Fachinfos - Judikaturauswertungen 12.04.2021

U-Ausschuss: Vorlage von E-Mails und Daten

Sachverhalt

Nach mehrmaligem Verlangen auf Vorlage näher bezeichneter Akten und Unterlagen an den Ibiza-Untersuchungsausschuss (UsA) wurde der Bundesminister für Finanzen am 13. Jänner 2021 von Seiten des UsA noch einmal aufgefordert, binnen zwei Wochen die begehrten Daten vorzulegen. Mit Schreiben vom 29. Jänner 2021 teilte der Bundesminister für Finanzen dem UsA sodann mit, er habe sämtliche im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehenden Akten und Unterlagen übermittelt; eine Vorlageverpflichtung bestehe nur in diesem Umfang. Daten, die für den Untersuchungsgegenstand nicht relevant seien, könnten schon aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht vorgelegt werden. Mailboxen, Daten etc. von Mitarbeiter/inne/n, deren Dienstverhältnis beendigt sei, seien in Übereinstimmung mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen gelöscht worden und könnten daher auch nicht vorgelegt werden. Dagegen begehrten Mitglieder des Untersuchungsausschusses am 11. Februar 2021 mittels Antrag an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Feststellung, dass der Bundesminister für Finanzen verpflichtet sei, dem UsA „vollständige E-Mail-Postfächer sowie lokal oder serverseitig gespeicherte Dateien der Bediensteten“ einer näher bezeichneten Abteilung sowie von näherbezeichneten „Bediensteten des BMF empfangene E-Mails aus dem Untersuchungszeitraum vorzulegen“.

Entscheidung des Verfassungs­gerichtshofes

Der VfGH stellte zunächst eine teilweise Unzulässigkeit des Antrages fest und wies diesen daher in zwei Punkten zurück. Zum einen bestehe im Hinblick auf rein private Dateien und Kommunikation keine (aktuelle) Meinungsverschiedenheit. Dies sei deshalb der Fall, weil die Antragsteller/innen erstmals in der Begründung ihres Antrages an den VfGH davon ausgegangen seien, dass es ausgeschlossen werden könnte, dass sich in dienstlichen E-Mail-Postfächern reine Privatangelegenheiten finden könnten. Sie begehrten daher zum ersten Mal im verfassungsgerichtlichen Verfahren die Vorlage „vollständiger“ Postfächer; dies hätten sie dem Bundesminister für Finanzen bislang aber nicht zur Kenntnis gebracht. Zum anderen bestehe im Hinblick auf Emails und Daten, die dem UsA unbestritten bereits vorgelegt worden seien, schon aus diesem Grund keine Vorlageverpflichtung mehr.

In der Sache lag die Entscheidung des VfGH dann im Wesentlichen auf der Linie der jüngsten Vorjudikatur (vgl. insbesondere VfGH 2.12.2020, UA 3/2020). Der VfGH nahm daher wie bereits zuvor an, er habe ausschließlich zu beurteilen, ob die teilweise oder gänzliche Ablehnung der Vorlage von Akten und Unterlagen aus den gegenüber dem UsA vorgebrachten Gründen zu Recht erfolgt sei oder nicht. Eine Ablehnung der Vorlage von Akten und Unterlagen durch ein informationspflichtiges Organ unter Berufung auf den Umfang des Untersuchungsgegenstandes, wie sie hier durch den Bundesminister für Finanzen erfolgte, erfordere von diesem zum einen die Behauptung, dass der sachliche Geltungsbereich von Art. 53 Abs. 3 B-VG mangels Vorliegens eines Zusammenhanges mit dem Untersuchungsgegenstand nicht gegeben sei, zum anderen aber auch eine auf die einzelnen Akten und Unterlagen näher bezogene, substantiierte Begründung für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz der nicht vorgelegten Akten und Unterlagen.

Dieser Behauptungs- und Begründungspflicht sei zudem – auch insoweit entschied der VfGH auf der Linie seiner Vorjudikatur (vgl. wiederum insbesondere VfGH 2.12.2020, UA 3/2020) – bereits gegenüber dem UsA und nicht erst im Verfahren vor dem VfGH diesem gegenüber nachzukommen.

Da der Bundesminister für Finanzen im vorliegenden Fall nur seiner Behauptungs-, nicht aber seiner Begründungspflicht gegenüber dem UsA entsprochen habe, sei er verpflichtet, diesem die in Rede stehenden Akten und Unterlagen vorzulegen.

Soweit der Bundesminister für Finanzen vorbringe, begehrte E-Mails seien teilweise nach Beendigung des Dienstverhältnisses der betreffenden Mitarbeiter/innen gelöscht worden und könnten aus diesem Grund nicht vorgelegt werden, stehe auch dies einer Verpflichtung zur Vorlage nicht entgegen. Ob und inwieweit das vorlagepflichtige Organ faktisch nicht in der Lage sein sollte, seiner Vorlageverpflichtung an den UsA nachzukommen, ändere am Bestehen der Verpflichtung nichts. Der VfGH ging aus diesem Grund davon aus, dass der Bundesminister für Finanzen auch diese Akten und Unterlagen vorlegen muss.

Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidung.