Fachinfos - Judikaturauswertungen 11.08.2022

„Fraktionsförderung“ einer burgenländischen Gemeinde war rechtswidrig

Landesverwaltungsgericht: Wertung der Auszahlung als zusätzliche Bezüge der Gemeinderäte ohne Rechtsgrundlage denkbar (11. August 2022)

LVwG Bgld. 24.2.2022, E HG1/02/2020.009/019

In einer Gemeinde wurde eine „Fraktionsförderung“ für die im Gemeinderat vertrete­nen Fraktionen beschlossen. Das Landesverwaltungsgericht (LVwG) bestätigte, dass dies als Auszahlung zusätzlicher Bezüge angesehen werden könne, für die es keine ge­setzliche Grundlage gebe. Der Beschluss wurde daher als rechtswidrig aufgehoben.

Sachverhalt

Der Gemeinderat einer burgenländischen Gemeinde beschloss im März 2019 mit Stim­menmehrheit, den Fraktionen der Gemeinde „nach Antrag eine Fraktionsförderung in der Höhe von € 500,– pro Gemeinderatsmandat auszubezahlen“. Die Verhandlungs­schrift über die Gemeinderatssitzung enthielt dazu folgende Argumentation des Bür­germeisters: Es gebe schon seit vielen Jahren eine Vereinsförderung. Jede/Jeder Funk­tio­när:in, sei es in Vereinen oder im Gemeinderat, habe eine Verantwortung zu tragen und investiere einen großen Teil seiner/ihrer Freizeit für das Wohl der Gemeinde. Es werde immer schwieriger, Funktionär:innen für Vereine und die Gemeinde zu finden. Deshalb sei es gerechtfertigt, Verantwortung und Leistung auch finanziell zu unterstüt­zen.

Die Landesregierung – als Aufsichtsbehörde gemäß der Bgld. Gemeindeordnung – hob diesen Beschluss wegen Rechtswidrigkeit auf. Es handle sich um die Auszahlung zu­sätzlicher Bezüge an Mitglieder des Gemeinderates, für die es im Bgld. Gemeindebezü­gegesetz keine gesetzliche Grundlage gebe. Im Übrigen seien Mitglieder des Gemein­derates von der Beratung und Beschlussfassung in Sachen, an denen sie selbst beteiligt sind, wegen Befangenheit ausgeschlossen.

Gegen diese Entscheidung erhob die Gemeinde Beschwerde an das LVwG. Sie führte unter anderem aus, dass der Gemeinderat aufgrund der Bgld. Gemeindeordnung „Richt­linien“ für die Zuerkennung von Stipendien, Subventionen und anderen Zuwendungen im Rahmen des Voranschlags festsetzen könne; von dieser Befugnis habe er hier Ge­brauch gemacht und Richtlinien für eine Fraktionsförderung beschlossen.

Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts

Das LVwG wies die Beschwerde als unbegründet ab.

Unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes führte das LVwG zunächst aus, dass einer „Parteifraktion“ keine Rechtspersönlichkeit zukomme, Förde­rungen der Gemeinderatsfraktionen jedoch nicht automatisch als zusätzliche Bezüge der Mandatar:innen zu werten seien: Es sei grundsätzlich eine Verfügungsbefugnis sämtlicher Mitglieder einer Fraktion über diese Gelder und ein Mitwirkungsrecht jedes Mitglieds an der Verwaltung dieser Geldmittel anzunehmen.

Das LVwG ging wie die beschwerdeführende Gemeinde davon aus, dass der Beschluss des Gemeinderates eine „Richtlinie“ zur Fraktionsförderung festlege. Es teilte jedoch die Auffassung der Aufsichtsbehörde, dass dieser Beschluss nicht hinreichend klar be­stimmt sei:

In der Bgld. Gemeindeordnung seien die inhaltlichen Anforderungen an eine solche Richtlinie nicht näher bestimmt. Richtlinien seien aber gleichsam als „abstrakte Weisun­gen“ aufzufassen und müssten daher ein Mindestmaß an inhaltlicher Bestimmtheit auf­weisen. Dies bereits deshalb, um sie einerseits von bloßen Förderungen oder Subven­tionen im Rahmen der gemeindlichen Selbstverwaltung (Art. 116 Abs. 2 B-VG) und an­derseits von verpönten Parteispenden (nach dem Parteiengesetz 2012) bzw. auch von unzulässigen zusätzlichen Bezügen der Gemeinderät:innen abgrenzen zu können.

Eine inhaltliche Bestimmtheit in nur annähernder Weise finde sich in der Richtlinie des Gemeinderates nicht. Würden diese Geldmittel den einzelnen Mandatar:innen zukom­men (und nicht der Fraktion als solcher), handelte es sich um ein unzulässiges zusätzli­ches Gehalt der Gemeinderatsmitglieder. Obwohl von einer „Fraktionsförderung“ ge­sprochen und auch ein Vergleich zur Vereinsförderung gezogen werde, sei eine derar­tige ursprüngliche Intention (nämlich die Leistungen der Mitglieder zusätzlich abzugel­ten) mangels näherer Ausführungen in der „Richtlinie“ nicht gänzlich von der Hand zu weisen: Der Bürgermeister beziehe sich in der Niederschrift zur Beschlussfassung da­rauf, dass Funktionär:innen nicht mehr leicht zu finden seien und es in diesem Zusam­menhang gerechtfertigt sei, „Verantwortung und Leistung“ auch finanziell zu unterstüt­zen. Der Gemeinderatsbeschluss sei daher bereits aus diesem Grund rechtswidrig.

Vgl. zu diesem Verfahren den Volltext der Entscheidung.