Fachinfos - Judikaturauswertungen

Hausverbot in Hotel

Politiker nicht in Gleichheitsrechten verletzt. Dt. BVerfG 27.8.2019, 1 BvR 879/12 (08. Jänner 2020)

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war bis 2011 Bundesvorsitzender der NPD. Seine Frau buchte 2009 für sich und ihren Mann einen Aufenthalt in einem Hotel. Das Hotel bestätigte die Buchung zunächst, teilte dann aber mit, dass ein Aufenthalt nicht möglich sei, und bot Unterbringungsalternativen sowie eine kostenfreie Stornierung an. Auf Nachfrage erteilte die Hotelbetreiberin dem Beschwerdeführer ein Hausverbot: Die politische Überzeugung des Beschwerdeführers sei nicht mit dem Ziel des Hotels zu vereinbaren, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten. Der Beschwerdeführer sah sich dadurch diskriminiert und erhob Klage, die vor dem Landgericht Frankfurt und dem Brandenburgischen Oberlandesgericht erfolglos blieb. Der Bundesgerichtshof gab der Klage insoweit statt, als sie den vertraglich vereinbarten Zeitraum betraf, bestätigte aber das in die Zukunft gerichtete Hausverbot der Hotelbetreiberin. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde an das Deutsche Bundesverfassungsgericht (Dt. BVerfG).

Entscheidung des Deutschen Bundesverfassungsgerichts

Das Dt. BVerfG lehnte die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ab, weil die Entscheidung des Bundesgerichtshofes den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten verletzt.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) entfalte in der vorliegenden Konstellation keine Drittwirkung zugunsten des Beschwerdeführers. Diese Bestimmung enthalte kein objektives Verfassungsprinzip, wonach Private ihre Rechtsbeziehungen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten hätten. Grundsätzlich gehöre es zur Freiheit jeder Person, nach eigenen Präferenzen darüber zu bestimmen, mit wem sie wann unter welchen Bedingungen welche Verträge abschließen und wie sie hierbei auch von ihrem Eigentum Gebrauch machen wolle.

Für das Verhältnis zwischen Privaten könnten sich gleichheitsrechtliche Anforderungen nur für spezifische Konstellationen ergeben, etwa bei einem einseitigen, auf das Hausrecht gestützten Ausschluss von Veranstaltungen, die aufgrund eigener Entscheidung der Veranstalter/innen einem großen Publikum ohne Ansehen der Person geöffnet würden und der für die Betroffenen in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben entscheide. Zudem dürfe die aus einem Monopol oder aus struktureller Überlegenheit resultierende Entscheidungsmacht nicht dazu genutzt werden, bestimmte Personen ohne sachlichen Grund von einem bestimmten Ereignis auszuschließen.

Eine solche spezifische Konstellation liege nicht vor: Weder entscheide ein Besuch in einem Wellness-Hotel in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, noch habe die Hotelbetreiberin eine Monopolstellung oder eine strukturelle Überlegenheit. Sie betreibe lediglich eines von mehreren Hotels in dem Ort.

Auch hinsichtlich spezieller Gleichheitsrechte ergebe sich keine Grundrechtsverletzung: Gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG dürfe niemand wegen seiner politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden. Auch wenn sich aus dieser Vorschrift mittelbar möglicherweise weiterreichende und strengere Bindungen als aus Art. 3 Abs. 1 GG ergeben sollten, sei sie im Rechtsverkehr zwischen Privaten nicht – im Sinne eines absoluten Unterscheidungsverbotes – unmittelbar anwendbar. Vielmehr bedürfe es eines Ausgleichs mit entgegenstehenden Freiheitsrechten. 

Dass dieser Ausgleich hier zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgehen müsste, sei nicht ersichtlich: Der Beschwerdeführer werde durch das in die Zukunft gerichtete Hausverbot lediglich in seiner Freizeitgestaltung beeinträchtigt. Eine darüber hinausgehende Beeinträchtigung seiner Lebensgestaltung liege nicht vor. Auch sei das Hausverbot vorab schriftlich und nicht etwa erst bei der Ankunft in dem Hotel mitgeteilt worden, weshalb die Mitteilung nicht mit einer öffentlichen Bloßstellung und Stigmatisierung verbunden gewesen sei. Der Beschwerdeführer müsse auch lediglich für die Zukunft hinnehmen, in dem Hotel nicht willkommen zu sein. Dabei gäbe es in der Umgebung eine Vielfalt anderer Hotels. Dass er insoweit auf grundsätzliche Schwierigkeiten stoße und aufgrund seiner politischen Überzeugung boykottiert oder vom öffentlichen Leben ausgeschlossen wäre, sei nicht ersichtlich. Vielmehr seien ihm ausdrücklich Beherbergungsalternativen in der Umgebung angeboten worden.

Auf Seiten der Hotelbetreiberin sei auf das durch die Eigentumsgarantie geschützte Hausrecht sowie die unternehmerische Berufsfreiheit zu verweisen. Als Hotelbetreiberin verfolge sie ein Geschäftskonzept, bei dem die Erholung und Freizeitgestaltung der Gäste im Mittelpunkt stünden. Zudem habe sie befürchten müssen, dass sich andere Hotelgäste durch die Konfrontation mit dem Beschwerdeführer gestört fühlen würden, weil er sich durch polarisierende politische Äußerungen im Zeitraum vor der Verhängung des Hausverbots in besonderer Weise in die Öffentlichkeit begeben hatte. Die Hotelbetreiberin hätte sich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Beschwerden, Protesten, Spannungen im Betriebsablauf und gegebenenfalls auch Stornierungen ausgesetzt gesehen.

Vgl. zu diesem Verfahren den Volltext der Entscheidung.