12.43

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie und zu Hause! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Ich bin in Niederösterreich geboren, wohne beziehungsweise lebe seit 57 Jahren in Niederösterreich und ich persönlich habe so etwas noch nie erlebt. Ich möchte mich, wie meine Vorredner schon, natürlich auch bei den Männern und Frauen der freiwilligen Feuer­wehren bedanken, bei den freiwilligen Helfern, bei den Soldatinnen und Soldaten des österreichischen Bundesheeres, bei den Bürgermeister:innen, bei den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten, bei den Rot-Kreuz-Helfern, vom Arbeiter-Samariter-Bund ganz zu schweigen. Herzlichen Dank für die Leistung, die unermüdlich erbracht wird, Tag und Nacht erbracht worden ist! Herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Ich habe in ganz Niederösterreich Bekannte und Freunde, und ich bin erst vorhin von einem Gemeinderat, einem befreundeten Betriebsrat, der in Gars am Kamp wohnt, angerufen worden. Er hat mir die dortige Situation geschildert: Diese sei nach wie vor dramatisch, aber sie seien im Vergleich zu 2002 mit einem blauen Auge davongekommen. Deshalb soll ich hier auch eine Person im Besonderen erwähnen, nämlich den Werksleiter des Stausees Ottenstein, der Tag und Nacht in Verbindung mit den Bürgermeistern, mit den Feuerwehrkommandanten stand, der ihnen mitgeteilt hat, wie viele Ressourcen im Stausee noch vorhanden sind, wann er wie viel ablässt, und so weiter und so fort. So sei es gelungen, dort das Schlimmste zu verhindern. An dieser Stelle herzlichen Dank an Alexander Sitz! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Als Gewerkschafter möchte ich auch darauf verweisen, dass auch der Österrei­chische Gewerkschaftsbund und die Arbeiterkammern für ihre Mitglieder einen Katastrophenfonds zur Verfügung gestellt haben.

Und weil wir gerade beim Thema sind und wir heute auch schon darüber disku­tiert haben, auch Kollege Wöginger vor mir hat es angesprochen: Rechts­anspruch auf Freistellung. Herr Kollege Wöginger, wir diskutieren das jetzt schon seit fünf Jahren, glaube ich, und ich denke nicht, dass jemand, der in der Intensivstation arbeitet, diesen Rechtsanspruch in Anspruch nehmen wird. Das kann ich mir nicht vorstellen, beim besten Willen nicht. (Abg. Steinacker: ... Rechtsanspruch ...!)

Es ist so, dass uns bei den Gewerkschaften und bei den Arbeiterkammern jetzt natürlich immer wieder Kolleginnen und Kollegen angerufen und gefragt haben, wie das denn mit der Freistellung ist und wie das dann mit der Entgelt­fortzahlung ist, weil eben der Einsatz länger dauert als gedacht, und so weiter und so fort. Wir haben ja zum Glück die Regelung für die Arbeitgeber, dass es aus dem Katastrophenfonds eine gewisse Entschädigung gibt, aber als Arbeitnehmer – und es sind halt sehr viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei den freiwilligen Feuerwehren und den Rot-Kreuz-Organisationen engagiert – ist man halt noch immer vom Goodwill des Arbeit­gebers abhängig, obwohl in dieser Krisensituation, in dieser Ausnahme­situation – und das muss man jetzt auch ganz deutlich sagen – natürlich auch die Arbeitgeber mitgeholfen haben, um das Schlimmste zu verhindern.

Zusätzlich ist es erforderlich, dass die Betroffenen solcher Katastrophen die Sicherheit haben, ihr Hab und Gut in Sicherheit bringen und ihr Zuhause wieder instand setzen zu können, ohne Angst um ihren Arbeitsplatz haben zu müssen, ohne befürchten zu müssen, dass es zu Kündigungen et cetera kommt. Deswegen braucht es da dringend eine rechtliche Regelung, und des­wegen bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einsatzkräfte und Betroffene beim Katastropheneinsatz im Beruf absichern und rasch und unbürokratisch finanzielle Soforthilfe leisten!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, umgehend dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Beschluss­fassung zu übermitteln, mit der ein Rechtsanspruch auf Freistellung und Entgeltfortzahlung für im Katastrophenschutzeinsatz stehende Einsatzkräfte geschaffen wird. Zugleich ist sicherzustellen, dass für im Einsatz befind­liche ehrenamtliche Einsatzkräfte, auch eine pauschale Abgeltung etwaiger Verdienstausfälle aus selbständiger Tätigkeit erfolgt.

Für von Katastrophen Betroffene soll Rechtssicherheit durch einen Schadensbeseitigungs-Freistellungsanspruch geschaffen werden.

Der Bundeskanzler wird darüber hinaus aufgefordert, in Abstimmung mit den Ländern dafür Sorge zu tragen, dass den von den Katastrophenschäden Betroffenen, rasch und unbürokratisch finanzielle Soforthilfe geleistet wird.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.47

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Josef Muchitsch, Genossinnen und Genossen

betreffend Einsatzkräfte und Betroffene beim Katastropheneinsatz im Beruf absichern und rasch und unbürokratisch finanzielle Soforthilfe leisten!

Eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1) Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Entwicklungen und Maßnahmen betreffend die Hochwassersituation in Österreich

Die aktuelle Flutkatastrophe, die unser Land derzeit heimsucht, stellt Einsatz­kräfte und Betroffene vor kaum vorstellbare Herausforderungen. Unter fast unmenschlichem Einsatz müssen Feuerwehrleute und andere Einsatzkräfte dieser und auch anderer Katastrophen und Unwettern, die unser Land immer häufi­ger heimsuchen, Herr werden. Leider sind auch manchmal Verletzte und sogar Todes­opfer zu beklagen. Es muss daher alles unternommen werden, um Menschen zu schützen, Betroffenen zu helfen und Einsatzkräfte zu unterstützen.

Es lastet unglaublich viel Druck auf den Kameraden und Kameradinnen der Feuer­wehr, aber auch der Rettungsdienste, die sich täglich unter größtem persön­lichen Einsatz und ehrenamtlich in den Dienst der Öffentlichkeit stellen. Dafür gilt ihnen Dank und Anerkennung, aber – und hier geht es insbesondere in wirt­schaftlich bewegten Zeiten auch um den Schutz der Arbeitnehmer*innen – auch um echte Absicherung für ihre Tätigkeit.

Arbeitnehmerinnen sollen für ihre Einsätze, die sie im Rahmen ihrer Mitgliedschaft zu einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer frei­willigen Feuerwehr im Rahmen eines Großeinsatzes leisten in Zukunft einen Rechts­anspruch auf Freistellung und Entgeltfortzahlung haben. Immerhin sind sie es, die in außergewöhnlichen und bedrohlichen Situationen ihr Leben für uns einsetzen und damit unser aller Sicherheit gewährleisten.

Auf Initiative der SPÖ konnten bereits 2019 Verbesserungen im Bereich der Arbeitswelt geschaffen werden, immerhin gibt es seither eine Entschädigung für die Arbeitgeber*innen, wenn sie freiwillige Einsatzkräfte für ihre Tätigkeiten im Katastrophenschutz in den Sonderurlaub gehen lassen. Ausmaß und Lage der jewei­ligen bezahlten Dienstfreistellung muss mit dem Arbeitgeber vereinbart werden, dieser bekommt aus dem Katastrophenfonds für die gewährte Freistellung und die Entgeltfortzahlung eine Prämie in der Höhe von 200 Euro pro im Einsatz befindlichen Dienstnehmer und Tag.

Noch immer jedoch fehlt der Rechtsanspruch, der Hilfe auch wirklich außer Streit stellt. Arbeitnehmer:innen, die sich in den Dienst der Allgemeinheit stellen, dürfen keine Bittsteller:innen sein, wenn es darum geht, in den Katastropheneinsatz zu gehen. Es darf künftig nicht mehr von der Zustimmung der Arbeitgeber*in­nen abhängig sein, ob der Katastropheneinsatz möglich ist.

Zusätzlich ist aber auch erforderlich, dass auch die Betroffenen von solchen Kata­strophen die Sicherheit haben, ohne Angst um ihren Arbeitsplatz ihr Hab und Gut in Sicherheit und ihr Zuhause wieder in Stand bringen zu können. Die beste­henden Regelungen reichen hier oft nicht aus, sodass die Sorge, den Arbeits­platz zu verlieren noch zu den anderen Existenzsorgen dazu kommen. Ein eigener gesetzlicher Freistellungsanspruch zur Schadensbeseitigung bringt den Betroffenen Rechtssicherheit und nimmt ihnen wenigsten eine Sorge ab.

Um die finanziellen Existenzsorgen etwas zu mildern, müssen auch die Zahlungen aus dem Katastrophenfonds rasch und unbürokratisch erfolgen. Wer schnell hilft, hilft doppelt. Das gilt im Zusammenhang mit der Überbrückung und Beseitigung der Katastrophenschäden umso mehr, denn viele unserer betroffenen Mitbür­ger:innen haben fast alles verloren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, umgehend dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der ein Rechtsanspruch auf Freistellung und Entgeltfortzahlung für im Katastrophenschutzeinsatz stehende Einsatzkräfte geschaffen wird. Zu­gleich ist sicherzustellen, dass für im Einsatz befindliche ehrenamtliche Einsatzkräfte, auch eine pauschale Abgeltung etwaiger Verdienstausfälle aus selbständiger Tätigkeit erfolgt.

Für von Katastrophen Betroffene soll Rechtssicherheit durch einen Schadensbesei­tigungs-Freistellungsanspruch geschaffen werden.

Der Bundeskanzler wird darüber hinaus aufgefordert, in Abstimmung mit den Ländern dafür Sorge zu tragen, dass den von den Katastrophenschäden Betrof­fenen, rasch und unbürokratisch finanzielle Soforthilfe geleistet wird.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Oxonitsch. – Bitte.