Der EGMR verneinte die Zulässigkeit der Beschwerde hinsichtlich jener Abgeordneten, denen nicht selbst das Rederecht entzogen worden war. Die bloße Aufforderung des Parlamentspräsidenten, die hochgehaltenen Banner niederzulegen, stelle weder eine Disziplinarmaßnahme noch eine Strafe dar, welche die Betroffenen in ihrem Recht auf Meinungsäußerung beschränke. Die Beschwerde sei daher insoweit zurückzuweisen gewesen.
Die Beschwerde der Abgeordneten Szél erachtete der EGMR dagegen als begründet: Unzweifelhaft liege durch den Wortentzug ein Eingriff in die Meinungsfreiheit der Abgeordneten vor. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass dieser Eingriff die legitimen Ziele verfolge, die Rechte anderer Abgeordneter zu schützen sowie Unruhe im Plenarsaal zu vermeiden. Doch dürfe die Ausübung der Ordnungsbestimmungen des Parlaments die Meinungsfreiheit der parlamentarischen Abgeordneten nicht in unverhältnismäßiger Weise einschränken. Bei dieser Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs sei insbesondere auch zu berücksichtigen, ob und welche verfahrensrechtlichen Garantien für die Betroffenen bestünden, sich gegen die verhängten Maßnahmen zur Wehr zu setzen.
Der EGMR hielt fest, dass der Wortentzug durch den Präsidenten des Ungarischen Parlaments unmittelbar und ohne vorherige Verwarnung der Abgeordneten erfolgt war. Die Geschäftsordnungsbestimmungen würden zwar grundsätzlich im Fall des Präsentierens von Demonstrationsmaterial auch die unmittelbare Verhängung von Strafen – ohne vorherige Verwarnung – vorsehen. Jedoch würden die diesbezüglichen Gesetzesbestimmungen ausschließlich die Auferlegung einer Geldstrafe oder den Ausschluss der betroffenen Abgeordneten von der Sitzung, nicht jedoch den Entzug des Rederechts als mögliche Strafen nennen. Somit sei der Wortentzug nicht in Übereinstimmung mit den einschlägigen Verfahrensvorschriften erfolgt.
Auch sonst sei es weder dem Parlamentspräsidenten noch der Regierung Ungarns im Zuge des Verfahrens vor dem EGMR gelungen, die Maßnahme zu rechtfertigen. Insbesondere sei nicht hervorgekommen, inwiefern das Verbot des Verhaltens der Abgeordneten erforderlich gewesen sei, um das Ansehen des Parlaments bzw. die Rechte anderer Abgeordneter zu schützen. Zudem wurde, so der EGMR, nicht dargelegt, inwieweit die Funktionsfähigkeit des Parlaments durch die Rede beeinträchtigt worden sein sollte.
Abschließend sprach der EGMR aus, dass das der betroffenen Abgeordneten Szél offenstehende Verfahren, im Wege ihres Parlamentsklubs um die Interpretation der angewandten Geschäftsordnungsbestimmungen zu ersuchen, keinen effektiven Rechtsschutz gegen die getroffene Maßnahme darstellt. Auch mangels verfahrensrechtlicher Möglichkeiten der Betroffenen, sich gegen den Wortentzug rechtlich zur Wehr zu setzen, sei die Maßnahme unverhältnismäßig.
Vgl. zu diesem Verfahren den Volltext der Entscheidung (in englischer Sprache).
Vgl. zur selben Thematik auch die Entscheidung des EGMR vom 17. Mai 2016, 44357/13, Karácsony u.a. gg. Ungarn.