Fachinfos - Judikaturauswertungen 11.08.2022

Diffamierendes Facebook-Posting über Politkerin

Facebook zu Unterlassung, Urteilsveröffentlichung, Schadenersatz und Auskunft über die Nutzerin verpflichtet.

HG Wien 9.12.2021, 11 Cg 65/16w – 62

Eine ehemalige Grünen-Politikerin ging gerichtlich gegen ein diffamierendes Facebook-Posting vor und erreichte, dass Facebook künftig auch die Veröffentlichung bzw. Ver­breitung von Postings mit wort- oder sinngleichen Behauptungen zu unterlassen hat. Facebook muss darüber hinaus das Urteil veröffentlichen, einen immateriellen Scha­denersatz zahlen sowie Name und Adresse der Nutzerin herausgeben.

Sachverhalt

Im April 2016 teilte eine Nutzerin auf ihrer Facebook-Seite einen Artikel mit dem Titel „Grüne: Mindestsicherung für Flüchtlinge soll bleiben“ und einem Lichtbild der damali­gen Klubobfrau der Grünen (Klägerin). Im dazu geposteten Kommentar verwendete die Nutzerin u.a. die Worte „miese Volksverräterin“, „dieser korrupte Trampel“ und „Fa­schistenpartei“.

Die Klägerin begehrte – gestützt auf § 78 Urheberrechtsgesetz (Bildnisschutz) – die Unterlassung der Veröffentlichung bzw. Verbreitung von sie zeigenden Lichtbildern, wenn im Begleittext die wörtlichen und/oder sinngleichen Behauptungen verbreitet werden, sie sei eine „miese Volksverräterin“ und/oder ein „korrupter Trampel“ und/oder Mitglied einer „Faschistenpartei“. Sie machte auch einen Anspruch auf Ur­teilsveröffentlichung und auf immateriellen Schadenersatz nach dem Urheberrechtsge­setz geltend und beantragte die Herausgabe des Namens und der Adresse der Face­book-Nutzerin auf Grundlage des E-Commerce-Gesetzes.

Zur Sicherung ihres Unterlassungsbegehrens hatte sie zudem die Erlassung einer einst­weiligen Verfügung beantragt. Da Facebook das Posting jedoch nur in Österreich ge­sperrt hatte, hatte sich das Verfahren bis vor den Obersten Gerichtshof (OGH) gezogen, der im Oktober 2017 dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) einige Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hatte. Nach Vorliegen des EuGH-Urteils (EuGH 3.10.2019, C-18/18) entschied der OGH im September 2020, dass die einstweilige Ver­fügung im beantragten Umfang zu erlassen war (OGH 15.9.2020, 6 Ob 195/19y). Das Handelsgericht Wien hatte nun auf dieser Basis zu entscheiden.

Entscheidung des Handelsgerichts Wien

Das Handelsgericht Wien führte in seiner Entscheidung aus, dass das Posting zweifellos eine Persönlichkeitsverletzung darstelle. Bezüglich des Unterlassungsanspruchs wurde auf die OGH-Entscheidung zur einstweiligen Verfügung verwiesen: Darin wurde Face­book verpflichtet, die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von die Klägerin zeigen­den Lichtbildern zu unterlassen, wenn der Begleittext Behauptungen enthält, die mit den als rechtswidrig erkannten Behauptungen wort- oder sinngleich sind.

Auch der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung bestehe zu Recht. Daran habe die Klä­gerin schon deshalb ein berechtigtes Interesse, um die Verbreitung der Auffassung, man könne sanktionslos Hasspostings veröffentlichen, zu verhindern. Die Veröffentlichung sei auf der Website von Facebook vorzunehmen, zumal Facebook selbst ausgeführt habe, dass eine Veröffentlichung im Account der un­bekannten Nutzerin unmöglich sei.

Der Schadenersatzanspruch sei ebenfalls berechtigt. Die hasserfüllte, unsachliche und herabsetzende Wortwahl im Zusammenhang mit der Bildnisveröffentlichung lasse kei­nen Zweifel daran, dass eine empfindliche Kränkung der Klägerin vorliege. Der begehrte Betrag von € 4.000,- sei im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung durchaus als an­gemessen zu betrachten. Das Interesse der Klägerin an der Feststellung der Identität der Nutzerin sei ebenso evident wie die Tatsache, dass die Kenntnis dieser Informatio­nen eine wesentliche Voraussetzung für die Rechtsverfolgung bilde. Auch der Aus­kunftsanspruch bestehe daher zu Recht.

Hinweis: Der Volltext dieser Entscheidung ist nicht mehr verfügbar.