Hinweis: Dieses Fachdossier wurde erstmals am 22.11.2019 veröffentlicht und anlässlich der Neuauflage des KODEX Parlamentsrecht, der die gesetzlichen Berichtspflichten aufzählt, am 19.09.2025 umfassend aktualisiert.
Welche Berichte werden dem Parlament vorgelegt?
Fast 100 Gesetze verpflichten die Bundesregierung (BReg) und ihre Mitglieder, regelmäßig (meist jährlich) oder auch einmalig, Berichte über bestimmte Angelegenheiten der Vollziehung an den Nationalrat (NR) und — jedoch deutlich seltener — an den Bundesrat (BR) zu erstatten. Auch die Hilfsorgane des Parlaments, der Rechnungshof und die Volksanwaltschaft, berichten an das Parlament. Mittels Entschließungen kann der NR und BR die BReg außerdem um spezielle Berichte ersuchen, z. B. über die Evaluierung eines Gesetzes. Die BReg kann jederzeit auch aus eigener Initiative Berichte an das Parlament erstatten.
Berichte haben den Zweck die Mandatar:innen über die Tätigkeit der Organe der Vollziehung zu informieren. Dazu zählen neben den Bundesministerien z. B. auch Regulatoren wie die E-Control. Sie geben einen Überblick über aktuelle Entwicklungen und Fallbeispiele, zeigen welche Vorhaben in einem bestimmten Bereich geplant sind und welche Maßnahmen tatsächlich umgesetzt wurden. Damit dienen sie einerseits der parlamentarischen Kontrolle, andererseits aber auch der Vorbereitung auf mögliche Gesetzesinitiativen und zeigen (neuen) Regulierungsbedarf auf. Sie bilden somit auch eine wichtige Grundlage für evidenzbasierte Gesetzgebung (siehe das Fachdossier "Was ist evidenzbasierte Gesetzgebung?"). Sie bringen (wiederkehrend) bestimmte Themen in das parlamentarische Verfahren, damit in die öffentliche Debatte und stehen auch der interessierten Öffentlichkeit, etwa Medienvertreter:innen, als Informationsquelle zur Verfügung.
Die parlamentarische Behandlung von Berichten
Berichte an den Nationalrat werden in den meisten Fällen nur im Ausschuss debattiert. Dafür gibt es eigene (verkürzte) Verfahren: Im Regelfall wird ein Bericht im Ausschuss enderledigt, also nicht nur vorberaten, sondern abschließend behandelt. Der Nationalrat (das Plenum) debattiert nur über ausgewählte Berichte (eine Ausnahme bilden aber die Berichte des Rechnungshofs, die immer im Nationalrat behandelt werden). Die Debatte im Plenum muss entweder im Ausschuss aus wichtigen Gründen beschlossen oder von einem Klub verlangt werden (§ 28b Abs. 4 GOG-NR). Die Geschäftsordnung des Bundesrats kennt hingegen keine Enderledigung im Ausschuss, daher wird dort immer auch im Plenum über Berichte (und andere Gegenstände) verhandelt. Abgestimmt wird schließlich, sowohl im NR als auch BR, immer über die Zurkenntnisnahme eines Berichts.
Debatten über Berichte sind in den Ausschüssen des Nationalrates immer öffentlich. Damit ist die verfassungsrechtlich vorgesehene Öffentlichkeit parlamentarischer Verfahren gewahrt (§ 28 Abs. 2 iVm. § 37a Abs. 1 Z 1 GOG-NR). Nur für Rechnungshofberichte gilt, dass die Öffentlichkeit beschlossen werden muss (§ 37a Abs. 1 Z 5 GOG-NR).
Im Ausschuss diskutieren die Abgeordneten mit dem zuständigen Mitglied der BReg und häufig auch mit Vertreter:innen der Organe oder Organisationseinheiten, die den Bericht vorbereitet haben. Wird ein Bericht auch im Nationalrat behandelt, kann der vorberatende Ausschuss auch einen selbständigen Antrag auf Erlassung von Gesetzen oder die Fassung einer Entschließung stellen, der mit dem Bericht im inhaltlichen Zusammenhang steht (§ 27 GOG-NR). In der Plenardebatte können Abgeordnete unselbständige Entschließungsanträge einbringen.
Besondere Berichtspflichten
Seit 2002 hat die BReg das Parlament jährlich über Vorhaben der Europäischen Union informiert. Mit der Lissabon-Begleitnovelle wurde dann eine Berichtspflicht im Bundes-Verfassungsgesetz verankert, nach der die Bundesminister:innen dem NR und BR jährlich über die in ihrem Ressort zu erwartenden Vorhaben des Rates und der Europäischen Kommission sowie über die voraussichtliche österreichische Position dazu berichten (Art. 23f Abs. 2 B-VG). Die Behandlung dieser Berichte im Nationalrat muss innerhalb von zwei Monaten ab Zuweisung an den Ausschuss erfolgen. Mitglieder des Europäischen Parlaments können der Verhandlung im Ausschuss beigezogen werden (§ 37 Abs. 2a GOG-NR).
Berichte an den Budgetausschuss
Manche Gesetze sehen vor, dass der bzw. die Bundesminister:in für Finanzen Berichte unmittelbar dem Budgetausschuss zu übermitteln hat. Dadurch entfällt die sonst notwendige Zuweisung an einen Ausschuss durch den bzw. die Präsident:in des National- oder Bundesrats. So sieht das Bundeshaushaltsgesetz (BHG) u. a. vor, dass zweimal jährlich ein "Beteiligungs- und Finanzcontrollingbericht" bzgl Gesellschaften, an denen der Bund beteiligt ist und die seiner Aufsicht unterliegen, dem Budgetausschuss vorzulegen ist (§ 67 Abs. 4 BHG).
Worüber informieren Berichte?
Manche Berichtsinhalte kommen in unterschiedlichen Bereichen vor, sodass sie sich als geradezu typisch kategorisieren lassen. So gibt es unterschiedliche Berichte über staatliche Subventionen und deren Effekte (etwa der Förderungsbericht), über die Einkommenssituation in bestimmten Branchen (so der Grüne Bericht zur Situation der Land- und Forstwirtschaft) oder zur Umweltsituation anhand von Kennziffern (bspw. der Fortschrittsbericht nach § 6 Klimaschutzgesetz über die Einhaltung der festgelegten Treibhausgasemissionen). Oft sind auch besonders sensible Verwaltungsmaßnahmen berichtspflichtig, so z.B. erteilte Weisungen durch den bzw. die Bundesminister:in für Justiz (siehe Weisungsbericht). Etliche Berichte stehen im Zusammenhang mit der Haushaltsführung (so der Bericht des Fiskalrats über die öffentlichen Finanzen zur Einschätzung der gegenwärtigen und zukünftigen finanzpolitischen Lage). Auch über gesellschaftliche Entwicklungen, wie über den Rechtsextremismus in Österreich, wird berichtet (siehe zum Rechtsextremismusbericht auch die Parlamentskorrespondenz 320/2025).
Wie viele Berichte werden auf welcher Grundlage erstattet?
Aktuell sehen 96 Gesetze Berichtspflichten vor (vgl. KODEX Parlamentsrecht 2025/26). So wurden in der XXVII. GP aufgrund dieser gesetzlichen und auf Basis anderer rechtlicher Verpflichtungen (wie etwa der Statuten internationaler Organisationen) 267 Berichte an den Nationalrat übermittelt. 47 Berichte wurden aus Eigeninitiative der BReg, 41 weitere aufgrund von Entschließungsanträgen des Nationalrats erstattet.
Gerade in dieser GP zeigt sich, wie Berichte die parlamentarische Kontrolle unterstützen: Im Zusammenhang mit den staatlichen Unterstützungsleistungen in der Covid‑19-Pandemie wurden auch viele neue Berichtspflichten beschlossen, um den Parlamentarier:innen die Kontrolle der Mittelverwendung zu ermöglichen. Allein 514 solcher Berichte wurden dem Nationalrat in derselben GP vorgelegt. Unzählige weitere wurden direkt an den Budgetausschuss übermittelt (siehe dazu etwa die monatliche Berichtspflicht nach § 3 Abs. 5 COVID-19 Fondsgesetz).
Welche Bereiche werden thematisch behandelt?
Inhaltlich behandeln Berichte unterschiedlichste Bereiche. Die folgende Grafik veranschaulicht aus welchen die meisten Berichte an den NR in der XXVII. GP stammten.
Die Bereiche sind Verkehr (12 %), Sicherheit und Gerichtsbarkeit (10 %), Bildung (8 %), Umwelt (8 %), Wirtschaft und Wettbewerb (7 %), Öffentliche Finanzen (7 %), Forschung, Innovation und Digitalisierung (5 %), Arbeit und Soziales (5 %), Land- und Forstwirtschaft (5 %) und Sonstiges (34 %).
Rechnungshofberichte und Berichte der Volksanwaltschaft
Der Rechnungshof hat dem Nationalrat über jede Gebarungskontrolle, die ihm der Nationalrat beauftragt oder um die er von der BReg mit Begründung ersucht wurde, zu berichten (§ 1 Abs. 4 Rechungshofgesetz). Außerdem hat er dem Nationalrat jährlich einen Tätigkeitsbericht zu erstatten. Verfassungsrechtlich ist vorgegeben, dass die Berichte des Rechnungshofes im Rechnungshofausschuss behandelt werden (Artikel 126d B-VG).
Die Volksanwaltschaft kann dem Parlament über ihre Wahrnehmungen Sonderberichte erstatten. Außerdem hat sie ebenfalls dem National- und Bundesrat jährlich über seine Tätigkeit zu berichten (Artikel 148d B-VG).
Quellenauswahl
- Alle gesetzlichen Berichtspflichen finden sich in der neuen, 3. Auflage des KODEX Parlamentsrecht (Stand 01.09.2025) in Kapitel 20 (Berichtspflichten an den Nationalrat und den Bundesrat) und in einigen Gesetzen anderer Kapitel (z. B. Kapitel 23, Auszug DatenschutzG).
- Lödl et al, Bundeshaushaltsrecht, Anhang 1 (2019) (Übersicht aller BHG-Berichte an den Nationalrat und den Budgetausschuss).