Tuncer Bakırhan wurde im Jahr 2014 als Kandidat der oppositionellen „Partei für Freiheit und Frieden“ (Barış ve Demokrasi Partisi) zum Bürgermeister der Stadt Siirt in der südöstlichen Türkei gewählt. Im November 2016 wurde wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation die Untersuchungshaft über ihn verhängt: Grund dafür war, dass er an den Begräbnissen mehrerer, von den türkischen Behörden getöteter Mitglieder der PKK sowie an öffentlichen Versammlungen teilgenommen und dabei Reden gehalten hatte. Bakırhan wurde zudem seines Amts als Bürgermeister enthoben. Die Untersuchungshaft wurde bis Oktober 2019 laufend verlängert.
Bakırhan brachte vor, dass die Anschuldigungen gegen ihn eng mit seinen Reden verknüpft seien, die durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt seien. Zudem sei er bei den erwähnten Begräbnissen und Versammlungen – wie bei Tausenden anderen Begräbnissen und Versammlungen – in seiner Funktion als Bürgermeister anwesend gewesen, ohne eine politische Agenda verfolgt zu haben. Die Untersuchungshaft sei rechtswidrig verhängt worden, weil keine ausreichenden Beweise dafür vorliegen würden, dass er eine Straftat begangen habe. Die Gerichte hätten ihre Entscheidungen nicht ausreichend begründet und es unterlassen zu prüfen, ob ein gelinderes Mittel als die Untersuchungshaft in Betracht gekommen wäre. Auch die Dauer der Untersuchungshaft sei unverhältnismäßig lange gewesen.
Bakırhan wandte sich an den EGMR und behauptete, durch die Verhängung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft in seinem Rechten auf Freiheit (Art. 5 EMRK) und in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 10 EMRK) verletzt zu sein.