Budgetdienst - Europäisches Semester 02.06.2023

Nationales Reformprogramm 2023 und Länderspezifische Empfehlungen

Analyse vom 2. Juni 2023

Überblick

Die Analyse umfasst das Nationale Reform­programm 2023 mit den zur Umsetzung der länder­spezifischen Empfehlungen getroffenen Maßnahmen samt Einschätzung der EK. Auch über die Implemen­tierung des österreich­ischen Aufbau- und Resilienz­plan 2020-2026 wird im Nationalen Reform­programm berichtet. Die 1. Tranche wurde von der EU bereits im April 2023 überwiesen. Der zweite Zahlungs­antrag iHv 750,0 Mio. EUR soll lt. BMF im Herbst 2023 gestellt werden. Zur voll­ständigen Abrufung der Mittel müssen 35 Meilen­steine erreicht sein, von denen per Ende April 2023 13 noch nicht erfüllt sind. Eine Nicht-Erfüllung kann zu einer Kürzung der EU-Mittel führen.

Die vollständige Analyse zum Download:

BD - Nationales Reformprogramm 2023 / PDF, 1 MB

Kurzfassung

Das Nationale Reformprogramm ist Teil jener Dokumente, die Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Semesters an die Europä­ische Kommission (EK) über-mitteln müssen und orientiert sich an den Vorgaben der EK. Das Nationale Reform­programm 2023 enthält neben dem Haupt­dokument drei Anhänge (Durchführung des Aufbau- und Resilienz­plans (ARP), Stellungnahme der Sozial­partner:innen zum Nationalen Reform­programm 2023, Eingetragene Maßnahmen des Bundes in der EK-Datenbank zur Umsetzung länder­spezifischer Empfehlungen). Die vorliegende Analyse führt die im österreich­ischen Nationalen Reform­programm 2023 enthaltenen Ausführungen mit den Einschätzungen der EK in deren jeweiligen Dokumenten, vor allem dem Länderbericht sowie den länder­spezifischen Empfehlungen, zusammen.

Die EK hat die Umsetzungsfortschritte der länderspezifischen Empfehlungen 2019 bis 2022 analysiert. Seit 2019 wurden die länder­spezifischen Empfehlungen für Österreich, insbesondere auch aufgrund der COVID‑19-Pandemie und anderer aktueller Ereignisse, laufend überarbeitet, wenngleich einzelne Aspekte über die Jahre hinweg aufrecht­erhalten oder in späteren Jahren wieder aufgegriffen wurden. Die EK stuft die länderspezifischen Empfehlungen seit 2019 zu 8 % als vollständig umgesetzt ein und anerkennt bei weiteren 7 % substanzielle Fortschritte, die vor allem die (mittel­fristige) Fiskal­politik betreffen. Bei mehr als der Hälfte (55 %) sieht die EK nur einige Fortschritte und bei 30 % begrenzte Fortschritte. Die Auswertung über alle EU-Staaten zu den länder­spezifischen Empfehlungen für 2019 und 2020 zeigt eine sehr ähnliche prozentuelle Verteilung wie jene für Österreich.

Bereits 2019 hat die EK vorgeschlagen, Maßnahmen zur Gewährleistung der Tragfähigkeit des Gesundheits-, Langzeitpflege- und des Pensions­systems zu ergreifen, die auch 2023 wieder in andere länder­spezifische Empfehlungen integriert wurden. Die Finanz­beziehungen im föderalen System finden sich regelmäßig in den länderspezifischen Empfehlungen und sind auch 2023 wieder enthalten. Seit 2020 werden vermehrt auch ökologische und energiepolitische Zielsetzungen aufgenommen, wie etwa nachhaltiger Verkehr, saubere und effiziente Energie, Investitionen in den digitalen Wandel bzw. Einsatz erneuerbarer Energie. COVID‑19-bedingte Empfehlungen wurden insbesondere 2020 und 2021 ausgesprochen, bei denen die EK für Österreich im Regelfall eine substanzielle bzw. vollständige Umsetzung feststellte.

Der mit dem Frühjahrspaket veröffentlichte Monitoringbericht zur Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs) in der EU zeigt, dass Österreich bei der Erreichung des SDG 9 (Industrie, Innovation und Infrastruktur), SDG 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen), SDG 11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden) und des SDG 5 (Geschlechter­gleichheit) die größten Fort­schritte gemacht hat und dabei auch über dem EU‑Durch­schnitt liegt. Die geringsten Fort­schritte verzeichnete Österreich beim SDG 4 (Hochwertige Bildung), SDG 15 (Leben an Land) und SDG 17 (Partner­schaften zur Erreichung der Ziele) bzw. liegt Österreich hier zum Teil auch unter dem EU-Durchschnitt.

Im Nationalen Reformprogramm 2023 wird auch über die Implementierung des österreichischen Aufbau- und Resilienz­plan (ARP) 2020-2026 mit einem geplanten Gesamt­auszahlungs­volumen iHv von 4,5 Mrd. EUR für die Jahre 2020 bis 2026 berichtet, wovon rd. 3,75 Mrd. EUR aus der Aufbau- und Resilienz­fazilität (RRF) finanziert werden. Die 1. Tranche wurde im April 2023 mit 700 Mio. EUR überwiesen und die entsprechenden Meilen­steine als "abgeschlossen" bewertet. Gemeinsam mit dem bereits über­wiesenen Vorschuss iHv 450 Mio. EUR (September 2021) erhielt Österreich bisher Mittel iHv 1,15 Mrd. EUR.

Für die 2. Tranche (Erreichung der Etappenziele im Jahr 2022) ist ein Teil der Indikatoren bereits abgeschlossen. Der zweite Zahlungs­antrag iHv 750,0 Mio. EUR soll laut BMF im Herbst 2023 gestellt werden. Um die Mittel vollständig abrufen zu können, müssen weitere 35 Meilen­steine erreicht sein. Per Ende April 2023 sind hiervon 22 Meilen­steine erfüllt, weitere 13 waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfüllt.

Die Nicht-Erfüllung kann zu einer Kürzung der Auszahlung der 2. Tranche führen. Die EK hat im Februar 2023 die Methode veröffent­licht, nach der bei Nicht-Erfüllung von Meilensteinen des ARP Auszahlungen teilweise ausgesetzt werden. Als Basis wird der sogenannte "durchschnitt­liche Wert" eines Meilen­steins (im Falle von Österreich 22,0 Mio. EUR) errechnet, der von der Tranche abgezogen wird. Allerdings kann die EK auch einen Verviel­fältiger von bis zu fünf anwenden, wobei die EK einen Ermessens­spielraum hat. Aus einer Nicht-Implemen­tierung einer Reform (wie etwa die Verab­schiedung eines Gesetzes) könnte somit eine Kürzung der Mittel von rd. 22 Mio. EUR bis zu 110 Mio. EUR resultieren. Für die Nicht-Erfüllung von Refor­men/Gesetzen, welche die länder­spezifischen Empfehlungen umsetzen sollen, kann die EK einen noch höheren Betrag einbehalten.