19.26

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Ge­schätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ein Wort zu Kol­legen Reifenberger: Niemand hält sich eine Staatssekretärin! – Wie respektlos ist ei­gentlich diese Aussage gewesen? Ich bitte Sie wirklich, das zurückzunehmen und sich dafür zu entschuldigen! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Nun zum Kulturbudget: Österreich, oh, Österreich, was bist du eigentlich für eine Kul­turnation? Oder nicht? Geschätzte Damen und Herren, werfen wir einen Blick zurück auf die letzten Monate, und schauen wir, was wir erlebt haben und was uns diese Monate gezeigt haben: Seit Monaten hängen Künstlerinnen und Künstler, alle in der Kunst- und Kulturszene, in der Luft. Seit Monaten! Gespräche mit den Künstlerinnen und Künstlern wurden vonseiten der Republik wahnsinnig lange einfach verweigert.

Das ist enttäuschend, und das ist wahnsinnig beschämend für Österreich, das sich als Kulturnation bezeichnet, vor allem, weil der jetzige Finanzminister Blümel auch irgend­wann einmal etwas mit Kultur zu tun hatte. Man glaubt es kaum, aber er war Kultur­minister. Mit Verlaub: Er hat die Künstlerinnen und Künstler immer ignoriert. Er hat kei­nen Finger gerührt, und er ist auf nichts eingegangen. Es ist wahnsinnig beschämend, was da vonseiten des Finanzministers abgegangen ist. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty.)

Also: eine Kulturnation? – Ich glaube, für diese Regierung: not!

Nun aber zu den Zahlen im Budget: 466 Millionen Euro sind für Kunst und Kultur im Jahr 2020 eingestellt, 466 Millionen Euro, in denen keine Maßnahmen abgebildet sind, die mit der Covid-19-Krise zu tun haben, die keine Visionen skizzieren und die keinen Plan beinhalten, um Künstlerinnen und Künstler wirklich vor Armut zu schützen.

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen von den Grünen, ich weiß, dass es Ihnen eigent­lich ein Anliegen ist, Fair Pay für Künstlerinnen und Künstler endlich zu etablieren. Ich stelle Ihnen aber die Frage: Wo finden wir diese Maßnahmen im Budget? Wo finden die Betroffenen echte Fair-Pay-Maßnahmen in Ihrem Budget? – Nirgends, ehrlich gesagt: nirgends!

Sie wissen alle aus der Studie „Zur sozialen Lage der Künstler und Künstlerinnen in Österreich“, einer Studie, die erneuert wurde und deren Update seit zwei Jahren auf dem Tisch liegt und mit der eigentlich auch nichts passiert, dass gerade Künstlerinnen und Künstler wahnsinnig häufig und viel intensiver von Armut betroffen sind als jede andere Branche.

Das sind meistens jene, die eben nicht vor dem Vorhang stehen und die auch nicht zu den Kulturpromis zählen. Das sind aber viele, die sehr viel für die Szene tun und sehr viel dazu beitragen, dass wir Kulturnation sind, und es sind oftmals Frauen – Frauen, die noch immer um ihr Standing in der Kunst- und Kulturbranche kämpfen. Ich frage Sie ehrlich, Herr Vizekanzler: Was genau tut Ihr Budget für Frauen? Sagen Sie mir jetzt bitte nicht: Frauenförderung im Film. Mit Verlaub, das wäre ein Schmücken mit fremden Fe­dern, weil das unter SPÖ-Ministern und -Ministerinnen passiert ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich aber nochmals zu dem Drama der Nichtunterstützung in der Covid-19-Krise zurückkommen – Drama deshalb, weil es um persönliche Existenzen geht! Die Soforthilfe, ob jetzt 500 Euro oder eine Verdoppelung auf 1 000 Euro, ist bis jetzt noch nicht ausgezahlt worden, es warten aber wahnsinnig viele darauf – und ehrlich gesagt ist auch das nur ein Tropfen auf den heißen Stein, davon kann ja niemand leben, sondern das ist eine Sofortmaßnahme, die es wirklich dringend braucht.

Von Ihrer Seite – vonseiten des Vizekanzlers, des Finanzministers – kommen immer nur Ankündigungen, und eine Ankündigung wurde jeweils durch die nächste Ankündigung vertagt. Wochenlang ist offen gesprochen nichts passiert, bis der Aufstand vonseiten der Künstlerinnen und Künstler dann wahnsinnig groß war. Staatssekretärin Lunacek hat Fehler gemacht, und sie hat die Konsequenzen gezogen, aber, mit Verlaub, der Finanz­minister hat keinen Finger gerührt, und auch Sie nicht, Herr Vizekanzler.

Wir wollen konkrete Maßnahmen. Es braucht dringend den notwendigen Rettungs­schirm, dringend eine Kulturmilliarde.

Deshalb darf ich auch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend „langfris­tiges Investitionsprogramm von einer Milliarde Euro für die Kultur- und Kreativwirtschaft“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Finanzminister und der Bundesminister für Kunst, Kultur, Öffentlicher Dienst und Sport werden aufgefordert dem Nationalrat ein umfassendes und langfristiges Investitionsprogramm für KünstlerInnen, Kulturinstitu­tionen und Unternehmen der Kreativwirtschaft in der Höhe von einer Milliarde Euro für die nächsten drei Jahre vorzulegen, um die langfristige Existenz des Kulturlandes Ös­terreich und seiner Kreativen zu sichern.“

*****

Stimmen Sie endlich zu und retten wir gemeinsam die Kulturnation Österreich! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.31

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Thomas Drozda, Katharina Kucharowits,

Genossinnen und Genossen

betreffend langfristiges Investitionsprogramm von einer Milliarde Euro für die Kultur- und Kreativwirtschaft

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Re­gierungsvorlage (55 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschla­ges für das Jahr 2020 (Bundesfinanzgesetz 2020 – BFG 2020) samt Anlagen (183 d.B.) – UG 32 Kunst und Kultur (TOP 7)

Die letzten Wochen mit ihren starken Beschränkungen haben wieder einmal gezeigt, wie essenziell Kunst und Kultur ist. KünstlerInnen jedoch stehen vor den Scherben ihrer Existenz. Kulturinstitutionen sind aufgrund der langen Schließdauer und der unsicheren Perspektive von Insolvenz bedroht. Und es betrifft auch nicht nur die KünstlerInnen allein. Vom Ton bis zum Licht, von der Kamera bis zum Ticketbüro, von der Eventagentur bis zum Veranstalter und noch viele mehr wissen nicht, wie sie den Fortbestand ihrer Unternehmen sichern sollen. Die Kunst und die ganze Kreativwirtschaft ist in Gefahr und mit ihr das Kulturland Österreich.

Die bisher zugesagten Hilfen reichen bei weitem nicht und sind in vielen Fällen unge­eignet für die Lebens- und Arbeitsrealitäten von Kreativen. Kulturschaffende dürfen nicht zu Bittstellern degradiert werden. In anderen Ländern wie der Schweiz wurden umfas­sende Hilfsmaßnahmen beschlossen, in Frankreich Kultur zur Chefsache gemacht. In der oft in Sonntagsreden beschworenen „Kulturnation Österreich“ fehlen Initiative, Mut, Engagement und ein Bekenntnis zu unseren Kulturschaffenden. Es braucht einen um­fassenden Rettungsschirm für die Kultur und die Kreativwirtschaft – und zwar jetzt!

Kultur hat enorme wirtschaftliche Bedeutung für Österreich. Im Kreativbereich werden fast 4 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung Österreichs erarbeitet, das sind über 20 Mrd. Euro. Zehntausende Arbeitsplätze hängen davon ab. Was es braucht, ist ein umfassendes und langfristiges Investitionsprogramm in der Höhe einer Milliarde Euro für die nächsten drei Jahre, um der Branche eine Zukunft zu geben und Arbeitsplätze zu retten. Die Maßnahmen zum Shutdown waren schnell beschlossen, jetzt gilt es, Künst­lerInnen, Kulturinstitutionen und Unternehmen der Kreativwirtschaft mit Hilfe eines In­vestitionsprogrammes aus der Krise zu begleiten.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Finanzminister und der Bundesminister für Kunst, Kultur, Öffentlicher Dienst und Sport werden aufgefordert dem Nationalrat ein umfassendes und langfristiges Investitionsprogramm für KünstlerInnen, Kulturinstitu­tionen und Unternehmen der Kreativwirtschaft in der Höhe von einer Milliarde Euro für die nächsten drei Jahre vorzulegen, um die langfristige Existenz des Kulturlandes Ös­terreich und seiner Kreativen zu sichern.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Abgeordneter Mag. Martin Engelberg. – Bitte, Herr Abgeordneter.