Fachinfos - Judikaturauswertungen 08.01.2020

Rückforderung von Geldern für parlamentarische Assistenz

Europäisches Parlament: Rückforderung von Geldern für parlamentarische Assistenz aufgehoben. EuG 28.11.2019, T-726/18, Mélin gg. Parlament. (08. Jänner 2020)

Sachverhalt

Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union (EuG) erging im Rahmen einer Nichtigkeitsklage, die  Frau Joëlle Mélin, Abgeordnete des Europäischen Parlaments (EP), gegen eine Rückforderungsentscheidung wegen zu Unrecht gezahlter Zulagen für parlamentarische Assistenz erhoben hatte.

Die klagegegenständliche Entscheidung bestand aus der Entscheidung des EP selbst und einem mehrseitigen tabellarischen Anhang, der im Detail die von der Klägerin – zum Nachweis, dass die Tätigkeiten ihrer Assistentin mit dem Statut der Abgeordneten und dessen Durchführungsbestimmungen im Einklang stünden – vorgelegten Dokumente analysierte. Die Entscheidung des EP selbst verwies an mehreren Stellen auf diesen Anhang. Sie wurde der Klägerin zu eigenen Handen in einem verschlossenen Umschlag zugestellt und von ihrem Assistenten entgegengenommen. Außerdem erhielt die Klägerin die Entscheidung informationshalber auch per E-Mail, allerdings aufgrund eines Versehens ohne den erwähnten Anhang.

Die Klägerin rügte wegen der fehlenden Übermittlung des Anhangs einen Begründungsmangel und brachte vor, dass sich aus der Entscheidung des EP alleine die Gründe für die Ablehnung der von ihr vorgebrachten Beweise nicht erkennen ließen.

Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union

Das EuG hob die Rückforderungsentscheidung des EP wegen eines Begründungsmangels auf. Es kam in seinem Urteil zu dem Schluss, dass die Klägerin ausreichende Elemente vorgebracht hatte, um nachzuweisen, dass ihr der tabellarische Anhang zur Entscheidung nicht zugegangen war. Dabei handelte es sich erstens um eine Erklärung ihres Assistenten, aus der hervorging, dass er bei der Entgegennahme des Umschlags anlässlich der Zustellung zu eigenen Handen nicht hatte feststellen können, dass der Anhang der Entscheidung beilag. Zweitens hatte die Klägerin einen Ausdruck des E‑Mails vorgelegt, mit dem ihr die Entscheidung zur Kenntnis geschickt wurde und aus dem ersichtlich war, dass bei dieser Gelegenheit nur die Entscheidung des EP selbst ohne den erwähnten Anhang an sie versandt worden war.

Nach Ansicht des EuG war der Inhalt des Anhangs im konkreten Fall als integraler Bestandteil der Begründung der Rückforderungsentscheidung anzusehen. Nachdem er der Klägerin nicht zugegangen war, schloss das EuG darauf, dass die Klägerin außerstande war, im Detail von der vom EP durchgeführten Analyse der von ihr vorgelegten Dokumente Kenntnis zu nehmen und diese präzise zu bestreiten. Die Tatsache, dass die Klägerin das EP auffordern hätte können, ihr den Anhang zu übermitteln, spielte nach Ansicht des EuG keine Rolle, da das EP die Verpflichtung hatte, der Klägerin alle die Rückforderungsentscheidung tragenden Gründe mitzuteilen.

Vgl. zu diesem Verfahren den Volltext der Entscheidung (in französischer Sprache).