Die Verweigerung der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage aus Gründen des Staatswohls – wobei als ein solcher Grund im vorliegenden Fall ausschließlich das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Verfassungsschutzes in Betracht komme – sei nicht gerechtfertigt. Es sei weder hinreichend dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass die Erteilung der begehrten Auskunft zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des BfV führen könnte. Die Anfrage des Antragstellers habe sich ausschließlich auf die Mitteilung der Gesamtzahl der im genannten Zeitraum im Ausland tätigen Bediensteten des BfV sowie eine Bewertung im Hinblick auf die Aufgabenverteilung zwischen BfV und Bundesnachrichtendienst (BND) gerichtet. Eine Spezifizierung der erfragten Zahl der Auslandsbediensteten – etwa nach Einsatzorten bzw. -regionen, Einsatzzeiten, Tätigkeitsschwerpunkten oder sonstigen Merkmalen – habe der Antragsteller nicht gefordert. Der Einwand der Bundesregierung, dass ausländische Nachrichtendienste Informationen sammelten, um diese wie ein „Mosaik“ zu einem aussagekräftigen Gesamtbild zusammenzuführen, und die hier begehrte Auskunft ein entscheidendes Teilstück sein könnte, um sicherheitsrelevante Rückschlüsse auf die Tätigkeit des BfV im Ausland ziehen zu können, stehe dem nicht entgegen. Diese abstrakte Überlegung könne die Gefahr einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des BfV im Falle der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage aber nicht begründen, zumal mit einer solchen Argumentation ohne hinreichende weitere Darlegungen jegliche Auskunft verweigert werden könnte.
Vor diesem Hintergrund würden die behaupteten Geheimhaltungsinteressen den parlamentarischen Informationsanspruch nicht in einem Maße überwiegen, dass von einer Beantwortung der parlamentarischen Anfrage – gegebenenfalls in eingestufter Form – habe abgesehen werden dürfen. Die vorgebrachte „Mosaiktheorie“ hätte nämlich ein nahezu völliges Leerlaufen des parlamentarischen Fragerechts im Sinne einer Bereichsausnahme für die Tätigkeit von Nachrichtendiensten zur Folge. Eine solche Bereichsausnahme widerspreche jedoch dem Gebot, bei einer Kollision von Geheimhaltungsinteressen mit dem parlamentarischen Informationsanspruch einen Ausgleich im Wege der praktischen Konkordanz herbeizuführen.
Schließlich habe das parlamentarische Fragerecht auch nicht hinter sonstigen Möglichkeiten parlamentarischer Kontrolle der Nachrichtendienste zurückzutreten. So sei insbesondere das Parlamentarische Kontrollgremium lediglich ein zusätzliches Instrument parlamentarischer Kontrolle, das sonstige Informationsrechte nicht verdränge. Und darüber hinaus stehe auch die bloße Erweiterung des Kreises der Geheimnisträger:innen der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage nicht entgegen. Das Staatswohl sei im parlamentarischen Regierungssystem des GG nicht allein der Bundesregierung, sondern dem Bundestag und der Bundesregierung gemeinsam anvertraut. Daher komme bei geheimhaltungsbedürftigen Informationen die Berufung auf das Staatswohl gerade gegenüber dem Bundestag in der Regel dann nicht in Betracht, wenn beiderseits wirksame Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden von Dienstgeheimnissen getroffen wurden, was von der Bundesregierung nicht in Abrede gestellt worden sei.