Das BVwG hielt fest, dass die beiden Ladungen ordnungsgemäß erfolgt sind und dass der Antrag des UsA auf Verhängung der Beugestrafe den Anforderung des Verwaltungsgerichtshofs genüge. Dieser stelle keine intensiven Anforderungen an die Begründung des Antrags, der lediglich „eine (erste) Grundlage für die Entscheidung des BVwG“ liefern solle. Die Begründung des UsA erweise sich jedoch als nicht haltbar, da eine genügende Entschuldigung iSd § 36 Abs. 1 VO-UA vorliege.
Der UsA habe – entsprechend dem in der VO-UA vorgesehenen Schutz der Grund- und Persönlichkeitsrechte einschließlich des Schutzes der Gesundheit der Auskunftsperson – die Modalitäten der Befragung mit Blick auf die Zugehörigkeit zur COVID-19-Risikogruppe ausreichend angepasst. Darin könne somit keine genügende Entschuldigung des Ausbleibens der Auskunftsperson mehr liegen. Die Auskunftsperson habe aber eine weitere ärztliche Bestätigung eines Facharztes für Innere Medizin und Kardiologie vorgelegt, an dessen Qualifikation nicht zu zweifeln sei. Danach sei der Auskunftsperson aus medizinischer Sicht mit Blick auf konkret drohende Gesundheitsrisiken von einer Teilnahme an der Befragung im UsA dringend abzuraten. Dieses Attest begründe eine genügende Entschuldigung im Sinn des § 36 Abs. 1 VO-UA, zumal ansonsten keine medizinischen Beweisergebnisse vorgelegen seien. Der UsA habe die fachärztliche Einschätzung offenbar nicht geteilt, es aber dennoch unterlassen, zusätzliche medizinische Beweise zu ermitteln. Er trete der Argumentation nicht auf gleicher fachlicher, nämlich medizinischer Ebene entgegen.
Sollte der UsA den durch ihn erzielten Kreis der Beweismittel zum Gesundheitszustand der Auskunftsperson und zu den Modalitäten, unter welchen ihre Befragung aus medizinischer Sicht vertretbar sein könnte, erweitert sehen wollen, sei auf Folgendes hinzuweisen: Der UsA könne gemäß § 22 iVm §§ 47 ff VO-UA Beweis durch einen Sachverständigen erheben. Es sei durch die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens möglich und gestattet, weitere Beweise zum Gesundheitszustand und den möglichen Auswirkungen einer Einvernahme sowie den medizinisch vertretbaren Modalitäten einer Befragung zu ermitteln. Diese Befugnis des UsA zeige § 34 Abs. 1 VO‑UA deutlich, wo der Gesundheitszustand jedenfalls von einem Sachverständigen zu erheben sei, sofern die Auskunftsperson noch nicht über einschlägige medizinische Befunde verfüge. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens liege zudem auch im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes, zumal dieser die Befragung der Auskunftsperson einschließe und somit auch eine Prüfung des Fernbleibens von der Befragung erfasst sei.
Überdies komme die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Gesundheitszustand der Auskunftsperson im Verfahren beim BVwG nicht mehr in Betracht. Dieses habe ausschließlich anhand der vorgelegten Beweise über die Verhängung der beantragten Beugestrafe zu entscheiden. Es könne kein Gutachten anstelle des UsA nachholen, um einen Mangel an tragfähigen Beweisergebnissen für Behauptungen des Antrags möglicherweise zu beseitigen. Auch die kurze Entscheidungsfrist von 14 Tagen („Eilverfahren“) spreche gegen eine Ermittlungsbefugnis des BVwG. In diesem Zeitraum sei es nicht möglich, die rechtsstaatlichen Gebote der umfassenden Ermittlungstätigkeit, der Gewährung des rechtlichen Gehörs samt hinreichender Möglichkeit, Beweisergebnissen wirksam entgegen zu treten, einzuhalten. Der UsA habe hingegen ausreichend Zeit dazu zur Verfügung. Sollte sich der UsA eines Sachverständigen bedienen, habe die Auskunftsperson durch die Beistellung medizinischer Befunde oder Mitwirkung an einer körperlichen Untersuchung mitzuwirken.
Anhand des vorliegenden Ermittlungsergebnisses zum Gesundheitszustand der Auskunftsperson könne eine Beugestrafe nicht verhängt werden.
Vgl. zu diesem Verfahren den Volltext der Entscheidung.
Eine in den Hauptargumentationspunkten gleich gelagerte Entscheidung des BVwG vom 3. August 2020, W249 2233184-1/24E, finden Sie hier.