Fachinfos - Judikaturauswertungen 27.01.2021

Politiker durfte in Sendung des ORF als „Plemplem“ bezeichnet werden

Sachverhalt

Am 25. Juli 2016 strahlte der ORF ein „Sommergespräch“ mit dem Parteichef der zum damaligen Zeitpunkt im Nationalrat vertretenen Partei „Team Stronach“ aus. Im Anschluss analysierte ein Politikwissenschafter dieses Gespräch in der ZIB 2. Dabei sagte er unter anderem: „Ja ich fühle mich ehrlich gesagt eher hilflos, denn einerseits würde ich gerne die eigenen Parteimitglieder vom Team Stronach an einen Lügendetektor anschließen[,] um herauszufinden, ob sie sich das denken, was vielleicht auch die Kürzestanalyse mancher Zuseher ist, in drei Worten nämlich: Er ist plemplem.“

In der Folge stellte die Kommunikationsbehörde Austria – auf Grund einer Beschwerde – fest, dass diese Aussage das im ORF-Gesetz normierte Objektivitätsgebot verletzt. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht ab. Der ORF sah sich dadurch in seiner Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit verletzt und erhob Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH).

Entscheidung des Verfassungs­gerichtshofs

Der VfGH war der Ansicht, dass sich die Bezeichnung „plemplem“ deutlich auf den in der Analyse mehrfach thematisierten Eindruck einer gewissen „Verwirrtheit“ bezieht. Die Äußerung sei damit im Sachzusammenhang mit dem Thema der Analyse erfolgt und habe auf die politische Funktion und deren Wahrnehmung durch den Politiker und nicht etwa losgelöst davon auf seine unmittelbare Privat- oder Persönlichkeitssphäre abgezielt. Gebe ein/e Politiker/in durch sein/ihr Verhalten und seine/ihre Äußerungen dazu Anlass, müsse es im Interesse des – von Art. 10 EMRK gewährleisteten – freien öffentlichen Diskurses auch möglich sein, darauf hinzuweisen, „dass der Kaiser nackt ist“.

Angesichts der Maßstäbe, die ein/e in der Öffentlichkeit stehende/r Spitzenpolitiker/in an öffentlicher Auseinandersetzung und – auch in scharfer, polemischer und angriffiger Form vorgetragener – Kritik gegen sich gelten lassen müsse, sei die für sich pointierte und polemische Wortwahl im Gesamtzusammenhang innerhalb dessen geblieben, was im Rahmen der Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 10 EMRK zulässig ist.

Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidung.