen werden, so dass die Beweissicherung zu den Opfern kommt.

In vielen Krankenhäusern gibt es bereits Opferschutzgruppen. Gewaltambulanzen sollen im öffentlichen Bereich institutionalisiert werden - flächendeckend in allen Bundesländern.

Wichtig ist dabei eine solide gesetzliche Verankerung statt lediglich einer Ermäch­tigung zur Förderung von Gewaltambulanzen.

Dazu müssen Expert:innen aus den betreffenden Bereichen (Gewaltschutz, Opferschutz, Gewaltprävention, medizinischer Bereich, Gerichtsmedizin) einbezogen und eine Begutachtung des Gesetzesentwurfs durchgeführt werden.

Ergänzend soll eine Berichtspflicht vorgesehen werden. Die Berichte sollen gebündelt an das Frauenministerium gerichtet und Nationalrat und Bundesrat zur Diskus­sion vorgelegt werden. Das stellte eine öffentliche Debatte sicher.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, die gesetzlichen Grundlagen für Gewaltambulanzen zu schaffen. Diese sind im öffentlichen Bereich flächendeckend in allen österreichischen Bundes­ländern zu institutionalisieren und sollen die forensische Beweissicherung im Falle von Gewalt – insbesondere gegen Frauen – für etwaige spätere Strafverfahren sicherstellen. Ein kostenloser, niederschwelliger Zugang ist sicherzustellen. Dabei sind jedenfalls u.a. Expertinnen und Experten aus den Bereichen Gewaltschutz, Gewaltprävention sowie dem medizinischen, insbesondere aus dem gynäkologischen und gerichtsmedizinischen Bereich, einzubinden.

Vorzusehen ist außerdem eine Berichtspflicht, die beim Frauenministerium zu bündeln ist. Die Berichte sind dem Nationalrat sowie dem Bundesrat jährlich bis zum 30. September des Folgejahres vorzulegen.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Michaela Steinacker. – Bitte, Frau Abgeordnete.