Der VfGH fasste in seiner Entscheidung zunächst seine ständige Rechtsprechung zum Versammlungsbegriff des VersG zusammen. Eine Versammlung ist demnach eine Zusammenkunft mehrerer Menschen, die in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw.) zu bringen, sodass eine gewisse Assoziation der Beteiligten entsteht. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hänge von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, wobei sich die Beurteilung primär am Zweck der Zusammenkunft und den Elementen der äußeren Erscheinungsformen (nähere Modalitäten, Dauer, Anzahl der Teilnehmer:innen usw.) zu orientieren habe. Dabei verwies der VfGH u.a. auch auf seine jüngere Rechtsprechung, wonach er einer Zusammenkunft mehrerer Menschen den Versammlungscharakter "meist … nicht abgesprochen" habe und etwa auch eine längere Veranstaltungsdauer die Qualifikation von Aktivitäten als Versammlung nicht generell ausschließe (Hinweis auf VfSlg. 20.450/2021 zu einer Zusammenkunft im Festsaal der Technischen Universität Wien; ferner auf VfSlg. 20.275/2018 zu einem mehrmonatigen Protestcamp [„Murcamp“] gegen die Errichtung eines Kraftwerks).
Zum im vorliegenden Fall angezeigten „Klimacamp“ führte der VfGH sodann aus, dass – auch wenn dieses Elemente einer Veranstaltung aufweisen mag – das gemeinsame Wirken der Beteiligten und damit der Versammlungscharakter der angezeigten Aktivitäten bei einer Gesamtbetrachtung überwiegt. Die im Rahmen des „Klimacamps“ geplant gewesenen Workshops, Summer Schools und ähnlichen Aktivitäten dienten weder ausschließlich der Information oder Belehrung der Beteiligten , noch stehe der Unterhaltungs- bzw. Vergnügungscharakter im Vordergrund. Es gehe vielmehr darum, ein kollektives Verhalten in demonstrativem Zusammenwirken zur Verfolgung eines gemeinsamen Zieles – hier: rund um das Thema Klimagerechtigkeit – hervorzurufen. Die angezeigten Aktivitäten und deren Zielsetzung würden damit ein kollektives politisches Wirken darstellen.
Da das VwG – im Anschluss an die LPD – somit den Versammlungscharakter zu Unrecht verneint habe, ohne sich mit den maßgeblichen Gesichtspunkten der angezeigten Aktivitäten umfassend auseinanderzusetzen, sei die Beschwerdeführerin im Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt worden. Der VfGH hob die Entscheidungen des VwG daher auf; dieses hat nunmehr im zweiten Rechtsgang erneut über die gegen die Bescheide der LPD erhobenen Beschwerden zu entscheiden.
Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidung.