Ein Brief aus Damaskus
"Lieber Kamerad Reinhardt!" – mit diesen Worten beginnt jener Brief vom 22. Mai 1949, der Philippe Sands zur Arbeit an seinem kürzlich im Parlament vorgestellten Buch veranlassen sollte. "Reinhardt" war SS-Gruppenführer Otto Wächter, in dessen Nachlass (digitalisiert und zugänglich über das US Holocaust Memorial Museum) Philippe Sands für seinen vorherigen Best-Seller "Die Rattenlinie" recherchierte. Der Absender des Briefes: niemand Geringerer als Walther Rauff, SS-Standartenführer und maßgeblich beteiligt an der Entwicklung mobiler "Vergasungswägen", in denen Zehntausende Jüdinnen und Juden von den Nationalsozialisten ermordet wurden, und mittlerweile auf der Flucht. Dass dieser letztendlich in Chile landen und dort – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – unbehelligt im Regime des zwischen 1973 und 1990 autoritär herrschenden Augusto Pinochet tätig war, davon handelt Philippe Sands Werk "Die Verschwundenen von Londres 38. Über Pinochet in England und einen Nazi in Patagonien". Präsentiert wurde das Buch am 9. Mai im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Literatur am Ring" der Parlamentsbibliothek. Die Veranstaltung kann in der Mediathek des Parlaments jederzeit nachgesehen werden.