Der Thüringer Verfassungsgerichtshof entschied, dass der Alterspräsident verpflichtet sei, den Namensaufruf der Abgeordneten durchzuführen, daran anknüpfend die Feststellung über die Beschlussfähigkeit des Landtags zu treffen und sodann die vorläufige Tagesordnung in der Fassung vom 19. September 2024 im Plenum zur Abstimmung zu stellen. Er sei nicht berechtigt, diese Verfahrenshandlungen zu verweigern.
Sein Amt sei allein durch die Notwendigkeit geprägt, das Verfahren bis zur Wahl der Landtagspräsidentin bzw. des Landtagspräsidenten durchzuführen und das Amt an diese bzw. diesen zu übergeben. Darüber hinausgehende Befugnisse habe der Alterspräsident nicht. Er sei weder zu einer Entscheidung über die Auslegung der Geschäftsordnung befugt noch dürfe er Anträge des Plenums ablehnen.
Notwendiger Bestandteil der Konstituierung eines neu gewählten Parlaments sei auch, dass es eine Entscheidung über seine Geschäftsordnung trifft. Eine Debatte und Beschlussfassung über eine Änderung der Geschäftsordnung sei bereits in der Konstituierungsphase des Landtags und auch vor der Wahl der Präsidentin bzw. des Präsidenten zulässig. Dies folge auch aus dem Recht zur Selbstorganisation der Legislative.
Der Inhalt des Antrags der Fraktionen der CDU und des BSW zur Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags sei mit der Verfassung vereinbar. Eine Nichtbehandlung des Antrags durch den Alterspräsidenten komme unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.
Gegenstand des Antrags sei insbesondere die Änderung von § 2 der Geschäftsordnung: Nach der bisherigen Regelung schlage die stärkste Fraktion ein Mitglied des Landtags für die Wahl zur Präsidentin bzw. zum Präsidenten vor. Der Änderungsantrag sehe hingegen vor, dass der Landtag die Präsidentin bzw. den Präsidenten aus seiner Mitte für die Dauer der Wahlperiode wählt.
Diese Änderung verstoße weder gegen Bestimmungen der Thüringer Verfassung noch gegen verfassungsrechtliches Gewohnheitsrecht. Ein ausschließlicher Anspruch der stärksten Fraktion im Thüringer Landtag zur Unterbreitung von Vorschlägen für die Wahl der Präsidentin bzw. des Präsidenten (exklusives Vorschlagsrecht) oder gar einen Anspruch dieser Fraktion auf die Wahl einer von ihr vorgeschlagenen Person für dieses Amt (Benennungsrecht oder Besetzungsrecht) ergebe sich weder aus geschriebenem noch aus ungeschriebenem Verfassungsrecht.
Dem Begriff der Wahl wohne inne, eine Entscheidung treffen zu dürfen, das heißt sich auch gegen eine Kandidatin bzw. einen Kandidaten entscheiden zu können. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl würde untergraben, wenn keine Auswahlmöglichkeiten und ein faktischer Zwang zur Zustimmung bestünde.
Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidung.