Fachinfos - Judikaturauswertungen 07.02.2023

Untersuchungsausschuss: Aussageverweigerung zu 13 Fragen – Beugestrafe

Das Bundesverwaltungsgericht hatte über die mehrfache Verweigerung der Aussage vor dem Untersuchungsausschuss und die damit verbundene Höhe der Beugestrafe zu entscheiden (07. Februar 2023)

BVwG 1.12.2022, W279 2262068-1

In ihrer Befragung vor dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss (UsA) verweigerte eine Auskunftsperson zu allen 27 gestellten Fragen die Aussage. Der Vorsitzende des UsA beantragte daraufhin beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Verhängung von Beugestrafen. Das BVwG erachtete die Aussageverweigerung in 13 Fällen für nicht gerechtfertigt. Es entschied, dass die Beugestrafe nicht pro Frage, sondern für die gesamte Aussageverweigerung in dieser Befragung zu verhängen ist.

Sachverhalt

Eine vor den UsA geladene Auskunftsperson verweigerte in ihrer Befragung zu sämtlichen Fragen die Aussage. Sie berief sich dabei jeweils auf die Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung und verwies auf das gegen sie geführte Strafverfahren. Die einzelnen Themenkomplexe des Verfahrens seien nicht voneinander trennbar.

Die Vorsitzenden-Vertreterin entschied nach Beratung mit dem Verfahrensrichter in jedem dieser 27 Fälle, dass die Aussageverweigerung nicht gerechtfertigt sei. Dies gelte besonders im Hinblick auf jene Themenkomplexe, zu denen die Einvernahme bereits abgeschlossen sei. Die Auskunftsperson verweigerte jedoch in allen Fällen fortgesetzt die Aussage.

Der Vorsitzende des UsA beantragte daher beim BVwG die Verhängung von Beugestrafen (§ 45 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 2 VO-UA). Im Antrag wies er darauf hin, dass offen sei, ob die Verhängung für jede einzelne Frage oder nur pro Themenkomplex zulässig ist.

Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Das BVwG erachtete den Antrag für zulässig: Da eine weitere Ladung der Auskunftsperson bereits beschlossen wurde und eine Verlängerung der Dauer des UsA möglich sei, bilde die Beugemaßnahme weiterhin ein zweckmäßiges Mittel zur Erreichung des Ziels, nämlich eine Aussage der Auskunftsperson vor dem UsA.

In der Sache hielt das BVwG zunächst fest, dass Aussageverweigerungsgründe nur zu einer konkreten Fragestellung und nicht zu einem ganzen Beweisthema ins Treffen geführt werden können.

Die Regelung des § 43 Abs. 1 Z 1 VO-UA (betreffend Aussageverweigerung bei Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung) sei verfassungskonform so zu verstehen, dass sie eine Auskunftsperson auch vor einer Selbstbelastung über die bisherige Aussage hinaus schützt – auch wenn dies aus dem Wortlaut der Bestimmung nicht explizit hervorgeht (im Unterschied zu § 157 Abs. 1 Z 1 StPO).

In der Folge prüfte das BVwG zu jeder einzelnen Fragestellung, ob die Aussageverweigerung gerechtfertigt war oder nicht. In 13 von 27 Fällen kam es zum Ergebnis, dass die Verweigerung der Aussage nicht gerechtfertigt war. Dies betraf insbesondere Fragen, die nach Ansicht des BVwG mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden konnten, ohne sich der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung auszusetzen.

Zur Strafbemessung führte das BVwG aus, dass § 55 Abs. 2 VO-UA für den Fall der ungerechtfertigten Verweigerung der Aussage eine Geldstrafe bis zu € 1.000,- vorsieht. Diese Bestimmung stelle nicht auf die Verweigerung der Beantwortung einer einzelnen Frage ab, sondern auf die Verweigerung in ihrer Gesamtheit. Würde man die Strafhöhe von der Anzahl der nicht beantworteten Fragen abhängig machen, wäre die mögliche Strafhöhe nur durch die Anzahl an Fragen begrenzt, die man einer Auskunftsperson in vier Stunden stellen kann. Da im vorliegenden Fall 27 Fragen gestellt wurden, wäre bei dieser Lesart ein Strafrahmen bis zu € 27.000,- denkbar. Eine solche Auslegung sei der Gesetzessystematik nicht zu entnehmen. Es sei dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen, dass eine Auskunftsperson, die zur Befragung erscheint und sich der Aussage verweigert, härter zu bestrafen sei als eine Auskunftsperson, die nicht einmal zur Befragung erscheint. Daher beziehe sich der Strafrahmen auf die gesamte Verweigerung der Aussage in der Sitzung des UsA. Im konkreten Fall verhängte das BVwG eine Beugestrafe in Höhe von € 800,-.

Vgl. zu diesem Verfahren den Volltext der Entscheidung.