Zunächst stellte der VfGH fest, dass die Wähler:innengruppe "VÖ" anfechtungslegitimiert ist; es schade nicht, dass der Zustellungsbevollmächtigte in der Anfechtung als „Anfechtungswerber“ bezeichnet werde, es gehe aus der Anfechtung klar hervor, dass er auch als Zustellungsbevollmächtigter der gesamten Wähler:innengruppe einschreitet. Insoweit seien auch die anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Anfechtung gegeben.
Die Anfechtungslegitimation des Zustellungsbevollmächtigten als Wahlwerber selbst (als Spitzenkandidat seiner Partei) verneinte der VfGH allerdings: Es könne nicht erkannt werden, von welchen Wahlvorschlägen er persönlich ausgeschlossen worden sei. Zudem sei das Vorzugsstimmensystem nach der K-LTWO verfassungsrechtlich unbedenklich. Insoweit wies der VfGH die Anfechtung daher zurück.
In der Sache stellte der VfGH fest, das Vorbringen der Wähler:innengruppe „VÖ“, in mehreren Punkten liege eine unzulässige Wahlwerbung vor, aus der sich die Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens ergebe, erweise sich in allen Punkten als unbegründet:
Aus dem Grundsatz des freien Wahlrechts werde insbesondere auch die – von staatlichen Organen unbeeinflusste – Freiheit der Wahlwerbung abgeleitet. Die Wahlwerbung dürfe nicht durch staatliche Organe sinnwidrig beschränkt und die bzw. der Wähler:in in ihrer bzw. seiner Freiheit nicht in rechtlicher oder faktischer Weise beeinträchtigt werden. Eine sinnwidrige Beschränkung der Wahlwerbung sei insbesondere auch dann anzunehmen, wenn wahlwerbende Parteien durch staatliche Organe ohne sachliche Rechtfertigung gegenüber anderen wahlwerbenden Parteien begünstigt oder benachteiligt würden. Allerdings sei nicht schlechterdings alles, was auf die Chancen einer wahlwerbenden Partei bei einer Wahl von Einfluss sein kann, für die Rechtmäßigkeit der Wahl von Bedeutung.
Es sei nicht entscheidend, ob eine Beeinflussung der Wahlwerbung durch staatliche Organe mit hoheitlichen Mitteln oder im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erfolge; würden die zum Schutz der Wahlfreiheit gezogenen Schranken durch staatliche Organe überschritten, sei dies – im Rahmen des Vorbringens in der Anfechtungsschrift – im Verfahren gemäß Art. 141 B-VG vom VfGH aufzugreifen.
Differenzierungen zugunsten von in allgemeinen Vertretungskörpern repräsentierten Parteien seien dabei – so die ständige Rechtsprechung des VfGH – aber nicht unsachlich. Vor diesem Hintergrund könne auch im vorliegenden Fall keine Unsachlichkeit darin erblickt werden, dass zu öffentlichen Debatten nur die im Nationalrat und im Kärntner Landtag vertretenen Parteien eingeladen wurden.
Soweit eine Verletzung des rundfunkrechtlichen Objektivitätsgebotes durch die „Wahlberichterstattung des ORF“ behauptet werde, sei damit keine im Wahlanfechtungsverfahren gemäß Art. 141 B-VG aufzugreifende (unzulässige) Einflussnahme auf die Wahlwerbung geltend gemacht. Dasselbe gelte für die unsubstantiiert vorgebrachten Behauptungen von Rechtsverletzungen auf Grund der Berichterstattung anderer Medien.
Die Ankündigung des Sozialprojekts „Kärnten Bonus Plus“ könne keine Beeinflussung der Wahlwerbung im Sinne der Rechtsprechung des VfGH sein, zumal nur Informationen erfolgt seien und keinerlei Werbung für oder gegen bestimmte Wähler:innengruppen vorgenommen worden seien.
Die von der Wähler:innengruppe „VÖ“ als Anfechtungswerberin behaupteten Rechtswidrigkeiten im Zusammenhang mit der Bezeichnung von Wahlparteien auf amtlichen Stimmzetteln seien ebenso wenig festzustellen. Wahlwerbende Parteien seien von politischen Parteien im Sinne des Parteiengesetzes 2012 zu unterscheiden. Für die Zulässigkeit der Parteibezeichnung in einem Wahlvorschlag komme es nicht auf eine Übereinstimmung mit dem Namen einer politischen Partei im Parteienverzeichnis nach dem Parteiengesetz 2012, sondern allein auf die für den Inhalt des Wahlvorschlages maßgeblichen Bestimmungen der jeweiligen Wahlordnung an. Diese seien im vorliegenden Fall nicht verletzt.
Weiters stellte der VfGH in Antwort auf das Vorbringen der Wähler:innengruppe „VÖ“ fest, dass die Parteibezeichnung einschließlich der Kurzbezeichnung ein unteilbares Ganzes sei. Wahlrechtliche Bestimmungen im Zusammenhang mit Parteibezeichnungen dienten insbesondere dem Zweck, Verwechslungen und Missverständnisse zu verhindern. Die Gefahr von Verwechslungen oder Missverständnissen sei für den VfGH im vorliegenden Fall aber nicht ersichtlich.
Hinsichtlich der Einrichtung des Vorzugsstimmensystems führte der VfGH aus, es gebe keine spezifischen bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben für ein solches System; die Ausgestaltung liege im Ermessen des Wahlgesetzgebers. Das Vorzugsstimmensystem mit einer Vorzugsstimme für eine Person auf der Parteiliste eines Wahlkreises werfe aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken auf.
Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidung.