Die vom Bundesminister für Finanzen vorgelegte Langfristige Budgetprognose 2019 basiert auf einer vom WIFO im Auftrag des BMF erstellten Studie. Im Fokus der Langfristigen Budgetprognose stehen die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die öffentlichen Haushalte in Österreich.
Die Bevölkerungsstruktur in Österreich wird sich in den nächsten Jahrzehnten stark verändern. Während die Zahl der Personen ab 65 Jahren von 1,71 Mio. im Jahr 2020 auf 2,74 Mio. im Jahr 2060 deutlich ansteigt (+60 %), nimmt die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter (15‑64 Jahre) im selben Zeitraum von 5,92 Mio. auf 5,63 Mio. Personen ab. Dies ist vor allem auf eine weiterhin steigende Lebenserwartung bei gleichzeitig niedrigen Geburtenraten zurückzuführen, zudem werden die geburtenstarken Jahrgänge der 50er und 60er Jahre in den nächsten Jahren in Pension gehen. Etwas abgeschwächt wird die aus dieser Entwicklung resultierende Alterung der Gesellschaft durch die erwarteten positiven Migrationssalden. Die Auswirkung dieser demografischen Entwicklung auf die öffentlichen Finanzen wird durch den erwarteten Anstieg der Anzahl an Erwerbspersonen etwas abgeschwächt. Dieser resultiert aus der erwarteten weiter steigenden Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Personen sowie aus dem positiven Wanderungssaldo.
Neben der zukünftigen demografischen Entwicklung ist auch die angenommene Wirtschaftsentwicklung ein zentraler Baustein der Langfristigen Budgetprognose. Hierfür wird eine Produktionsfunktion mit Arbeit, Kapital und technologischen Fortschritt als Produktionsfaktoren fortgeschrieben. Für die Periode 2020 bis 2060 wird das durchschnittliche reale Wirtschaftswachstum mit 1,2 % angenommen, die Inflationsrate liegt im gesamten Prognosezeitraum bei 2 % und die Arbeitslosenquote geht mittelfristig leicht auf 7,2 % zurück. Bei der Zinsentwicklung wird eine Normalisierung der Geldpolitik und somit ein steigendes Zinsniveau angenommen.
Die gesamtstaatlichen Ausgaben steigen, ausgehend von 48,3 % des BIP im Jahr 2020, bis zum Ende der Prognoseperiode 2060 auf 52,1 % des BIP an. Der Anstieg ist ausschließlich auf die demografieabhängigen Ausgaben zurückzuführen, die im Aggregat von 30,3 % auf 34,9 % des BIP ansteigen. Besonders stark steigen dabei die von der Alterung der Gesellschaft hauptsächlich betroffenen Ausgabenkategorien Pensionen, Gesundheit und Pflege. Gedämpft wird die Ausgabenentwicklung hingegen von den nicht‑demografieabhängigen Ausgaben. Die gesamtstaatlichen Einnahmen werden in der Prognose im Wesentlichen mit dem BIP fortgeschrieben, sodass es aufgrund der steigenden Staatsausgaben zu einem Anstieg des Budgetdefizits kommt. Aus der Entwicklung der gesamtstaatlichen Einnahmen und Ausgaben resultiert bis 2025 ein weitgehend ausgeglichener Budgetsaldo. Danach verschlechtert sich der Budgetsaldo kontinuierlich (bis 2030 auf ‑0,4 % des BIP), zum Ende des Betrachtungszeitraums im Jahr 2060 ergeben die Projektionen im Basisszenario ein Budgetdefizit iHv 3,5 % des BIP. Der öffentliche Schuldenstand in Relation zum BIP geht bis 2035 trotz negativer Budgetsalden zurück, weil das nominelle BIP ausreichend stark wächst. Danach sind die Budgetdefizite aber so hoch, dass die Schuldenquote bis 2060 kontinuierlich auf 65,6 % des BIP ansteigt.
Eine Budgetprognose über einen derart langen Zeitraum ist jedoch mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. In der Langfristigen Budgetprognose werden daher eine Reihe von Sensitivitätsanalysen durchgeführt, in denen die Auswirkungen von abweichenden Annahmen bei der Wirtschaftsentwicklung, der demografischen Entwicklung und bei der Inanspruchnahme von Gesundheits‑ und Pflegeleistungen auf die Ergebnisse untersucht werden. Diese Analyse zeigt, dass die Ergebnisse sehr stark von den getroffenen Annahmen abhängen. Insbesondere das Szenario mit einem geringeren Migrationssaldo führt zu deutlich ungünstigeren Ergebnissen, der Schuldenstand steigt in diesem Szenario auf 161,7 % des BIP an. Auch das Szenario mit einer ungünstigeren Produktivitätsentwicklung bewirkt eine deutliche Verschlechterung der öffentlichen Finanzen, der Schuldenstand steigt hier auf 107,8 % des BIP. Auch außergewöhnliche Entwicklungen wie aktuell durch die Auswirkungen des Coronavirus auf das Wachstum und die öffentlichen Finanzen sind nicht vorhersehbar, können sich durch die Langfristbetrachtung jedoch auch wieder ausgleichen.
Nicht von der Langfristigen Budgetprognose 2019 umfasst, sind die Implikationen des fortschreitenden Klimawandels für den Staatshaushalt. Es soll jedoch eine Arbeitsgruppe zur Erweiterung des Prognosemodells eingerichtet werden, um klimarelevante Szenarien künftig in der Langfristigen Budgetprognose zu erfassen. Der durch den Klimawandel ausgelöste Anstieg an Extremwetterereignissen und Temperaturextremen führt zu direkten und indirekten budgetären Effekten. Direkte Effekte ergeben sich beispielsweise durch öffentliche Investitionen zur Schadensbehebung und durch Hilfszahlungen, indirekte Effekte werden insbesondere durch ein geringeres Wirtschaftswachstum, durch das auch die Steuereinnahmen niedriger ausfallen, ausgelöst.