Der EGMR stellte fest, dass Kandidat/inn/en durch eine rechtzeitige Registrierung die Möglichkeit erhalten, während des Wahlkampfes ihre Botschaft zu vermitteln. Gleichzeitig bekämen dadurch auch die Wähler/inn/en alle notwendigen Informationen, um am Tag der Wahl eine freie Entscheidung treffen zu können.
Der erste und der zweite Beschwerdeführer hätten nur einen bzw. drei ganze Tage für die Wahlwerbung übrig gehabt, während dem dritten Beschwerdeführer praktisch keine Zeit mehr geblieben sei.
Obwohl die drei Beschwerdeführer letztendlich als Kandidaten registriert worden waren, sah der EGMR in der Verweigerung der Registrierung und dem folgenden Verfahrensgang Parallelen zu früheren Verfahren, in denen er Defizite im aserbaidschanischen Wahlverfahren festgestellt hatte.
Diverse verfahrensrechtliche Fristen und Schritte im Rechtsmittelverfahren würden Überschneidungen der Beschwerdeverfahren mit der Wahlkampfphase zulassen. Da die Wahlkampfphase 2010 sogar noch verkürzt worden sei, sei es für die Beschwerdeführer umso wichtiger gewesen, rasche Entscheidungen zu erlangen.
Die Verzögerungen in den Rechtsmittelverfahren seien den Wahlbehörden und Gerichten zuzurechnen. Diese hätten ihre Entscheidungen mehrmals verspätet getroffen und dabei zum Teil auch gegen die gesetzlich vorgesehene Entscheidungsfrist verstoßen.
In den vorliegenden Fällen gehe es nicht um die Beschränkung von Wahlwerbung oder Medienpräsenz an sich, sondern um das subjektive Recht der Beschwerdeführer, frei und effektiv und unter fairen und demokratischen Bedingungen zu kandidieren. Da die Registrierung so kurz vor der Wahl erfolgt sei, hätten sie keinen vernünftigen Zeitraum für effektive Wahlwerbung zur Verfügung gehabt. Diese Situation sei durch die Defizite im Registrierungsprozess (einem Mangel an Vorkehrungen gegen Willkür) und die verzögerten Rechtsmittelverfahren verursacht worden.
Das subjektive Wahlrecht der Beschwerdeführer sei dadurch in einem solchen Ausmaß beschnitten und seine Wirksamkeit derart beeinträchtigt worden, dass Art. 3 des 1. ZPEMRK verletzt worden sei. Bei diesem Ergebnis sei es nicht erforderlich, die Beschwerden auch im Hinblick auf Art. 13 EMRK zu prüfen.
Darüber hinaus sprach der EGMR aus, Aserbaidschan habe seine Pflichten gemäß Art. 34 EMRK nicht erfüllt, da beim Anwalt des zweiten und dritten Beschwerdeführers Unterlagen betreffend die anhängigen Verfahren beschlagnahmt worden waren. Dies habe die beiden Beschwerdeführer in der Ausübung ihrer Rechte zur Erhebung einer Individualbeschwerde an den EGMR behindert.
Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidung (jeweils in englischer Sprache).