Das BVerfG entschied, die Anträge in den Organklageverfahren seien – soweit zulässig – offensichtlich unbegründet.
Der neue Bundestag sei durch die Einberufung des alten Bundestages nicht an seiner Konstituierung gehindert; gleichwohl beende erst der Zusammentritt des neuen Bundestages gemäß Art. 39 Abs. 1 zweiter Satz GG die Wahlperiode des alten Bundestages. Das GG mache hiefür, abgesehen von der Vorschreibung einer 30‑tägigen Frist für die Konstituierung des neuen Bundestages (Art. 39 Abs. 2 GG), keine Vorgaben – alleine der neue Bundestag entscheide über seine Konstituierung und damit über das Erlöschen der Rechte und Pflichten des alten Bundestages. Damit werde sichergestellt, dass die Wahlperioden lückenlos aneinander anschließen und der Staat zu keinem Zeitpunkt ohne ein handlungsfähiges Parlament ist. Dem 20. Deutschen Bundestag fehle es sohin nicht an verfassungsrechtlicher Legitimation und er sei bis zum Zusammentreten des 21. Deutschen Bundestages in seinen Handlungsmöglichkeiten nicht beschränkt.
Zwar entspreche es der parlamentarischen Übung und der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags, dass die Präsidentin des alten Bundestages den neuen Bundestag einberuft. Dabei stütze sie sich aber nicht auf das ihr vom alten Bundestag verliehene Amt; vielmehr übe sie damit das Selbstversammlungsrecht des neugewählten Bundestages treuhänderisch aus. Diesem stehe es jedoch frei, auch auf anderem Wege zusammenzutreten.
Der:die Bundestagspräsident:in brauche auch keine spezifischen Gründe, um eine Sitzung des Bundestages einzuberufen, weil die Abhaltung einer Sitzung letztlich in der Entscheidung des Deutschen Bundestages im Rahmen seines Selbstversammlungsrechts liege: So müsse zu Beginn einer so anberaumten Sitzung nach der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages die Genehmigung des Bundestages eingeholt werden und der Bundestag könne die Sitzung auch direkt wieder vertagen. Es sei daher ohne Belang, unter welchen Voraussetzungen eine Verpflichtung zur Einberufung des Bundestages bestehe und ob diese in diesem Fall erfüllt seien. Überdies gebe das GG nicht vor, wie das Erreichen des nach der Geschäftsordnung erforderlichen Quorums in der parlamentarischen Praxis festzustellen sei. Dass hierfür die Unterschrift der Zeichnungsberechtigten einer Fraktion oder mehrerer Fraktionen mit dem entsprechenden Quorum als ausreichend angesehen wird, sei daher aus verfassungsrechtlicher Perspektive nicht zu beanstanden.
Gemäß Art. 39 Abs. 3 zweiter Satz GG könne der: die Bundestagspräsident:in jederzeit den alten Bundestag einberufen; dies auch innerhalb der 30-Tage-Frist des Art. 39 Abs. 2 GG. Wenn ein Drittel der Mitglieder des Bundestages die Einberufung beantrage, sei der:die Präsident:in nach Art. 39 Abs. 3 dritter Satz GG sogar dazu verpflichtet. Eine politische Bewertung des Einberufungsverlangens stehe ihm:ihr dabei nicht zu; ein Ermessen bestehe lediglich hinsichtlich des konkreten Zeitpunkts der anzuberaumenden Sitzung.
Inwieweit die der:die Bundestagspräsident:in bei Einberufung des alten Bundestages verfassungsrechtlichen Pflichten gegenüber dem neuen Bundestag unterliegt, bedürfe in diesem Fall keiner abschließenden Klärung. Selbst unter der Annahme, dass eine Pflicht bestünde, der Konstituierung des neuen Bundestages gegenüber der Einberufung des alten den Vorzug zu geben, hätte die Bundestagspräsidentin sie im vorliegenden Fall nämlich nicht verletzt: Zwar komme ihr dahingehend kein Wahlrecht zu; die Pflicht zur Einberufung des neuen Bundestages vor Ablauf des 30. Tages nach der Wahl (Art. 39 Abs. 2 GG) setze aber voraus, dass der neue Bundestag den Willen zum Zusammentritt gebildet und sich dazu auf einen Termin verständigt habe, woran es in diesem Fall aber fehle.
Im Übrigen könnten sich weder der Bundestag noch einzelne Abgeordnete auf ein verfassungsmäßiges Recht berufen, dass der Bundestag nicht zu Sitzungen zusammentrete.
Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und die Volltexte der Entscheidungen (Alt-Bundestag I; Alt-Bundestag II; Alt-Bundestag III).