Fachinfos - Judikaturauswertungen 11.08.2022

Nichterscheinen einer Auskunftsperson vor dem U-Ausschuss #1

Verhängung einer Beugestrafe über Auskunftsperson wegen Nichterscheinens vor dem Untersuchungsausschuss (11. August 2022)

BVwG 4.4.2022, W279 2252848-1

Über eine vom ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss (UsA) geladene Auskunfts­person wurde vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) auf Antrag des UsA eine Beuge­strafe wegen Nichterscheinens verhängt. Die Auskunftsperson habe nicht dargelegt, weshalb ein geschäftlicher Termin im Ausland unaufschiebbar gewesen sei bzw. habe auch keinen Ersatztermin für eine allfällige neuerliche Ladung angeboten. Zudem habe sie ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt, sodass eine neuerliche Ladung erschwert wurde.

Sachverhalt

Eine Auskunftsperson wurde für einen bestimmten Termin zur Befragung im UsA gela­den. Sie bestätigte die Ladung und teilte gleichzeitig unter Übermittlung einer Flugbu­chung mit, dass sie beruflich bedingt im Ausland sein werde. Überdies teilte die Aus­kunftsperson mit, dass sie ihren ordentlichen Wohnsitz ins Ausland verlegt habe. Die neue Wohnadresse könne sie nicht bekannt geben, da Erfahrungen gezeigt hätten, dass Akten(inhalte) an die Öffentlichkeit gelangen würden. Dem Ersuchen auf Übermittlung von Belegen über den tatsächlichen Antritt der Flugreise kam die Auskunftsperson nicht nach. Der UsA erachtete die vorgelegte Buchungsbestätigung nicht als ausrei­chende Entschuldigung. Es sei nicht ersichtlich, unter welchen Bedingungen die Bu­chung vorgenommen worden sei, zudem sei die Buchung am selben Tag erfolgt, als Vertreter:innen der ÖVP erstmals vom genauen Ladungstermin Kenntnis erlangt hät­ten. Die Auskunftsperson habe weiters nicht dargelegt, weshalb der Auslandsaufent­halt nicht verschiebbar gewesen sei, noch Bemühungen angestellt, ein Erscheinen vor dem UsA zu ermöglichen. Die Verlegung des Wohnsitzes habe eine neuerliche Ladung erschwert. Aus diesen Gründen beantragte der UsA beim BVwG die Verhängung einer Beugestrafe.

Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Das BVwG hielt fest, dass der Antragsgegner während des gesamten Verfahrens beim BVwG keine Stellungnahme zum Nachweis einer allenfalls genügenden Entschuldigung für das Fernbleiben vom Befragungstermin vor dem UsA abgegeben hat und zum Ein­vernahmetermin bei Gericht unentschuldigt nicht erschienen ist.

Es seien weder Unterlagen zum Nachweis der Unaufschiebbarkeit des vermeintlichen beruflichen Termins noch Belege bezüglich Bemühungen zur Beseitigung der berufli­chen Verhinderung erbracht worden. Der Antragsgegner habe trotz wirksamer Ladung im gesamten Verfahren keine Bereitschaft gezeigt, zu Befragungsterminen zu erschei­nen. Der Antrag auf Verhängung einer Beugestrafe gemäß § 36 Abs. 1 der Verfahrens­ordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) sei daher jedenfalls zulässig.

Bei der Beurteilung der Frage, wann ein beruflicher Termin als unaufschiebbar zu beur­teilen ist, sei stets ein strenger Maßstab anzulegen. Der Antragsgegner sei zur Wahrung seiner Privatsphäre nicht zwingend verpflichtet, eine (neue) Wohnsitz­adresse (im Aus­land) bekannt zu geben. Um jedoch im gebotenen (Mindest-)Ausmaß am Verfahren mit­zuwirken, hätte er einen Zustellungsbevollmächtigten im Bundesgebiet benennen kön­nen, welcher auch eine Vertrauensperson sein könne. Der angeführte geschäftliche Termin im Ausland stelle ohne Nachweis, dass er nicht verschiebbar sei, keine genü­gende Entschuldigung im Sinne des § 36 Abs. 1 VO-UA dar.

Im Verfahren seien keine mildernden Umstände hervorgekommen, erschwerend sei zu werten gewesen, dass der Antragsgegner keine Schritte gesetzt habe, um eine Befra­gung zu einem alternativen Termin zu erreichen. Zudem erschwere der Antragsgegner mangels Bekanntgabe einer ladungsfähigen Adresse im Ausland, einer/eines Zustellbe­vollmächtigten oder einer Faxnummer die Zustellung sämtlicher verwaltungsgerichtli­cher Schriftstücke an ihn. Diese gegenüber dem Gericht an den Tag gelegte Vorgehens­weise des Antragsgegners bestärke in der Überzeugung, dass sich dieser aktiv der Be­fragung durch den UsA entziehen wollte. Daher sei eine Beugestrafe im Ausmaß der Höchststrafe, sohin in der Höhe von € 5.000,- zu verhängen gewesen.

Diese Entscheidung ist derzeit nicht im RIS veröffentlicht.