Budgetdienst - Europäisches Semester 02.06.2023

Österreichisches Stabilitätsprogramm 2022 bis 2026

Analyse vom 2. Juni 2023

Überblick

Das Österreichische Stabilitätsprogramm 2023 stellt die mittelfristige Haus­halts­­planung Österreichs bis 2026 auf Ebene des Gesamt­staates gemäß dem Europäischen System Volks­wirt­schaftlicher Gesamt­rechnungen (ESVG) dar. Das gesamt­staatliche Maastricht-Defizit geht in der Planungs­periode schrittweise von 3,2 % des BIP in den Jahren 2022 und 2023 auf 1,3 % des BIP im Jahr 2026 zurück. Trotz der erwarteten Budget­defizite sinkt die gesamt­staatliche Schulden­quote im Planungs­zeitraum ausgehend von 78,4 % des BIP im Jahr 2022 schritt­weise auf 71,4 % des BIP im Jahr 2026. Neben der makro­ökonomischen Um­feld umfasst die Dar­stellung des Budget­dienstes auch die budgetäre Wirkung der beschlossenen diskretionären Maßnahmen.

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BD - Österreichisches Stabilitätsprogramm 2022 bis 2026 / PDF, 1 MB

Kurzfassung

Das Österreichische Stabilitätsprogramm 2023 stellt die mittelfristige Haushalts­planung Österreichs bis 2026 auf Ebene des Gesamtstaates dar. Es beinhaltet wesent­liche Informationen zur Überprüfung der Einhaltung der EU‑Fiskal­regeln, die jedoch seit 2020 durch die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel im Stabilitäts- und Wachstumspakt bis Ende 2023 weitgehend ausgesetzt wurden. Die Europäische Kommission (EK) hat am 26. April 2023 einen Vorschlag zur Neu­gestaltung der europäischen Fiskalregeln vorgelegt, der derzeit auf Ratsebene beraten wird.

Das für die Budgetentwicklung maßgebliche makroökonomische Umfeld ist von einem moderaten Wirtschafts­wachstum und einer hohen aber sinkenden Inflationsrate geprägt. Als Folge der Geldpolitik zur Eindämmung der Inflation steigt das Zinsniveau zunächst deutlich an, nimmt gemäß den Annahmen mittelfristig dann allerdings wieder etwas ab. Die Arbeits­markt­lage ist weiterhin robust, die Arbeitslosen­­quote bleibt auch mittelfristig niedrig und die Zahl der Beschäf­tigten nimmt weiter leicht zu. Die hohen Inflationsraten stärken zwar das nominelle Einnahmen­wachstum, sie führen aber teilweise zeitversetzt auch zu höheren Ausgaben, sodass die Inflation mittelfristig einen weitgehend neutralen Effekt auf den Budget­saldo haben dürfte. Allerdings begünstigt das inflationsbedingt hohe nominelle BIP-Wachstum die Rück­führung der gesamtstaatlichen Schuldenquote.

Neben dem makroökonomischen Umfeld wird die mittelfristige Budgetentwicklung maßgeblich von der Wirkung diskretionärer Maßnahmen beeinflusst. Das Auslaufen temporärer Maßnahmen im Zusammen­hang mit der COVID‑19-Krise bzw. der aktuellen Teuerungs- und Energiekrise ermöglicht im Planungs­zeitraum ein insgesamt rückläufiges Budget­defizit, obwohl in einigen Bereichen (v. a. Grüne Transformation, Militärische Angelegenheiten) teils beträchtliche Ausgaben­­steigerungen vorgesehen sind und das Zinsumfeld zu steigenden Zinsaus­gaben führt. Darüber hinaus dämpfen die mit der Ökosozialen Steuer­reform beschlossenen Maßnahmen und die Abgeltung der kalten Progression die Einnahmenentwicklung.

Das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit geht in der Planungsperiode schrittweise von 3,2 % des BIP in den Jahren 2022 und 2023 auf 1,3 % des BIP im Jahr 2026 zurück. Im Wesentlichen resultiert der Defizitrückgang aus einer sinkenden Staats­­ausgaben­­quote aufgrund der auslaufenden temporären Maßnahmen. Etwas verlangsamt wird die Konsolidierung durch die steigenden Zinsausgaben. Die Staats­­einnahmen­quote sinkt im Planungs­zeitraum leicht, unter anderem aufgrund einer nur moderaten Entwicklung der staatlichen Vermögens­einkommen (z. B. Dividenden). Die Steuer- und Abgaben­­quote bleibt im Planungs­zeitraum weitgehend konstant bei etwas über 43 %.

Trotz der erwarteten Budgetdefizite sinkt die gesamtstaatliche Schuldenquote im Planungszeitraum ausgehend von 78,4 % des BIP im Jahr 2022 schrittweise auf 71,4 % des BIP im Jahr 2026. Der Rückgang der gesamt­staatlichen Schulden­quote resultiert im Betrachtungs­­zeit­raum im Wesentlichen aus dem nominellen BIP-Wachstum (BIP‑Nenner‑Effekt).

Die Europäische Kommission rechnet in ihrer Frühjahrsprognose für 2023 und 2024 mit einem Maastricht‑Defizit von 2,4 % bzw. 1,3 % des BIP. Damit erwartet die EK sowohl 2023 als auch 2024 ein geringeres Defizit als das BMF, was vor allem auf unterschied­liche Erwartungen hinsichtlich der Budget­wirkungen bestimmter Maßnahmen (v. a. Energie­kosten­zuschüsse für Unter­nehmen) zurückzuführen ist. Auch für die Schulden­quote erwartet die EK mit 75,4 % (2023) bzw. 72,7 % des BIP (2024) geringere Werte als das BMF. Gemäß der EK‑Prognose würde das Ausgaben­wachstum im Jahr 2024 unter der Annahme einer unveränderten Politik unter dem in den länder­spezifischen Empfehlungen empfohlenen Maximal­wert liegen. Für 2023 wurde keine diesbezügliche Empfehlung abgegeben.

Gegenüber der Budgetplanung vom Herbst 2022 haben sich die budgetären Rahmen­bedingungen etwas geändert, sodass die Plan­werte angepasst wurden. Weitere seit Herbst beschlossene Maßnahmen (z. B. Ausweitung des Energie­kosten­zuschusses für Unternehmen auf 2023) verschlechtern den erwarteten Budget­saldo insbesondere 2023. Die vor allem mittelfristig etwas günstigere Konjunktur­prognose und das geringer als erwartete Budgetdefizit 2022 (Basiseffekt) wirken sich hingegen positiv auf die Budget­entwicklung aus. Für 2023 wird mit 3,2 % des BIP nun ein um 0,3 %‑Punkte höheres Defizit erwartet als noch im Herbst. Ab 2024 sind die aktuellen Planwerte geringfügig günstiger als im Herbst angenommen. Das zuletzt beschlossene Anti‑Teuerungs­paket für Familien sowie das Maßnahmen­paket gegen die Teuerung sind nicht in der vorliegenden Budget­planung abgebildet.

Das am 26. April 2023 von der EK vorgelegte Legislativpaket sieht vor, dass die EU‑Fiskalregeln künftig die Netto­ausgaben (ohne Ausgaben für Zinsen, zyklische Arbeits­losigkeit und EU‑finanzierte Ausgaben, zuzüglich diskretionärer Einnahmen) als zentralen operativen Indikator verwenden. Dazu legen die Mitglied­staaten nationale mittelfristige strukturelle finanz­politische Pläne mit einem Netto­ausgaben­pfad, der innerhalb der von der EK vorgegebenen Grenzen liegt, für einen Zeitraum von vier Jahren vor. Bei Vorlage eines das Wachs­tum und die Schulden­tragfähigkeit fördernden Reform- und Investitions­pakets kann der Zeitraum auf bis zu 7 Jahre ausgeweitet werden. Die Umsetzung der Pläne wird regelmäßig von der EK überwacht. Die Schwellen­werte für Defizit (max. 3 % des BIP) und Schuldenquote (max. 60 % des BIP) werden beibehalten. Eine hinreichende Rück­führung der Schulden­quote bei einer Überschreitung der 60 %‑Grenze soll jedoch künftig anhand der Einhaltung des Netto­ausgaben­pfads beurteilt werden. Die bisher gültige Zwanzigstel‑Regel würde entfallen.