18.26

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ge­schätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuschauer! Ich habe mich zum hier vorliegen­den Dreiparteienantrag zu Wort gemeldet. Erlauben Sie mir aber bitte ein Wort zu Herrn Kollegen Leichtfried, bevor ich auf den Antrag zu sprechen komme.

Herr Kollege Leichtfried, Sie haben heute am Vormittag kritisiert, dass Gesetze über Nacht entstehen, die erst ein Jahr später in Kraft treten. – Ich darf Sie daran erinnern, Herr Kollege, dass es Ihre Partei war, die 2017 den Antrag betreffend Anpassung der Kündigungsfristen der Arbeiter an jene der Angestellten über Nacht gemeinsam mit der FPÖ beschlossen hat. Und dieser Teil des Gesetzes soll mit 1.1.2021 in Kraft treten! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das waren jetzt drei Jahre, drei Jahre – ohne Begutachtung und ohne dass wir irgendein Wort im Ausschuss für Arbeit und Soziales darüber gespro­chen haben. Ihre Argumentation vom heutigen Vormittag ist völlig unglaubwürdig, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf eines erwähnen: Zum Glück finden sich aufseiten der Sozialpartner immer wie­der vernünftige Verhandler, die dann bereit sind, über Lösungen zu sprechen. Und ja, Kollege Leichtfried, gerade Herr Kollege Koza gehört zu denen dazu, die zu Lösungen beitragen (Zwischenruf des Abg. Leichtfried) und auch für die Gewerkschaft tätig sind. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schallmeiner.)

Nun zum Antrag: Es freut mich, dass wir heute trotzdem einen gemeinsamen Antrag der ÖVP, der SPÖ und der Grünen einbringen können, der vorher von den Sozialpartnern intensiv verhandelt wurde. Wir beschließen heute, dass wir uns Zeit nehmen und die Angleichung der rechtlichen Voraussetzungen zwischen Arbeitern und Angestellten zu­nächst um ein halbes Jahr verschieben. Grund dafür sind einerseits die Belastungen der Unternehmer durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronaepidemie, und ande­rerseits wollen wir den Sozialpartnern die Zeit geben, die Kollektivverträge in diesem Punkt anzupassen, denn eines ist mit Sicherheit mit dem damaligen Beschluss passiert: Die Kompetenz der Sozialpartner zum Abschluss der Kollektivverträge wurde beschnit­ten. Wir in Österreich sind immer gut gefahren, wenn vernünftige Sozialpartner einander gegenübersitzen und verhandeln. Dafür auch mein Dank an die Sozialpartner. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was herauskommt, wenn Sozialpartner gemeinsam verhandeln, sieht man auch bei der Sonderbetreuungszeit. Diese war anfangs auf beiden Seiten ebenfalls ein sehr emotio­nales Thema, aber durch sachliche Gespräche wurde auch da eine vernünftige Lösung gefunden. Ich darf sie kurz zitieren: Die Sonderbetreuungszeit wird von drei Wochen auf vier Wochen erhöht, erstmals gibt es darauf einen Rechtsanspruch bei Schließung oder Teilschließung von Schulen oder Kindergärten. Es ist aber auch wichtig, dass die Be­treuung in den Schulen und in den Kindergärten für Kinder von Personen, die arbeiten gehen, aufrecht bleibt. Die Arbeitnehmer erhalten selbstverständlich ihr Entgelt fortge­zahlt. Parallel dazu haben wir den Arbeitgebern den Anspruch gewährt, dass sie über den Krisenbewältigungsfonds eine Refundierung bekommen. Die Sonderbetreuung wird eben bis Ende des Schuljahres, 9. Juli 2021, befristet. Wie schon erwähnt, ist es wichtig, gemeinsame Lösungen zu finden und ein Miteinander zwischen Arbeitgeber und Arbeit­nehmer zu pflegen.

Daher bringe ich einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Tanja Graf, Bar­bara Neßler, Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Aus­schusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 986/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Arbeitsvertragsrechts-Anpas­sungsgesetz geändert werden, ein.

Worum geht es? – Mit dem Abänderungsantrag wollen wir sicherstellen, dass es zu­sätzlich zu der Regelung für den Anspruch auf eine Sonderbetreuungszeit auch weiterhin möglich sein soll, dass Unternehmen, die auf freiwilliger Basis ihren Mitarbeitern Sonder­betreuungszeit gewähren, ebenfalls eine Refundierung des Entgelts über den Fonds be­kommen. Ich ersuche um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

18.31

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Tanja Graf, Barbara Neßler, Gabriele Heinisch-Hosek

und Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (460 d.B. XXVII. GP) über den Antrag 986/A der Abgeordneten Tanja Graf, Mag. Markus Koza, Petra Wimmer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 2 (Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes) wird wie folgt geän­dert:

a)         Die bisherigen Z 2 und 3 erhalten die Zifferbezeichnungen „3.“und „4.“; folgende Z 2 wird vorangestellt:

„2. In § 18b werden nach Abs. 1a folgender Abs. 1b und 1c eingefügt:

„(1b) Werden Einrichtungen auf Grund behördlicher Maßnahmen teilweise oder voll­ständig geschlossen und hat ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsleistung nicht für die Auf­rechterhaltung des Betriebes erforderlich ist, weder einen Anspruch auf Dienstfreistel­lung zur Betreuung seines Kindes noch auf Sonderbetreuungszeit nach Abs. 1, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Sonderbetreuungszeit im Ausmaß von bis zu vier Wochen, ab dem Zeitpunkt der behördlichen Schließung von Lehranstalten und Kinder­betreuungseinrichtungen, für die Betreuung von Kindern bis zum vollendeten 14. Le­bensjahr, für die eine Betreuungspflicht besteht, gewähren. Dasselbe gilt für die in Abs 1 Z 1 bis Z 4 genannten Personengruppen. Arbeitgeber haben Anspruch auf Vergütung des in der Sonderbetreuungszeit an die Arbeitnehmer gezahlten Entgelts durch den Bund aus Mitteln des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds. Der Anspruch auf Vergütung ist mit der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem Allgemeinen Sozialversiche­rungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, gedeckelt und binnen sechs Wochen ab dem Ende der Sonderbetreuungszeit bei der Buchhaltungsagentur geltend zu machen. Die Buch­haltungsagentur entscheidet über die Zuerkennung der Vergütung mittels Mitteilung. Der Arbeitgeber hat das Recht, binnen vier Wochen nach Zustellung dieser Mitteilung da­rüber einen Bescheid zu verlangen, wenn dem Antrag auf Vergütung nicht vollinhaltlich stattgegeben wird. Für eine nach dieser Bestimmung vereinbarte Sonderbetreuungszeit und Sonderbetreuungszeit nach Abs. 1 gilt insgesamt ein Höchstausmaß von vier Wo­chen im Zeitraum zwischen 1. November 2020 und 9. Juli 2021. Die Regelung gilt auch für Arbeitnehmer, die den Landarbeitsordnungen der Bundesländer und in Vorarlberg dem Land- und Forstarbeitsgesetz sowie dem Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsge­setz BGBl. Nr. 280/1980 unterliegen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Ge­setzes in Kraft sind.

(1c) Eine zu Unrecht bezogene Vergütung ist zurückzuzahlen.““

b) Z 4 lautet:

„4. Dem § 19 Abs. 1 wird folgende Z 48 angefügt:

„48.      § 18b Abs. 1, Abs. 1b und Abs. 1c in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2020 tritt mit 1. November 2020 in Kraft und gilt bis 9. Juli 2021, hinsichtlich des Vergütungsanspruchs des Arbeitgebers und dessen Abwicklung bis 31. Dezember 2022. Dem Arbeitnehmer ab 1. November 2020 bereits ge­währte Sonderbetreuungszeit ist auf einen geltend gemachten Anspruch auf Son­derbetreuungszeit oder eine vereinbarte Sonderbetreuungszeit nach diesem Bundesgesetz anzurechnen; für die Vergütung dieser Zeiten gilt § 18b Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2020.““

Begründung

Mit dem vorliegenden Abänderungsantrag soll sichergestellt werden, dass zusätzlich zur Regelung für den Anspruch auf eine Sonderbetreuungszeit es auch weiterhin möglich ist, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Sonderbetreuungszeit vereinbaren können, für die der Arbeitgeber auch Anspruch auf eine Vergütung des gesamten während der Sonderbetreuungszeit fortgezahlten Entgelts hat. Das gilt insbesondere auch für die Zeit eines Lockdowns, in der für Eltern eine alternative Kinderbetreuung in den Schulen und Kindergärten angeboten wird.

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde an alle Abgeordneten verteilt, auch in seinen Grundzügen erläutert und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte.