12.59

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich beginne vielleicht mit einer kurzen Replik auf den Beitrag meines Vorredners.

Ich gebe Kollegen Amesbauer schon recht, ein Problem haben wir: dass wir manchmal den Mut zu klarer Umsetzung von rechtskräftigen Entscheidungen nicht finden. Und bei allem Respekt, Herr Bundesminister Peschorn, ich kann auch nicht nachvollziehen, warum nach zwei rechtskräftigen Erkenntnissen, in erster und in zweiter Instanz, nach höchstgerichtlichen Entscheidungen der Fall dieses Mannes aus Langenlois jetzt tat­sächlich noch einmal einer amtswegigen Prüfung unterzogen wird. Ich glaube, die Ös­terreicherinnen und Österreicher können nicht verstehen, dass man in drei beziehungs­weise vier Instanzen rechtskräftige Erkenntnisse, aber dann keine Rechtsklarheit hat. Gestatten Sie mir, das zu sagen! (Beifall bei der ÖVP – Abg. Wurm: Jetzt kenn’ ich mich nicht mehr aus! – Abg. Kickl: Die ÖVP, wie sie leibt und lebt!)

Nun zu einem ganz wichtigen Punkt, nämlich zur notwendigen Trennung in unserer Diskussion: Wir haben in unserer Diskussion zwei Themen, Asyl und Zuwanderung. Die Zuwanderung ist der Weg von Menschen, die nach Österreich kommen wollen, geordnet, geregelt, im Interesse der Betroffenen, aber auch im Interesse Österreichs. Ganz im Gegensatz dazu – und das wird sehr oft vermischt – steht das Thema, über das wir heute sprechen: Asyl. Asyl bedeutet Flucht, Notlage, Schutz, Auffangen. Asyl bedeutet ein Verfahren, und am Ende dieses Verfahrens steht ein Erkenntnis. Wenn das Erkenntnis lautet, dieser Mann, diese Frau verdient Schutz, hat Asylrecht in Öster­reich, dann erst beginnt der Zugang zum Arbeitsmarkt. Alles andere führt uns in die Ir­re. Wir müssen diesen geraden Weg beibehalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Vor einer positiven Entscheidung, meine Damen und Herren, also bei einem offenen Verfahren, darf es keinen Zugang zum Arbeitsmarkt geben. (Abg. Kickl: Das ist ein Höchstentscheid der Heuchelei, was da stattfindet!) Darum ist es natürlich wichtig, dass wir kurze Asylverfahren haben. Da ist in letzter Zeit viel passiert. Asylverfahren in erster Instanz sind innerhalb weniger Wochen abgeschlossen.

Meine Damen und Herren – Kollege Amesbauer hat das nicht angesprochen –, wir ste­hen aber vor einer Herausforderung. Zwischen 2012 und 2018 galt ein Erlass des da­maligen Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, der es Asylwer­bern im Gegensatz zur Trennung der Begriffe Asyl und Zuwanderung während des of­fenen Asylverfahrens ermöglicht hat, in Lehre zu gehen. Wir haben diese Menschen als Asylwerber – verzeihen Sie mir! – selbst mit einem rechtsstaatlichen Akt zur Lehre eingeladen. Wir wollten nun als Volkspartei eine Lösung finden, die Klarheit schafft: für die derzeit 767 Asylwerber, die sich aufgrund unserer Einladung derzeit in Lehre be­finden, und für die Wirtschaft, die sich Rechtssicherheit verdient. Sie alle haben ein Recht darauf, dass sie sich auf die Politik verlassen können.

Mit der geplanten gesetzlichen Anpassung, die von den Expertinnen und Experten des Innenministeriums begleitet worden ist – Herr Bundesminister, herzlichen Dank da­für! ‑, schaffen wir Klarheit (Beifall bei der ÖVP) und die Möglichkeit, dass die derzeit in einem Lehrverhältnis befindlichen und nicht straffälligen Asylwerber diese Lehre auch im Fall eines rechtskräftig negativen Asylbescheides bis zur Lehrabschlussprüfung fort­setzen können.

Es geht jedoch, und auch das festzuhalten ist wichtig, nicht um einen neuen Aufent­haltstitel. (Ruf bei der FPÖ: Na, klar ...! – Abg. Belakowitsch: Na sicher, die san jo ...!) Es geht vielmehr ausschließlich um die Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise zum Zweck des Abschlusses einer begonnenen Lehre.

Eines ist unbestritten – und wir wollen ja den Rechtsstaat auch wirklich und in allen Be­reichen umsetzen, darum auch meine Einleitung –, wir wollen, dass die Personen, die einen rechtskräftig negativen Bescheid haben, nach dem Ende der Lehre das Land verlassen müssen. Die Ausbildung bringt Know-how, das Know-how bringt den Men­schen die Möglichkeit, in ihrem Land zum Aufbau beizutragen. (Abg. Belakowitsch: Ja, wenn ich bei Spar Gemüse einsortiere ...!)

Meine Damen und Herren, eines darf ich auch sagen: Menschen, die freiwillig aus Ös­terreich ausgereist sind, haben die Möglichkeit, wieder nach Österreich zurückzukom­men und in den Arbeitsmarkt zuzuwandern. Jetzt sind wir beim Begriff zuwandern im Sinne einer Zuwanderung – geordnet, geregelt und an den Bedürfnissen des Betroffe­nen und den Bedürfnissen Österreichs ausgerichtet. (Abg. Kickl: Wie schaut’s denn mit der Verfestigung aus ...? – Ruf bei der FPÖ: Ja, Familiennachzug!) Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, mit einer freiwilligen Ausreise haben wir das Problem so weit gelöst, dass für die 767 Menschen tatsächlich eine Lösung gegeben ist.

Wir haben in den letzten Wochen, nachdem wir den Grundsatzantrag am 13. Novem­ber hier im Hohen Haus eingebracht haben, mehrere Gespräche mit den Fraktionen geführt und wollten eine breite parlamentarische Mehrheit erreichen. Wir führen mit dem Abänderungsantrag der Abgeordneten Karl Mahrer, Reinhold Einwallner, Alma Zadić und Stephanie Krisper, den ich hiermit einbringen darf – ich bitte auch, ihn zu verteilen (Abg. Kickl: Barbamahrer!) –, noch mehrere Präzisierungen ein, die helfen sollen, Klarheit zu schaffen.

Was die berechtigten Interessen der Wirtschaft betrifft, möchte ich noch einmal wie­derholen, meine Damen und Herren: Wir brauchen nicht über 767 Asylwerber – von denen wahrscheinlich nur 200 oder 300 einen rechtskräftig negativen Bescheid erhal­ten werden – für die Wirtschaft zu diskutieren (Abg. Belakowitsch: Wieso wissen Sie das jetzt schon?), sondern wir sollten betreffend die Wirtschaft darüber diskutieren und am Arbeitsmarkt die entsprechenden Anreize schaffen, damit wir die 30 000 Asylbe­rechtigten, die schon einen positiven Asylbescheid haben, auch tatsächlich in den Ar­beits- und in den Lehrlingsmarkt integrieren können. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren und Herr Kollege Amesbauer, wie ist für jene 767 Menschen der Unterschied? – Wir stehen zum Rechtsstaat. (Abg. Belakowitsch: Ihr setzt ihn ge­rade außer Kraft!) Wir stehen aber auch zu den einzelnen Menschen, denn genau für diese 767 Menschen, die wir selbst zur Lehre eingeladen haben (Abg. Kickl: Dann le­sen Sie den Erlass vom Hundstorfer durch ...! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), brauchen wir eine Lösung, und wir haben, so glaube ich, eine pragmatische und eine menschliche Lösung getroffen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Im Gegensatz zu Kollegen Amesbauer danke ich allen Fraktionen (Zwischenruf des Abg. Kickl), die zu der vernünftigen und aus meiner Sicht auch sehr guten Lösung bei­getragen haben, und bitte betreffend diesen Abänderungsantrag in Gesamtheit um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.07

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Mahrer, BA, Ing. Reinhold Einwallner, Dr. Alma Zadic, LL.M., Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag der Abgeordneten Karl Mahrer B.A., Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert wird (87/A, XXVII. GP)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der oben zitierte Antrag (87/A, XXVII. GP) wird wie folgt geändert:

1. Z 3 lautet:

„3. Nach § 55 wird folgender § 55a samt Überschrift eingefügt:

„Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise zum Zweck des Abschlusses einer be­gonnenen Berufsausbildung

§ 55a. (1) Ist ein Asylwerber, gegen den eine Rückkehrentscheidung erlassen wird oder nicht rechtskräftig erlassen worden ist, als Lehrling (§ 1 des Berufsausbildungs­gesetzes – BAG, BGBl. Nr. 142/1969) beschäftigt und teilt er oder der Lehrberechtigte (§ 2 Abs. 1 BAG) dies rechtzeitig (Abs. 3) dem Bundesamt mit, so beginnt die Frist für die freiwillige Ausreise abweichend von § 55 Abs. 2

1. ab dem Zeitpunkt der Endigung, der vorzeitigen oder der außerordentlichen Auflö­sung des Lehrverhältnisses oder

2. im Falle der Beantragung der Zulassung zur Lehrabschlussprüfung mit Ablauf des von der zuständigen Lehrlingsstelle gemäß § 23 BAG festgesetzten Prüfungstermins, wenn dieser nach dem in Z 1 genannten Zeitpunkt liegt und dem Bundesamt mitgeteilt wurde,

spätestens jedoch nach Ablauf von vier Jahren nach Beginn des Lehrverhältnisses zu laufen, sofern das Lehrverhältnis vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 begonnen und seitdem ununterbrochen bestanden hat.

(2) Abs. 1 gilt nicht für Asylwerber, die straffällig geworden sind (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005) oder im Rahmen des Asylverfahrens über ihre Identität zu täuschen versucht haben.

(3) Die Mitteilung gemäß Abs. 1 ist rechtzeitig, wenn sie dem Bundesamt spätestens vor der Zustellung der Rückkehrentscheidung zugeht. Ist diese zum Zeitpunkt des In­krafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 bereits zugestellt und erhebt der Asylwerber dagegen Beschwerde, so ist die Mitteilung rechtzeitig, wenn sie dem Bun­desamt spätestens vor der Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsge­richtes zugeht. Diesfalls ist das Bundesamt verpflichtet, die Mitteilung unverzüglich dem Bundesverwaltungsgericht zur Kenntnis zu bringen.

(4) Die Mitteilung gemäß Abs. 1 bedarf der Schriftform. Ihr ist bei sonstiger Unwirk­samkeit eine Abschrift des Lehrvertrags, in den Fällen des Abs. 1 Z 2 darüber hinaus eine Abschrift der Entscheidung der Lehrlingsstelle über die Festsetzung des Prüfungs­termins beizulegen. Eine rechtzeitig erstattete und wirksame Mitteilung hat bei Vorlie­gen der sonstigen Voraussetzungen des Abs. 1 für den Fall der rechtskräftigen Erlas­sung einer Rückkehrentscheidung zur Folge, dass das Lehrverhältnis nicht als gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG beendet gilt.

(5) Endet das Lehrverhältnis vor dem Ablauf der vereinbarten Lehrzeit (§ 14 Abs. 2 lit. a bis e BAG) oder wird es vorzeitig oder außerordentlich aufgelöst (§§ 15 oder 15a Abs. 1 BAG), so ist der Lehrberechtigte verpflichtet, dies unverzüglich, spätestens je­doch innerhalb einer Woche, dem Bundesamt schriftlich mitzuteilen. In der Mitteilung ist neben den nach dem ersten Satz maßgeblichen Tatsachen und dem Zeitpunkt ihres Eintritts die Identität des Drittstaatsangehörigen anzugeben.

(6) Eine gemäß Abs. 1 eingetretene Hemmung des Fristenlaufs erlischt, wenn

1. das Lehrverhältnis vor dem Ablauf der vereinbarten Lehrzeit endet oder vorzeitig oder außerordentlich aufgelöst wird,

2. der Drittstaatsangehörige straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005) oder

3. die für das Lehrverhältnis erteilte Beschäftigungsbewilligung erlischt (§ 7 Abs. 6 AuslBG) oder widerrufen wird (§ 9 AuslBG) oder die Entscheidung, mit der sie erteilt wurde, im Rechtsweg nachträglich behoben wird.

Die Anwendung der Z 1 setzt nicht voraus, dass der Lehrberechtigte die Mitteilung ge­mäß Abs. 5 erstattet hat.

(7) Das Bundesamt hat ein Merkblatt über die Möglichkeit der Erstattung einer Mittei­lung gemäß Abs. 1, deren Wirksamkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen zu erstel­len. Dieses ist beim Bundesamt und beim Bundesverwaltungsgericht bereitzuhalten. Ergibt sich aus der Aktenlage oder wird in einer Einvernahme (§ 19 AsylG 2005) oder einer mündlichen Verhandlung (§ 21 BFA-VG) vorgebracht, dass ein Asylwerber als Lehrling beschäftigt ist, so ist ihm das Merkblatt nachweislich auszuhändigen.

(8) Das Arbeitsmarktservice hat Lehrberechtigte, welche Asylwerber als Lehrlinge be­schäftigen, umgehend von der Möglichkeit der Erstattung einer Mitteilung gemäß Abs. 1, deren Wirksamkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen in geeigneter Form, insbe­sondere unter Verwendung des Merkblatts gemäß Abs. 7, zu informieren.““

2. Nach Z 3 (§ 55a FPG) werden folgende Z 3a und 3b eingefügt:

„3a. In § 120 Abs. 5 wird in Z 4 das Wort „oder“ und in Z 5 der Punkt jeweils durch ei­nen Strichpunkt ersetzt sowie folgende Z 6 angefügt:

„6. solange die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55a Abs. 1 gehemmt oder die Abschiebung gemäß § 125 Abs. 31 aufgeschoben ist.“

3b. Dem § 125 werden folgende Abs. 31 bis 34 angefügt:

„(31) Die Abschiebung eines im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist bis zu dem nach Abs. 32 maßgeblichen Zeitpunkt aufzuschieben, wenn

1. dieser als Lehrling beschäftigt war, sofern das Lehrverhältnis vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG geendet und bis zu diesem Zeitpunkt ununterbrochen bestanden hat,

2. das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde, deren Gegenstand die gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung umfasste, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 bereits zurück- oder abgewiesen hat,

3. einer gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nach Z 2 erhobenen Revision (Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG) oder Beschwerde (Art. 144 B-VG) die aufschie­bende Wirkung zuerkannt wurde (§ 30 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtshofgeset­zes 1985 – VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, oder § 85 Abs. 2 des Verfassungsgerichtshof­gesetzes 1953 – VfGG, BGBl. Nr. 85/1953) und

4. das Lehrverhältnis mit dem früheren Lehrberechtigten in demselben Lehrberuf wie­deraufgenommen worden ist und der Drittstaatsangehörige oder der Lehrberechtigte dies dem Bundesamt rechtzeitig und wirksam (Abs. 33) mitgeteilt hat. Die Endigung des früheren Lehrverhältnisses gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG steht einer Eintragung des Lehrvertrages gemäß § 20 BAG in diesen Fällen nicht entgegen.

Die Z 1 bis 4 sind auf Drittstaatsangehörige, die straffällig geworden sind (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005), denen keine Frist für die freiwillige Ausreise (§ 55) eingeräumt worden ist oder die im Rahmen des Asylverfahrens über ihre Identität zu täuschen versucht ha­ben, nicht anzuwenden.

(32) Der Aufschub der Abschiebung gemäß Abs. 31 endet

1. mit dem gemäß § 55a Abs. 1 Z 1 oder 2 maßgeblichen Zeitpunkt oder

2. nach Ablauf von vier Jahren, gerechnet ab der Wiederaufnahme des Lehrverhältnis­ses und abzüglich der anzurechnenden Dauer des früheren Lehrverhältnisses,

je nachdem, welcher dieser Zeitpunkte früher eintritt. § 55a Abs. 5 und 6 gilt mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise der Aufschub der Abschiebung gemäß Abs. 31 tritt.

(33) Die Mitteilung gemäß Abs. 31 Z 4 ist rechtzeitig, wenn sie dem Bundesamt spä­testens bis zum Ablauf von drei Wochen ab Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG oder § 85 Abs. 2 VfGG zugeht. Wurde die aufschiebende Wirkung bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 zuerkannt, so ist die Mitteilung rechtzeitig, wenn sie dem Bundesamt bis zum Ablauf von drei Wochen nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 zugeht. § 55a Abs. 4 erster und zweiter Satz ist sinngemäß anzuwenden.

(34) Eine rechtzeitige und wirksame Mitteilung gemäß Abs. 33 hat bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des Abs. 31 neben dem Aufschub der Abschiebung zur Folge, dass die dem Drittstaatsangehörigen für das frühere Lehrverhältnis erteilte Be­schäftigungsbewilligung abweichend von § 7 Abs. 6 Z 1 AuslBG nicht als erloschen gilt.““

3. Z 4 lautet:

„4. Dem § 126 wird folgender Abs. 23 angefügt:

„(23) Die §§ 52 Abs. 8 zweiter Satz, 55a, 120 Abs. 5, 125 Abs. 31 bis 34 und 127 sowie der Eintrag im Inhaltsverzeichnis zu § 55a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und nach Ablauf von vier Jahren nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft. Eine bis dahin gemäß § 55a Abs. 1 eingetretene und nicht gemäß § 55a Abs. 6 erloschene Hemmung des Laufs der Frist für die freiwillige Ausreise dauert über diesen Zeitpunkt hinaus bis zu dem nach § 55a Abs. 1 oder Abs. 6 maßgeblichen Zeitpunkt fort. Ein bis dahin gemäß § 125 Abs. 31 eingetretener und nicht gemäß § 125 Abs. 32 zweiter Satz erloschener Aufschub der Abschiebung dauert über diesen Zeitpunkt hinaus bis zu dem nach § 125 Abs. 32 maßgeblichen Zeitpunkt fort.““

4. Nach Z 4 wird folgende Z 5 angefügt:

„5. In § 127 wird nach der Bezeichnung „Bundesminister für Justiz, “ die Wendung „mit der Vollziehung des § 55a Abs. 8 die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz“ eingefügt.“

Begründung

Zu § 55a

Abs. 1:

In Abänderung zum Initiativantrag 87/A vom 13. November 2019 (XXVII. GP) soll im Schlussteil des Abs. 1 nicht mehr auf den 12. September 2018 als für den Beginn des Lehrverhältnisses maßgeblichen Stichtag abgestellt, sondern nur noch festgelegt wer­den, dass das betreffende Lehrverhältnis vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Bun­desgesetzes begonnen haben muss. Abs. 1 erfasst somit nunmehr auch jene geringe Zahl an Ausnahmefällen, in denen das Lehrverhältnis deshalb nach dem 12. Septem­ber 2018 begonnen wurde, weil die jedenfalls erforderliche Beschäftigungsbewilligung erst nachträglich im Wege einer stattgebenden Beschwerdeentscheidung des Bundes­verwaltungsgerichtes erteilt worden ist. Die Einbeziehung auch dieser Fälle ist aus Gründen der Gleichbehandlung geboten, weil andernfalls danach differenziert würde, wann und in welchem Verfahrensstadium die Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde.

Zweck der vorliegenden Regelung ist es, eine einmalige Lösung für jene knapp 800 Per­sonen umfassende Gruppe von Drittstaatsangehörigen zu schaffen, die sich gegen­wärtig in einem Lehrverhältnis befinden. Es soll daher weiterhin Voraussetzung sein, dass das betreffende Lehrverhältnis bereits vor Inkrafttreten des vorliegenden Bundes­gesetzes begonnen hat. Wie bereits in den Erläuterungen zu Abs. 1 idF des Initiativ­antrags 87/A ausgeführt, soll die vorliegende Regelung einerseits dem wirtschaftlichen Interesse der Lehrberechtigten, die in die Ausbildung der Lehrlinge getätigten Investi­tionen nicht vorzeitig zu verlieren, Rechnung tragen. Andererseits ist festzuhalten, dass ein begonnenes Lehr- oder sonstiges Arbeitsverhältnis nach ständiger Rechtsprechung für sich genommen keinen ausreichenden Grund darstellt, um im Rahmen der Abwä­gung nach § 9 Abs. 2 BFA VG bzw. Art. 8 EMRK die dauerhafte Unzulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung festzustellen und folglich einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 zu erteilen (z.B. VwGH 5.10.2010, 2010/22/0147; 28.2.2019, Ro 2019/01/0003; 25.4.2019, Ra 2019/19/0135; 27.6.2019, Ra 2019/14/0142; 14.8.2019, Ra 2019/18/0216; 5.11.2019, Ro 2019/01/0008). Die vorliegende Regelung soll daher nicht einem schutzwürdigen privaten Interesse des für den Fall der rechtskräftigen Erlassung einer Rückkehrentscheidung ausreisepflichtigen Fremden an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet Rechnung tragen, sondern dem im öffentlichen Interesse des inländischen Arbeitsmarktes liegen­den Bedürfnis bestimmter Lehrberechtigter, begonnene Lehrverhältnisse möglichst bis zum Ablauf der ursprünglich vereinbarten Vertragsdauer und damit in Übereinstim­mung mit ihren ursprünglichen Kalkulationen durchführen zu können (zur Nichtberück­sichtigung derartiger öffentlicher Interessen des inländischen Arbeitsmarktes bei der Abwägung nach Art. 8 EMRK vgl. z.B. VwGH 23.3.2010, 2008/18/0305; 29.6.2010, 2010/18/0242; 25.11.2010, 2007/18/0736; 28.2.2019, Ro 2019/01/0003). Vor diesem Hintergrund ist die Zielgruppe der für eine Fristenhemmung nach § 55a in Betracht kommenden Personen so abzugrenzen, dass die Regelung nur jenen Lehrberechtigten zugutekommt, die durch eine Abschiebung des Lehrlings nicht nur unmittelbar oder zu­mindest zeitnah, sondern auch in spürbarem Ausmaß in ihrer Betriebsführung betroffen sind. Dies trifft typischerweise nur auf Fälle zu, in denen das Lehrverhältnis bereits ei­nen gewissen Zeitraum gedauert hat, also über ein bloßes Anfangsstadium hinausge­langt ist, und dementsprechend Investitionen in die Ausbildung des Lehrlings bereits in nennenswertem Umfang getätigt worden sind. Daher ist es sachlich gerechtfertigt, nur jene Fälle zu erfassen, in denen das Lehrverhältnis bereits vor Inkrafttreten des vorlie­genden Bundesgesetzes begonnen hat.

Abs. 2 bis 5:

Die Abs. 2 bis 5 entsprechen der Fassung des Initiativantrags 87/A vom 13. November 2019 (XXVII. GP). Auf die diesbezüglichen Erläuterungen wird verwiesen. Hinsichtlich der Anforderungen an eine nach Abs. 2 maßgebliche (versuchte) Täuschung über die Identität sind die Judikatur und die Auslegung zu § 18 Abs. 1 Z 3 BFA VG maßgeblich. Hinsichtlich des zweiten Satzes des Abs. 3 ist ergänzend zum Initiativantrag 87/A Fol­gendes festzuhalten: Nach dem Wortlaut der Bestimmung kommt es auf den Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes an. Dieser Zeitpunkt entspricht regelmäßig dem Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung (VwGH 15.3.2017, Ra 2017/04/0024), mit dem wiederum deren Rechtskraft eintritt (siehe dazu die Erläuterungen zu § 125 Abs. 31 Z 2). Für die Rechtzeitigkeit der Mitteilung über den Bestand des Lehrverhältnisses kommt es somit darauf an, dass diese dem Bundesamt zugeht, bevor die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gegenüber dem Drittstaatsangehörigen in Rechtskraft erwachsen ist.

Abs. 6:

Die neu eingefügte Z 3 des Abs. 6 sieht vor, dass die Hemmung des Fristenlaufs für die freiwillige Ausreise gemäß Abs. 1 auch dann erlischt, wenn die für das Lehrverhält­nis erteilte Beschäftigungsbewilligung erlischt oder widerrufen wird oder die Entschei­dung, mit der sie erteilt wurde, im Rechtsweg nachträglich behoben wird. Die Gründe, aus denen eine Beschäftigungsbewilligung erlöschen bzw. widerrufen werden kann, er­geben sich aus den §§ 7 Abs. 6 und 9 AuslBG. Aufgrund des Erlöschens oder des Wi­derrufs der Beschäftigungsbewilligung darf der Drittstaatsangehörige nicht mehr zu­lässigerweise als Lehrling beschäftigt werden (§ 3 Abs. 1 AuslBG), weshalb es sachlich gerechtfertigt ist, in diesen Fällen auch die Hemmung der Frist für die freiwillige Ausrei­se erlöschen zu lassen. Bei der nachträglichen Aufhebung der die Beschäftigungsbe­willigung erteilenden Entscheidung geht es um Fälle, in denen das Bundesverwal­tungsgericht in Stattgabe einer Beschwerde des Lehrberechtigten die Beschäftigungs­bewilligung erteilt hat und diese Entscheidung auf Grund einer erfolgreichen Amtsrevi­sion aufgehoben wird.

Nach Abs. 4 letzter Satz, auf dessen Erläuterung verwiesen wird, gilt das Lehrverhält­nis im Übrigen nicht als gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG beendet, wenn gegen den Dritt­staatsangehörigen in Verbindung mit der Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wird, nachdem durch Erstat­tung einer Mitteilung gemäß Abs. 1 eine Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise eingetreten ist. Da das Lehrverhältnis in diesem Fall aufrecht bleibt, kommt es auch nicht zum Erlöschen der Beschäftigungsbewilligung (§ 7 Abs. 6 Z 1 AuslBG). Es stellt daher keinen nach Z 3 maßgeblichen Erlöschensgrund dar, wenn der Antrag auf inter­nationalen Schutz nach Eintritt einer Fristenhemmung (Abs. 1) rechtskräftig abgewie­sen wird. Um die Rechtsfolge gemäß Z 3 auszulösen, muss das Erlöschen der Be­schäftigungsbewilligung vielmehr auf anderen Gründen, etwa auf der vorzeitigen oder außerordentlichen Auflösung des Lehrverhältnisses durch den Lehrling oder den Lehr­berechtigten und dem dadurch bedingten Ende der Beschäftigung als Lehrling, beru­hen (§ 7 Abs. 6 Z 1 AuslBG).

Abs. 7:

Um die nach Abs. 1 eingeräumte Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise durch Erstattung einer rechtzeitigen und wirksamen Mitteilung (Abs. 3 und 4) auslösen zu können, sind dem in einem Lehrverhältnis befindlichen Asylwerber diese Möglichkeit, die diesbezüglichen Wirksamkeitsvoraussetzungen und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zur Kenntnis zu bringen. Zu diesem Zweck erstellt das Bundesamt bis zum Inkrafttreten der vorliegenden Bestimmungen ein Merkblatt, das der Information von Asylwerbern im Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsge­richt dienen soll. Eine Information durch nachweisliche Aushändigung des Merkblatts soll zweckmäßigerweise nur erfolgen, wenn sich aus dem Sachverhalt Anhaltspunkte für eine Beschäftigung als Lehrling (aus der Aktenlage oder über Vorbringen des Be­troffenen) ergeben. Als Nachweis der Aushändigung des Merkblattes wird insbeson­dere ein entsprechender Vermerk in der Niederschrift (§ 14 AVG), ein Aktenvermerk oder eine vom Asylwerber unterzeichnete Übernahmebestätigung in Betracht kommen.

Abs. 8:

Da eine Fristenhemmung nach § 55a Abs. 1 auch auf Grund einer – rechtzeitigen und wirksamen – Mitteilung über ein bestehendes Lehrverhältnis eines Asylwerbers durch dessen Lehrberechtigten ausgelöst werden kann, ist es sachgerecht, auch diesen über die Möglichkeit der Erstattung einer solchen Mitteilung gemäß Abs. 1, deren Wirksam­keitsvoraussetzungen sowie deren Rechtsfolgen zu informieren. Eine solche Informa­tion hat in geeigneter Weise durch das Arbeitsmarktservice als jene Stelle zu erfolgen, die über die erforderlichen Daten jener Lehrberechtigten verfügt, denen die für die An­stellung von Asylwerbern erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen erteilt wurden. Die Information der betroffenen Lehrberechtigten hat umgehend nach Inkrafttreten die­ses Bundesgesetzes zu erfolgen und kann hierzu insbesondere das vom Bundesamt erstellte Merkblatt gemäß Abs. 7 herangezogen werden. Um eine solche umgehende Information zu ermöglichen, wird das Merkblatt gemäß Abs. 7 bereits bis zum Inkraft­treten dieses Bundesgesetzes zu erstellen und dem Arbeitsmarktservice zur Verfügung zu stellen sein.

Zu § 120 Abs. 5

Durch die neue Z 6 in § 120 Abs. 5 wird klargestellt, dass Fremde, deren Asylverfahren bereits rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde, die jedoch aufgrund einer rechtzei­tig und wirksam erstatteten Mitteilung (§ 55a Abs. 1 iVm Abs. 3 und 4 bzw. § 125 Abs. 31 iVm Abs. 33) eine Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55a Abs. 1 oder einen Aufschub der Abschiebung gemäß § 125 Abs. 31 erwirkt haben, bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Lehrverhältnisses keine Verwaltungsübertretung gemäß § 120 Abs. 1a, 1b und 1c Z 2 wegen unrechtmäßigen Aufenthalts begehen. Dies ist für die Fälle des an den Lauf der Frist für die freiwillige Ausreise anknüpfenden § 55a sachlich gerechtfertigt, weil bereits nach geltender Rechtslage keine solche Verwaltungsübertretung vorliegt, wenn eine Ausreisefrist gewährt wird (§ 120 Abs. 5 Z 5), und für die Fälle des § 125 Abs. 31 bis 34, weil auch Fremde, die über eine mit dem Aufschub der Abschiebung vergleichbare Duldung (§ 46a) verfügen, von der An­wendbarkeit der vorgenannten Strafbestimmungen ausgenommen sind (§ 120 Abs. 5 Z 2).

Zu § 125 Abs. 31 bis 34

Abs. 31:

Der vorgeschlagene Abs. 31 soll eine Wiederaufnahme des Lehrverhältnisses für jene Drittstaatsangehörigen und ehemaligen Lehrlinge ermöglichen, deren Asylverfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorliegenden Bundesgesetzes bereits rechtskräf­tig abgeschlossen ist und die gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerich­tes Revision an den Verwaltungsgerichtshof (Art. 133 Abs. 1 Z 1 B VG) oder Be­schwerde an den Verfassungsgerichtshof (Art. 144 B VG) erhoben haben, sofern we­nigstens einem dieser Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden ist. Zu diesem Zweck wird für diese Personengruppe, die aus Sachlichkeitserwägungen jener des § 55a nachgebildet ist, unter den in den Z 1 bis 4 näher bezeichneten und kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen ein Aufschub der Abschiebung bis zum Zeitpunkt der Endigung, der vorzeitigen oder der außerordentlichen Auflösung des wie­deraufgenommenen Lehrverhältnisses vorgesehen. Zum Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes als dem für die Abgrenzung zu § 55a maßgeblichen Stichtag und zur sachlichen Rechtfertigung dieses Stichtags wird auf die Erläuterung zu § 55a Abs. 1 verwiesen.

Gemäß Z 1 muss der betreffende Drittstaatsangehörige in der Vergangenheit als Lehr­ling beschäftigt gewesen sein, wobei das Lehrverhältnis vor Inkrafttreten des vorlie­genden Bundesgesetzes gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG geendet und bis zu diesem Zeit­punkt ununterbrochen bestanden haben muss. Zum Erfordernis des ununterbrochenen Fortbestands des Lehrverhältnisses wird auf die Erläuterungen zu § 55a Abs. 1 im Initiativantrag 87/A vom 13. November 2019 (XXVII. GP) verwiesen. Auch wenn das Lehrverhältnis vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes begonnen und bis zum Endigungszeitpunkt ununterbrochen bestanden hat, kann der Drittstaatsange­hörige einen Aufschub der Abschiebung nur bewirken, wenn es vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG, also infolge der rechtskräftig negativen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz, geendet hat. Hat es aus ei­nem anderen Grund geendet, etwa wegen rechtskräftiger Verweigerung oder Lö­schung der Eintragung des Lehrvertrags gemäß § 14 Abs. 2 lit. c BAG, so sind die Z 1 bis 4 von vornherein nicht anwendbar. Die Einschränkung auf den Endigungsgrund des § 14 Abs. 2 lit. f BAG stellt ferner sicher, dass die Z 1 bis 4 nur auf ehemalige Asylwer­ber anwendbar sind.

Z 2 setzt voraus, dass das Bundesverwaltungsgericht die vom Drittstaatsangehörigen gegen die Asylentscheidung und die damit verbundene Rückkehrentscheidung erhobe­ne Beschwerde bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits zurück- oder abgewiesen haben muss, dass also eine rechtskräftige – in der Termino­logie des Art. 2 lit. e der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aber­kennung des internationalen Schutzes („Verfahrens RL“): eine „bestandskräftige“ – Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. OGH 24.11.2015, 1 Ob 127/15f, sowie VwGH 26.11.2015, Ro 2015/07/0018; 24.5.2016, Ra 2016/03/0050; 22.3.2019, Ra 2017/04/0111) tritt die Rechtskraft einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung mit deren Erlassung ein, und zwar unabhängig davon, ob Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben wird. Diese Voraussetzung grenzt die in Be­tracht kommende Zielgruppe zugleich von jener des vorgeschlagenen § 55a ab, des­sen Abs. 1 voraussetzt, dass sich der Drittstaatsangehörige in einem offenen, also noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren befindet. Indem Z 2 demge­genüber voraussetzt, dass die Rechtskraft der Asylentscheidung bereits eingetreten ist, tritt der Abschiebungsaufschub nach den vorgeschlagenen Abs. 31 bis 34 ergänzend zur Fristenhemmung nach § 55a hinzu.

Z 3 sieht als Voraussetzung vor, dass der Drittstaatsangehörige gegen die Entschei­dung des Bundesverwaltungsgerichtes Revision an den Verwaltungsgerichtshof ge­mäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B VG und/oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 B VG erhebt oder bereits erhoben hat und zumindest einem dieser Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung (§ 30 Abs. 2 VwGG oder § 85 Abs. 2 VfGG) zuerkannt worden ist. Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in einem dieser Verfahren befindet sich der betreffende Drittstaatsangehörige (wieder) in einer vergleichbaren Situation wie der von dem vorgeschlagenen § 55a erfasste Drittstaats­angehörige, der sich in einem offenen Asylverfahren befindet und für dessen Dauer ge­gen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung geschützt ist (§ 13 AsylG 2005). Das Kri­terium der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 30 Abs. 2 VwGG oder § 85 Abs. 2 VfGG rechtfertigt es daher, dem betreffenden Drittstaatsangehörigen einen – in seinen Auswirkungen mit der Hemmung des Laufs der Frist für die freiwillige Ausrei­se nach § 55a vergleichbaren – Aufschub der Abschiebung bis zum Abschluss des (wiederaufgenommenen) Lehrverhältnisses zu ermöglichen, obwohl über seinen An­trag auf internationalen Schutz bereits eine rechtskräftige Entscheidung des Bundes­verwaltungsgerichtes vorliegt. Dabei kommt es nicht darauf an, wann – vor oder nach Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes – die Revision oder Beschwerde erho­ben bzw. die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. Die Einschränkung ist erforder­lich, um der gesetzgeberischen Grundentscheidung Rechnung zu tragen, dass Rechts­mitteln an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts die aufschiebende Wirkung nicht bzw. nur dann zukommt, wenn der Verfassungsgerichtshof bzw. das Bundesverwal­tungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof sie im Einzelfall zuerkennt (§ 85 Abs. 1 und 2 VfGG, § 30 Abs. 1 und 2 VwGG). Mit dieser – ein Wesensmerkmal des Verfah­rens vor den Höchstgerichten des öffentlichen Rechts darstellenden – Grundentschei­dung nicht vereinbar und daher unter dem Aspekt der Gleichbehandlung bedenklich wäre eine Regelung, die durch Erstattung einer entsprechenden Mitteilung – siehe da­zu sogleich die Erläuterungen zu Z 4 – einen Aufschub der Abschiebung ohne Rück­sicht auf eine Zuerkennungsentscheidung nach § 85 Abs. 2 VfGG oder § 30 Abs. 2 VwGG ermöglicht, hätte sie doch für die Dauer des Revisions- oder Beschwerde­verfahrens (und darüber hinaus) einen mit der aufschiebenden Wirkung vergleichbaren Aufschub der Abschiebung bewirkt, obwohl die nach § 85 Abs. 2 VfGG bzw. § 30 Abs. 2 VwGG maßgeblichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Die dem vorgeschlagenen § 55a Abs. 1 und 3 nachgebildete Z 4 sieht vor, dass der Aufschub der Abschiebung voraussetzt, dass der Drittstaatsangehörige oder der ehe­malige Lehrberechtigte dem Bundesamt rechtzeitig die Wiederaufnahme des Lehrver­hältnisses mitgeteilt hat. Dies soll allerdings nur insoweit gelten, als das Lehrverhältnis mit demselben Lehrberechtigten und in demselben Lehrberuf wiederaufgenommen wurde. Die Endigung des früheren Lehrverhältnisses gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG soll in diesen Fällen einer Eintragung des (neuerlich mit dem früheren Lehrberechtigten in demselben Lehrberuf abgeschlossenen) Lehrvertrages gemäß § 20 BAG nicht entge­genstehen und demnach nicht zu einer Verweigerung der Eintragung gemäß § 20 Abs. 3 BAG führen, sofern alle übrigen Voraussetzungen zur Eintragung vorliegen. Zu den Voraussetzungen der Rechtzeitigkeit und der Wirksamkeit der Mitteilung nach Z 4 wird auf die Erläuterungen zu Abs. 33 verwiesen.

Der Schlussteil sieht vor, dass ein Aufschub der Abschiebung gemäß Z 1 bis 4 für Dritt­staatsangehörige, die straffällig geworden sind (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005), denen keine Frist für die freiwillige Ausreise (§ 55) gewährt wurde oder die im Rahmen des Asyl­verfahrens über ihre Identität zu täuschen versucht haben, nicht in Betracht kommt. Dies entspricht der Regelung des § 55a Abs. 2, der Asylwerber, auf die eines dieser Kriterien zutrifft, von der Möglichkeit, eine Hemmung des Laufs der Frist für die frei­willige Ausreise zu bewirken, ausnimmt. Zu den Voraussetzungen und den Anforderun­gen einer versuchten Täuschung über die Identität wird auf die Erläuterungen zu § 55a Abs. 2 verwiesen.

Es wird zweckmäßig sein, in Betracht kommende Lehrberechtigte in geeigneter Form, etwa durch Veröffentlichung auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, So­ziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, des Arbeitsmarktservice oder der gemäß § 19 Abs. 1 BAG als Lehrlingsstellen tätigen Landeskammern der gewerblichen Wirt­schaft, über die Möglichkeit der Abgabe der Erklärung und der Bewirkung eines Ab­schiebungsaufschubs zu informieren. Abs. 31 steht solchen allgemein gehaltenen In­formationen nicht entgegen.

Abs. 32:

Abs. 32 regelt den Zeitpunkt, bis zu dem unter den Voraussetzungen des Abs. 31 die Abschiebung des betreffenden Drittstaatsangehörigen längstens aufgeschoben ist. Dieser Zeitpunkt entspricht – bezogen auf das wiederaufgenommene Lehrverhältnis – grundsätzlich dem Zeitpunkt, zu dem auch eine Hemmung des Laufs der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55a endet.

Z 1 sieht daher vor, dass der Aufschub der Abschiebung grundsätzlich zu dem nach § 55a Abs. 1 Z 1 oder 2 maßgeblichen Zeitpunkt – also mit der Endigung, der vorzeiti­gen oder außerordentlichen Auflösung des Lehrverhältnisses oder mit einem später angesetzten Termin für die Lehrabschlussprüfung – endet. Z 2 sieht vor, dass der Auf­schub der Abschiebung bereits mit dem Ablauf der darin genannten Höchstdauer vor dem nach Z 1 maßgeblichen Zeitpunkt endet. Z 2 bildet somit die im Schlussteil des § 55a Abs. 1 normierte vierjährige Höchstdauer für die Hemmung der Frist für die frei­willige Ausreise für den Aufschub der Abschiebung nach. Um der besonderen Situation der Zielgruppe des Abs. 31 zu entsprechen, wird dabei vorgesehen, dass der entspre­chende Zeitraum zwar erst ab dem Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Lehrverhältnis­ses zu laufen beginnt, von diesem jedoch die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesge­setzes im alten Lehrverhältnis verbrachten und auf die Dauer des wiederaufgenomme­nen Lehrverhältnisses anzurechnenden Zeiten abzuziehen sind.

Der letzte Satz des Schlussteils erklärt § 55a Abs. 5 und 6 auf den Aufschub der Ab­schiebung sinngemäß für anwendbar. Dieser erlischt daher vor dem nach Z 1 oder 2 maßgeblichen Zeitpunkt, wenn nachträglich ein Sachverhalt nach § 55a Abs. 6 eintritt. Ebenso trifft den Lehrberechtigten die in § 55a Abs. 5 normierte Informationspflicht. Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen zu § 55a Abs. 5 und 6 im Initiativantrag 87/A vom 13. November 2019 (XXVII. GP) und im vorliegenden Abänderungsantrag verwie­sen.

Informationen über den Abschiebungsaufschub und dessen Dauer betreffen die Ver­fahrensführung des Bundesamtes und können daher als Verfahrensdaten in der Zen­tralen Verfahrensdatei (§ 28 Abs. 1 BFA VG) verarbeitet werden. Darüber hinaus han­delt es sich dabei um Daten, die für die Einreise- und Aufenthaltsberechtigung maß­geblich sind, weshalb auch eine Verarbeitung im Rahmen des Zentralen Fremdenre­gisters zulässig ist (§ 27 Abs. 1 Z 11 BFA VG), welche eine rasche Verifizierung des Aufenthaltsstatus der betreffenden Fremden ermöglicht. Gesonderte datenschutzrecht­liche Bestimmungen sind daher nicht erforderlich.

Abs. 33:

Abs. 33 legt fest, bis zu welchem Zeitpunkt die Mitteilung nach Abs. 31 Z 4 an das Bun­desamt zu erfolgen hat, um als rechtzeitig zu gelten und die damit verbundenen Rechtsfolgen auszulösen. In diesem Zusammenhang soll an zwei Zeitpunkte ange­knüpft werden. Erhebt der Drittstaatsangehörige gegen die Entscheidung des Bundes­verwaltungsgerichtes nach Abs. 31 Z 2 Revision (Art. 133 Abs. 1 Z 1 B VG) oder Beschwerde (Art. 144 B VG) und wird einer solchen die aufschiebende Wirkung zuer­kannt (§ 30 VwGG oder § 85 VfGG), so beginnt die Frist für die Erstattung der Mittei­lung nach Abs. 31 Z 4 mit dem Zeitpunkt der Zuerkennung der aufschiebenden Wir­kung zu laufen. In Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung bereits vor Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes zuerkannt wurde, kann naturgemäß nicht auf den Zeitpunkt von deren Zuerkennung abgestellt werden; diesfalls soll die Frist zur Er­stattung der Mitteilung ab dem Inkrafttretensdatum dieses Bundesgesetzes zu laufen beginnen.

Bei der Festsetzung der Dauer der Frist wird darauf Bedacht genommen, dass einer­seits dem Drittstaatsangehörigen und Lehrberechtigten eine ausreichende Möglichkeit für die Erstattung der Mitteilung nach Abs. 31 Z 4 eingeräumt wird. Andererseits ist das Bundesamt zügig vom Abschiebeaufschub in Kenntnis zu setzen, da es sich um die die Abschiebung anordnende Behörde handelt und die Abschiebung teils erhebliche Vor­laufzeit in Anspruch nehmende Vorbereitungen verlangt. Eine Frist von drei Wochen scheint in dieser Hinsicht als angemessen. Die Wirksamkeitsvoraussetzungen des § 55a Abs. 4 erster und zweiter Satz (Schriftform, Beilage einer Abschrift des Lehrver­trags oder der Entscheidung der Lehrlingsstelle über die Festsetzung eines Prüfungs­termins zur Abnahme der Lehrabschlussprüfung) gelten auch für die Mitteilung nach Abs. 31 Z 4.

Auf begründeten Antrag hat der Drittstaatsangehörige die Möglichkeit, einen Feststel­lungsbescheid über den auf Grund seiner Mitteilung eingetretenen Abschiebungsauf­schub zu erlangen.

Abs. 34:

Da in den Fällen des Abs. 31 das frühere Lehrverhältnis vor Inkrafttreten des vorliegen­den Bundesgesetzes gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG geendet hat, ist zum Endigungs­zeitpunkt auch die dem Drittstaatsangehörigen erteilte Beschäftigungsbewilligung ge­mäß § 7 Abs. 6 Z 1 AuslBG erloschen. Abs. 34 sieht daher vor, dass, sobald durch Er­füllung sämtlicher in Abs. 31 genannter Voraussetzungen ein Aufschub der Abschie­bung bewirkt wird, die dem Drittstaatsangehörigen erteilte Beschäftigungsbewilligung nicht (mehr) als erloschen gilt bzw. wiederauflebt. Darüber hinaus stellt Abs. 34 durch die Wendung „neben dem Aufschub der Abschiebung“ klar, dass dieser bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen gemäß Abs. 31 ex lege eintritt.

Zu § 126 Abs. 23

§ 126 Abs. 23 erster Satz regelt das Inkrafttreten und das Außerkrafttreten der vorlie­genden Bestimmungen. Das Außerkrafttreten nach Ablauf eines Zeitraums von vier Jahren wurde gewählt, um auch jene Fälle zu erfassen, in denen gleichzeitig eine Aus­bildung in zwei Lehrberufen absolviert wird (§ 6 Abs. 2 BAG).

Der zweite und dritte Satz des Abs. 23 soll für jene Fälle, in denen zur Zeit des Au­ßerkrafttretens die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55a Abs. 1 weiterhin ge­hemmt oder die Abschiebung gemäß § 125 Abs. 31 weiterhin aufgeschoben ist, vor­sehen, dass die Hemmung des Laufs der Frist für die freiwillige Ausreise oder der Auf­schub der Abschiebung über den Zeitpunkt des Außerkrafttretens hinaus bis zu dem nach § 55a oder § 125 Abs. 32 jeweils maßgeblichen Zeitpunkt fortdauert.

Zu § 127

Es handelt sich um eine Erweiterung der Vollzugsklausel, die wegen des vorgeschla­genen § 55a Abs. 8 erforderlich ist.

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Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert und wird beziehungsweise ist zur Verteilung gebracht worden.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.