Der VfGH wies die Beschwerde als unbegründet ab. Durch die Äußerungen des Mitglieds des UsA seien die Grenzen zulässiger Kritik nicht überschritten worden. Das Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 10 EMRK) stünde in einem Spannungsverhältnis mit dem Schutz der Ehre und des wirtschaftlichen Rufes. Diese einander gegenüberstehenden Rechtsgüter seien durch eine Interessenabwägung miteinander in Ausgleich zu bringen, wobei insbesondere auf die parlamentarische Kontrollfunktion des UsA Bedacht zu nehmen sei. Dabei sei dessen konkreter Untersuchungsgegenstand ebenso von Relevanz wie die Bedeutung des betroffenen Themas für die Allgemeinheit. Die fraglichen Äußerungen seien nicht isoliert, sondern in ihrem Gesamtkontext zu beurteilen. Der VfGH hielt darüber hinaus fest, dass bei der vorzunehmenden Abwägung ebenso zu berücksichtigen ist, inwiefern es der Auskunftsperson möglich war, auf die erhobenen Vorwürfe bzw. die Kritik direkt zu reagieren und gegebenenfalls eine Richtigstellung vorzunehmen. Schließlich spiele auch eine Rolle, ob die betroffene Person die „öffentliche Bühne“ freiwillig betreten habe oder nicht.
Der VfGH führte dazu aus, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Ehrenbeleidigung gemäß § 1330 Abs. 1 ABGB im vorliegenden Fall nicht vorliegt. Zwar hätte die Beschwerdeführerin hinsichtlich der in ihrer Abwesenheit im Juli 2020 getätigten Äußerungen nicht die Möglichkeit gehabt, diese unmittelbar zu erwidern. Doch liege das konkret betroffene Werturteil des Mitglieds des UsA, die Beschwerdeführerin sei aufgrund ihrer schulischen und beruflichen Bildung nicht ausreichend für die Tätigkeit als Mitglied des Aufsichtsrates eines staatsnahen Unternehmens qualifiziert, im Spielraum zulässiger Kritik gemäß Art. 10 EMRK. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund der parlamentarischen Kontrollfunktion des UsA und dessen Untersuchungsgegenstands (der unter anderem die Personalpolitik in staatsnahen Unternehmen zum Gegenstand hatte). Zudem sei der Umstand zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführerin bei der Annahme eines Aufsichtsratsmandats in einem staatsnahen Unternehmen hätte bewusst sein müssen, dass ihre fachliche Qualifikation Gegenstand einer öffentlichen Auseinandersetzung werden könnte. Auch wenn es sich bei der Beschwerdeführerin um keine im öffentlichen Leben stehende Person („public figure“) handle, habe sie aufgrund ihrer Funktion weitergehende Kritik bzw. kritische oder sogar provokante Fragestellungen hinzunehmen als eine beliebige Privatperson.
Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass der Vorsitzende des UsA gewisse angefochtene Äußerungen unverzüglich unterbunden habe, geäußerte Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin deren Ehre nicht zwingend verletzten und auch (mehrmaliges) Wiederholen einer Frage nicht per se ehrenrührig oder kreditschädigend sei. Im Ergebnis erachtete der VfGH sämtliche Äußerungen des UsA-Mitglieds als von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt und als nicht ehrenrührig.
Auch die von der Beschwerdeführerin behauptete Kreditschädigung im Sinne des § 1330 Abs. 2 ABGB lag dem VfGH zufolge nicht vor. So sei nicht erkennbar, inwiefern die getätigten Aussagen geeignet gewesen seien, wirtschaftliche Nachteile zur Folge zu haben oder sonst wie den Kredit, Erwerb oder das Fortkommen der Beschwerdeführerin zu gefährden. Auf die Frage der (Un-)Wahrheit der getätigten Äußerungen ging der VfGH nicht ein.
Die Beschwerde war laut VfGH auch rechtzeitig, wenngleich das Protokoll zur relevanten Befragung bereits einige Monate zuvor auf der Website des Parlaments veröffentlicht und auch über diese Befragung medial berichtet worden war. Entscheidend ist für den Fristbeginn, so der VfGH, wann die Beschwerdeführerin Kenntnis von den Äußerungen erlangt hat.
Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidung.