Fachinfos - Judikaturauswertungen 23.10.2024

U-Ausschuss: Unzulässiger Antrag auf Prüfung der Medienöffentlichkeit

VfGH 2.10.2024, G 120/2024

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat einen Antrag von sieben Einzelpersonen gegen die Bestimmungen der Verfahrensordnung für Parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) über die Medienöffentlichkeit und das Verbot von Ton- und Bildaufnahmen in Befragungen vor Untersuchungsausschüssen (UsA) als unzulässig zurückgewiesen. Die Antragsteller:innen hatten das Wort "Medienvertreter" sowie das Verbot von Ton- und Bildaufnahmen in § 17 VO-UA angefochten, weil die Regelungen ihnen den Zutritt zu bzw. die Teilnahme an Sitzungen des UsA sowie die Anfertigung von Ton- und Bildaufnahmen der Sitzungen verwehrten. Der VfGH wies den Antrag unter Hinweis darauf zurück, es sei derzeit kein UsA eingerichtet und die angefochtenen Bestimmungen seien daher für Antragsteller:innen (unter Verweis auf die Vorjudikatur) derzeit nicht wirksam.

Sachverhalt

Die Antragsteller:innen begehrten in einem Individualantrag an den VfGH, das Wort "Medienvertreter" in § 17 Abs. 1 VO-UA sowie § 17 Abs. 1 zweiter Satz VO-UA, in eventu die Wortfolge "ausschließlich für Zwecke der Protokollierung gemäß § 19 und der Übertragung innerhalb der Parlamentsgebäude" in § 17 Abs. 1 zweiter Satz VO-UA, als verfassungswidrig aufzuheben.

Sie führten aus, sie seien von den angefochtenen Bestimmungen unmittelbar und aktuell betroffen (gewesen). Die Bestimmungen verwehrten ihnen den Zutritt zu den Sitzungen des UsA des Nationalrates sowie die Anfertigung von Ton- und Bildaufnahmen der Sitzungen. Es sei ihnen konkret der Zutritt zur 11. und 12. Sitzung des "COFAG-UsA" am 24. bzw. 25. April 2024 sowie zur 10. Sitzung des "ROT-BLAUER Machtmissbrauch-UsA" am 25. April 2024 verwehrt worden. Ihnen sei nicht gestattet worden, Ton- und Bildaufnahmen anzufertigen. Sie machten ein Teilnahmeinteresse an UsA des Nationalrates überhaupt geltend und erklärten, sie beabsichtigten, auch in Zukunft an Sitzungen von UsA des Nationalrates teilzunehmen sowie Ton- und Bildaufnahmen anzufertigen. Es bestehe kein zumutbarer Umweg, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der bekämpften Bestimmungen an den VfGH heranzutragen.

Entscheidung des Verfassungs­gerichtshofs

Der VfGH führt aus, er erkenne über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behaupte, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden sei. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. c B-VG sei einerseits, dass die Antragsteller:innen behaupteten, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in ihren Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für die Antragsteller:innen tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden sei. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation sei also, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreife und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletze. Darüber hinaus sei es erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre der Antragsteller:innen unmittelbar eingreife. Ein derartiger Eingriff sei nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt sei, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen der Antragsteller:innen nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtige und wenn den Antragsteller:innen kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung stehe.

In seiner Vorjudikatur (VfSlg. 13.577/1993) habe der VfGH in einem ähnlich gelagerten Fall zu UsA im Tiroler Landtag eine hinreichende Darlegung einer unmittelbaren und aktuellen Betroffenheit angenommen: In diesem Fall hätten die Antragsteller:innen zum einen ein Teilnahmeinteresse an gegenwärtigen und künftigen UsA des Landtages dargelegt und zum anderen sei – nach Beendigung des zum Zeitpunkt der Antragstellung laufenden UsA – in der Folge wieder ein (anderer) UsA eingerichtet worden, der zum Zeitpunkt der Entscheidung des VfGH noch bestanden habe. Aus diesen Gründen sei die angefochtene generelle Norm auch im Zeitpunkt der Entscheidung des VfGH für die Antragsteller:innen wirksam gewesen. 

Für den VfGH sei in der Vorjudikatur somit nicht nur maßgeblich gewesen, dass sich das Teilnahmeinteresse der Antragsteller:innen – nach der Auflösung eines bestimmten UsA – auf UsA des Tiroles Landtages überhaupt erstreckt habe, sondern er habe es auch für ausschlaggebend gehalten, dass in der Folge ein derartiger Ausschuss eingerichtet worden sei, der zum Entscheidungszeitpunkt noch bestanden habe.

Darin liege der entscheidende Unterschied zum vorliegenden Fall: Die Antragsteller:innen hätten hier – nach Beendingung des "COFAG-UsA" und des "ROT-BLAUER Machtmissbrauch-UsA" jeweils am 3. Juli 2024 – zwar auch ihr Interesse an der Teilnahme an weiteren UsA des Nationalrates bekundet, solche Ausschüsse seien derzeit jedoch nicht eingerichtet.

Die angefochtenen Bestimmungen seien daher für die Antragsteller:innen derzeit nicht wirksam, sodass sich ihr Antrag schon aus diesem Grund als unzulässig erweise.

Vgl. zu diesem Verfahren den Volltext der Entscheidung.