Budgetdienst - Budget 16.02.2023

Langfristige Budgetprognose 2022

Analyse vom 16. Februar 2023

Überblick

Die Langfristige Budgetprognose 2022 des BMF basiert auf einer vom WIFO erstellten Studie und zeigt die Aus­wirkungen der demo­grafischen Ent­wicklung auf die öffentlichen Haus­halte in Österreich. Erstmals berücksichtigt werden auch Prognosen zur Entwicklung der Treib­haus­gas­emissionen sowie klimarelevante budgetäre Kosten. Das Budget­defizit geht zunächst auf 1,7 % des BIP im Jahr 2025 zurück. steigt mittel- und langfristig aber kontinuierlich auf 6,0 % des BIP im Jahr 2060 an. Auch die öffentliche Schulden­quote geht zunächst trotz negativer Budgetsalden zurück (BIP-Nennereffekt), steigt danach aber kontinuierlich bis 2060 auf 120,8 % des BIP an.

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Kurzfassung

Die vom Bundesminister für Finanzen vorgelegte Langfristige Budgetprognose 2022 basiert auf einer vom WIFO im Auftrag des BMF erstellten Studie. Im Fokus der Lang­fristigen Budgetprognose stehen die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die öffentlichen Haushalte in Österreich. Erstmals berücksichtigt werden in der Langfristigen Budgetprognose 2022 auch Prognosen zur Entwicklung der Treibhaus­gasemissionen sowie klimarelevante budgetäre Kosten. In der Langfristigen Budgetprognose werden die gesamtstaatlichen Einnahmen und Ausgaben und die daraus resultierende Defizit- und Schuldenentwicklung unter der Annahme einer unveränderten Politik („No-Policy-Change“) bis zum Jahr 2060 fortgeschrieben. Der Politik sollen dadurch Steuerungs­notwendigkeiten aufgezeigt werden.

Demografische Entwicklung

Die Bevölkerungsstruktur in Österreich wird sich in den nächsten Jahrzehnten stark verändern. Dies ist vor allem auf eine weiterhin steigende Lebenserwartung bei gleichzeitig niedrigen Geburtenraten zurückzuführen, zudem werden die geburtenstarken Jahrgänge der 50er und 60er Jahre in den nächsten Jahren in Pension gehen. Etwas abgeschwächt wird die aus dieser Entwicklung resultierende Alterung der Gesellschaft durch die erwarteten positiven Migrationssalden. Während die Zahl der Personen ab 65 Jahren bis 2060 um über 67 % deutlich auf 2,86 Mio. ansteigt, nimmt die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) im selben Zeitraum von 5,93 Mio. auf 5,71 Mio. Personen leicht ab. Die Auswirkung dieser demo­grafischen Entwicklung auf die öffentlichen Finanzen wird durch den Anstieg der Erwerbs­quoten (steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Personen, positiver Wanderungssaldo) etwas abgeschwächt.

Hauptergebnisse der Langfristigen Budgetprognose 2022

Die gesamtstaatliche Ausgabenquote steigt bis zum Ende der Prognoseperiode 2060 auf 55,9 % des BIP an. Der Anstieg der Ausgabenquote gegenüber 2019 resultiert zu einem überwiegenden Teil aus höheren demografie­abhängigen Ausgaben, deren Anteil am BIP bis 2060 um 5 %-Punkte auf 34,8 % des BIP ansteigt. Aber auch die nicht-demografie­abhängigen Ausgaben steigen aufgrund höherer Zinsausgaben insgesamt um 2,3 %‑Punkte auf 21,1 % des BIP an. Da die gesamtstaatliche Ein­nahmenquote weitgehend konstant bleibt, steigen das Budgetdefizit und die Schuldenquote entsprechend.

Nach den krisenbedingten hohen Defiziten im Zeitraum 2020 bis 2022 geht das Budgetdefizit zunächst auf 1,7 % des BIP im Jahr 2025 zurück. Mittel- und langfristig steigt das Budgetdefizit aber kontinuierlich auf 6,0 % des BIP im Jahr 2060 an. Die öffentliche Schuldenquote geht zunächst trotz negativer Budgetsalden zurück, weil das nominelle BIP ausreichend stark wächst. Danach sind die Budgetdefizite aber so hoch, dass die Schuldenquote bis 2060 kontinuierlich auf 120,8 % des BIP ansteigt.

Um die Schuldenquote langfristig zu stabilisieren, wäre eine permanente Verbesse­rung beim Primärsaldo durch höhere Einnahmen bzw. niedrigere Ausgaben not­wendig. Bei einem Start im Jahr 2025 ist gemäß Berechnungen des Budgetdienstes eine permanente Verbesserung des Primärsaldos um rd. 1,3 % des BIP notwendig, um im Jahr 2026 eine Schuldenquote iHv 60 % des BIP zu erreichen.

Erkenntnisse aus dem Klimamodul

Das vom Umweltbundesamt in Abstimmung mit dem BMF erstellten Klimamodul umfasst die Modellierung der Treibhausgasemissionen sowie deren makroökonomische Effekte und die damit verbundenen klimarelevanten budgetären Kosten und Risiken bis zum Jahr 2050. Dabei wurde ein Basisszenario auf Basis der im BFRG 2023-2026 vorgesehenen Maßnahmen und ein Aktivitätsszenario mit einer Reihe an darüber hinausgehenden Maßnahmen und Investitionen berechnet. Im Basis­szenario sinken die Treibhausgasemissionen bis 2030 auf etwa 40 Mio. Tonnen (t) CO2-Äquivalente (CO2eq) und bis 2050 auf 30,5 Mio. t CO2eq. Damit würde Österreich sein Reduktionsziel für 2030 („Fit-for-55“-Ziel) um knapp 10,4 Mio. t CO2eq verfehlen. Laut Schätzung des BMF würden durch die zum Ausgleich notwendigen Ankäufe von Emissionsrechten bis 2030 budgetäre Kosten iHv 4,7 Mrd. EUR entstehen. Im Zeitraum von 2031 bis 2050 wird mit weiteren Kosten von rd. 0,2 % des BIP pro Jahr gerechnet.

Im Aktivitätsszenario übertrifft Österreich durch die ergriffenen Maßnahmen das Reduktionsziel 2030 um rd. 6 Mio. t CO2eq. Bis 2040 kommt es zu einer weit­gehenden Dekarbonisierung der österreichischen Wirtschaft. Die höheren Auszah­lungen im Aktivitätsszenario führen trotz eines höheren Wirtschaftswachstums zu zusätzlichen Belastungen der öffentlichen Haushalte. Gegenüber dem Basisszenario (99,6 % des BIP) ist die Schuldenquote im Jahr 2050 im Aktivitätsszenario mit 103,3 % des BIP um 3,7 %-Punkte höher.

Unterschiede zur Langfristigen Budgetprognose 2019

Das Budgetdefizit ist in der aktuell vorliegenden Prognose um jährlich bis zu 2,5 %‑Punkte höher als in der vorangehenden Langfristigen Budgetprognose 2019. Dadurch ist auch die Schuldenquote im Jahr 2060 mit 120,8 % des BIP fast doppelt so hoch. Die wesentlichen Ursachen für diese Abweichungen liegen im zuletzt krisen­bedingt deutlich angestiegenen Schuldenstand, im veränderten Zinsumfeld und in geänderten Ausgangswerten für die Fortschreibung der weiteren nicht-demografie­abhängigen Ausgaben. Die Dynamik der demografieabhängigen Ausgaben hat sich gegenüber der vorangegangenen Prognose hingegen kaum verändert.

Ergebnisse der Sensitivitätsanalysen

Eine Budgetprognose über einen derart langen Zeitraum ist mit erheblichen Unsicher­heiten verbunden. Um die Auswirkungen von abweichenden Annahmen bei der Wirtschaftsentwicklung, der demografischen Entwicklung und bei der Inanspruch­nahme von Gesundheits- und Pflegeleistungen auf die Ergebnisse zu untersuchen, werden eine Reihe von Sensitivitätsanalysen durchgeführt.