Das Österreichische Stabilitätsprogramm 2023 stellt die mittelfristige Haushaltsplanung Österreichs bis 2026 auf Ebene des Gesamtstaates dar. Es beinhaltet wesentliche Informationen zur Überprüfung der Einhaltung der EU‑Fiskalregeln, die jedoch seit 2020 durch die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel im Stabilitäts- und Wachstumspakt bis Ende 2023 weitgehend ausgesetzt wurden. Die Europäische Kommission (EK) hat am 26. April 2023 einen Vorschlag zur Neugestaltung der europäischen Fiskalregeln vorgelegt, der derzeit auf Ratsebene beraten wird.
Das für die Budgetentwicklung maßgebliche makroökonomische Umfeld ist von einem moderaten Wirtschaftswachstum und einer hohen aber sinkenden Inflationsrate geprägt. Als Folge der Geldpolitik zur Eindämmung der Inflation steigt das Zinsniveau zunächst deutlich an, nimmt gemäß den Annahmen mittelfristig dann allerdings wieder etwas ab. Die Arbeitsmarktlage ist weiterhin robust, die Arbeitslosenquote bleibt auch mittelfristig niedrig und die Zahl der Beschäftigten nimmt weiter leicht zu. Die hohen Inflationsraten stärken zwar das nominelle Einnahmenwachstum, sie führen aber teilweise zeitversetzt auch zu höheren Ausgaben, sodass die Inflation mittelfristig einen weitgehend neutralen Effekt auf den Budgetsaldo haben dürfte. Allerdings begünstigt das inflationsbedingt hohe nominelle BIP-Wachstum die Rückführung der gesamtstaatlichen Schuldenquote.
Neben dem makroökonomischen Umfeld wird die mittelfristige Budgetentwicklung maßgeblich von der Wirkung diskretionärer Maßnahmen beeinflusst. Das Auslaufen temporärer Maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID‑19-Krise bzw. der aktuellen Teuerungs- und Energiekrise ermöglicht im Planungszeitraum ein insgesamt rückläufiges Budgetdefizit, obwohl in einigen Bereichen (v. a. Grüne Transformation, Militärische Angelegenheiten) teils beträchtliche Ausgabensteigerungen vorgesehen sind und das Zinsumfeld zu steigenden Zinsausgaben führt. Darüber hinaus dämpfen die mit der Ökosozialen Steuerreform beschlossenen Maßnahmen und die Abgeltung der kalten Progression die Einnahmenentwicklung.
Das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit geht in der Planungsperiode schrittweise von 3,2 % des BIP in den Jahren 2022 und 2023 auf 1,3 % des BIP im Jahr 2026 zurück. Im Wesentlichen resultiert der Defizitrückgang aus einer sinkenden Staatsausgabenquote aufgrund der auslaufenden temporären Maßnahmen. Etwas verlangsamt wird die Konsolidierung durch die steigenden Zinsausgaben. Die Staatseinnahmenquote sinkt im Planungszeitraum leicht, unter anderem aufgrund einer nur moderaten Entwicklung der staatlichen Vermögenseinkommen (z. B. Dividenden). Die Steuer- und Abgabenquote bleibt im Planungszeitraum weitgehend konstant bei etwas über 43 %.
Trotz der erwarteten Budgetdefizite sinkt die gesamtstaatliche Schuldenquote im Planungszeitraum ausgehend von 78,4 % des BIP im Jahr 2022 schrittweise auf 71,4 % des BIP im Jahr 2026. Der Rückgang der gesamtstaatlichen Schuldenquote resultiert im Betrachtungszeitraum im Wesentlichen aus dem nominellen BIP-Wachstum (BIP‑Nenner‑Effekt).
Die Europäische Kommission rechnet in ihrer Frühjahrsprognose für 2023 und 2024 mit einem Maastricht‑Defizit von 2,4 % bzw. 1,3 % des BIP. Damit erwartet die EK sowohl 2023 als auch 2024 ein geringeres Defizit als das BMF, was vor allem auf unterschiedliche Erwartungen hinsichtlich der Budgetwirkungen bestimmter Maßnahmen (v. a. Energiekostenzuschüsse für Unternehmen) zurückzuführen ist. Auch für die Schuldenquote erwartet die EK mit 75,4 % (2023) bzw. 72,7 % des BIP (2024) geringere Werte als das BMF. Gemäß der EK‑Prognose würde das Ausgabenwachstum im Jahr 2024 unter der Annahme einer unveränderten Politik unter dem in den länderspezifischen Empfehlungen empfohlenen Maximalwert liegen. Für 2023 wurde keine diesbezügliche Empfehlung abgegeben.
Gegenüber der Budgetplanung vom Herbst 2022 haben sich die budgetären Rahmenbedingungen etwas geändert, sodass die Planwerte angepasst wurden. Weitere seit Herbst beschlossene Maßnahmen (z. B. Ausweitung des Energiekostenzuschusses für Unternehmen auf 2023) verschlechtern den erwarteten Budgetsaldo insbesondere 2023. Die vor allem mittelfristig etwas günstigere Konjunkturprognose und das geringer als erwartete Budgetdefizit 2022 (Basiseffekt) wirken sich hingegen positiv auf die Budgetentwicklung aus. Für 2023 wird mit 3,2 % des BIP nun ein um 0,3 %‑Punkte höheres Defizit erwartet als noch im Herbst. Ab 2024 sind die aktuellen Planwerte geringfügig günstiger als im Herbst angenommen. Das zuletzt beschlossene Anti‑Teuerungspaket für Familien sowie das Maßnahmenpaket gegen die Teuerung sind nicht in der vorliegenden Budgetplanung abgebildet.
Das am 26. April 2023 von der EK vorgelegte Legislativpaket sieht vor, dass die EU‑Fiskalregeln künftig die Nettoausgaben (ohne Ausgaben für Zinsen, zyklische Arbeitslosigkeit und EU‑finanzierte Ausgaben, zuzüglich diskretionärer Einnahmen) als zentralen operativen Indikator verwenden. Dazu legen die Mitgliedstaaten nationale mittelfristige strukturelle finanzpolitische Pläne mit einem Nettoausgabenpfad, der innerhalb der von der EK vorgegebenen Grenzen liegt, für einen Zeitraum von vier Jahren vor. Bei Vorlage eines das Wachstum und die Schuldentragfähigkeit fördernden Reform- und Investitionspakets kann der Zeitraum auf bis zu 7 Jahre ausgeweitet werden. Die Umsetzung der Pläne wird regelmäßig von der EK überwacht. Die Schwellenwerte für Defizit (max. 3 % des BIP) und Schuldenquote (max. 60 % des BIP) werden beibehalten. Eine hinreichende Rückführung der Schuldenquote bei einer Überschreitung der 60 %‑Grenze soll jedoch künftig anhand der Einhaltung des Nettoausgabenpfads beurteilt werden. Die bisher gültige Zwanzigstel‑Regel würde entfallen.