Fachinfos - Judikaturauswertungen

Diffamierende Postings: Ehrenbeleidigung einer Politikerin

Facebook muss die mit einem für rechtswidrig erklärten Kommentar wort- und sinngleichen Kommentare löschen. OGH 15.9.2020, 6 Ob 195/19y (27. Jänner 2021)

Sachverhalt

Im April 2016 teilte eine Nutzerin auf ihrer Facebook-Seite einen Artikel mit dem Titel „Grüne: Mindestsicherung für Flüchtlinge soll bleiben“ und einem Lichtbild der damaligen Klubobfrau der Grünen Eva Glawischnig-Piesczek. Im dazu geposteten Kommentar verwendete die Nutzerin u.a. die Worte „miese Volksverräterin“, „dieser korrupte Trampel“ und „Faschistenpartei“. Glawischnig-Piesczek begehrte daraufhin die Löschung und beantragte eine einstweilige Verfügung: Facebook sei schuldig, die Veröffentlichung und/oder die Verbreitung von sie zeigenden Lichtbildern zu unterlassen, wenn im Begleittext die wörtlichen und/oder sinngleichen Behauptungen verbreitet werden, sie sei eine „miese Volksverräterin“ und/oder ein „korrupter Trampel“ und/oder Mitglied einer „Faschistenpartei“.

Nachdem Facebook das Posting nur in Österreich sperrte, zog sich das Verfahren bis vor den Obersten Gerichtshof (OGH), der im Oktober 2017 dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) einige Fragen zur Vorabentscheidung vorlegte. Dieser war der Ansicht, dass ein nationales Gericht Facebook auftragen könne, die mit einem für rechtswidrig erklärten Kommentar wort- und sinngleichen Kommentare – weltweit – zu löschen (EuGH 3.10.2019, C-18/18).

Entscheidung des Obersten Gerichtshofs

Der OGH gab dem Antrag von Glawischnig-Piesczek in der Folge statt: Die inkriminierten Äußerungen stellten in Ermangelung eines konkreten Verhaltensvorwurfs mit überprüfbarem Tatsachenkern beleidigende Werturteile im Sinn des § 1330 Abs. 1 ABGB dar. Die Äußerungen würden alle darauf abzielen, Glawischnig-Piesczek in ihrer Ehre zu beleidigen, sie zu beschimpfen und zu diffamieren.

Der OGH war außerdem – unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH – der Ansicht, dass Facebook keine unverhältnismäßige Kontrollverpflichtung auferlegt werde, wenn es auch die Veröffentlichung und/oder Verbreitung sinngleicher Behauptungen zu unterlassen habe.

Facebook sei daher verpflichtet, die Veröffentlichung von Lichtbildern der Klägerin in Verbindung mit diesen Beschimpfungen und Diffamierungen bzw. sinngleichen Behauptungen weltweit zu unterlassen.

Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidung.