Fachinfos - Judikaturauswertungen 27.01.2021

Unzureichende Begründung der Ablehnung eines Ladungsverlangens

Ibiza-Untersuchungsausschuss: Ladung der ehemaligen Politikerin Glawischnig als Auskunftsperson wirksam. VfGH 18.1.2021, UA 4/2020.

Sachverhalt

In der 27. Sitzung des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss, im Folgenden: UsA) am 3. Dezember 2020 verlangten fünf Abgeordnete der ÖVP-Fraktion (und somit mehr als ein Viertel der 13 Mitglieder des UsA) schriftlich, die ehemalige Dritte Nationalratspräsidentin, Abgeordnete, Bundessprecherin und Klubobfrau der Grünen und nunmehrige Head of Corporate Responsibility & Sustainability der Novomatic AG, Dr. Eva Glawischnig, als Auskunftsperson zu laden. Die Mehrheit des UsA beschloss daraufhin, den sachlichen Zusammenhang dieses Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand zu bestreiten.

Die fünf ÖVP-Abgeordneten, die das Verlangen auf Ladung gestellt hatten, beantragten in der Folge vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH), diesen Beschluss des UsA gemäß Art. 138b Abs. 1 Z 5 B-VG für rechtswidrig zu erklären.

Entscheidung des Verfassungs­gerichtshofs

Der VfGH gab dem Antrag statt und führte aus, dass die Mehrheit des UsA es unterlassen hatte, substantiierte und nachvollziehbare Gründe für die Ablehnung des Ladungsverlangens vorzubringen.

Denn um dem VfGH – auch angesichts der gebotenen kurzen Entscheidungsfrist – eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses zu ermöglichen, habe die Mehrheit ihren Beschluss „mit hinreichender Deutlichkeit auf eine nachvollziehbare Begründung zu stützen“. Die Gründe müssten aus dem Abstimmungsergebnis bzw. dem Beschluss im UsA ersichtlich sein und könnten nicht den Mutmaßungen des VfGH überlassen werden. Eine pauschale Bestreitung des sachlichen Zusammenhangs zwischen dem Verlangen auf Ladung einer Auskunftsperson und dem Untersuchungsgegenstand reiche jedenfalls nicht aus. Vielmehr bestehe eine auf die jeweilige Auskunftsperson bezogene, substantiierte Begründungspflicht, aus welchen Gründen einer verlangten Ladung aufgrund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses keine (auch nur potentiell abstrakte) Relevanz im Vergleich zu gleichwertigen Beweisen wie Akten und Unterlagen zukomme.

Angesichts der mangelnden Begründung durch die Mehrheit des UsA sei deren Beschluss, mit dem der sachliche Zusammenhang des Verlangens auf Ladung von Dr. Eva Glawischnig als Auskunftsperson mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wurde, rechtswidrig. Die Ladung von Dr. Glawischnig als Auskunftsperson in den UsA wurde daher mit der Feststellung des VfGH wirksam (§ 29 Abs. 4 VO-UA).

Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidung.