Zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Mitglieder von Parlamenten tragen verschiedene Aspekte bei, die Gegenstand wissenschaftlicher Debatten sind. Beispielsweise wird untersucht, ob sich die eigene "Betroffenheit" (also wenn ein:e Abgeordnete:r selbst Kinder hat) auf Inhalte bzw. Schwerpunktsetzung der eigenen politischen Tätigkeit auswirkt (z. B. Stensota 2018). Andere Studien analysieren, ob bzw. wie sich das Elternsein darauf auswirkt, wie (mögliche) Abgeordnete im Wahlkampf rezipiert werden (z. B. Stalsburg 2010). Aus demokratiepolitischer Sicht besonders interessant ist die Frage, ob sich Herausforderungen in der Vereinbarkeit von Abgeordnetenberuf und Familie unterschiedlich auf Frauen und Männer auswirken (z. B. Erikson & Verge 2022; Joshi & Goehrung 2021). In wissenschaftlichen Studien wurden vergleichsweise mehr Einschränkungen identifiziert, die sich auf die politischen Karrieren von Frauen und in weiterer Folge auch auf die Repräsentation von Frauen in Parlamenten auswirken können (z. B. Erikson & Josefsson 2022; Stalsburg 2010).
Die "Wahrnehmung der Unvereinbarkeit" (Allen et al. 2016, S. 550; eigene Übersetzung) im Zusammenhang von Abgeordnetenberuf und Kindern gepaart mit der Tatsache, dass die Betreuung von Kindern nach wie vor überwiegend als Aufgabe von Frauen verstanden wird, ruft nach familienfreundlicheren Rahmenbedingungen, nicht nur, aber auch als Mittel zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern (vgl. McKay 2011).
Dabei gehe es nicht nur darum, dass ein bestimmter Anteil von Abgeordneten in Parlamenten weiblich ist, sondern auch darum, wer welche Rollen einnimmt. Die Rahmenbedingungen müssen es in gleichem Maße auch Frauen ermöglichen, eine kontinuierliche Karriere im Parlament anzustreben, weil es Zeit benötigt, um sich sowohl die notwendige Expertise als auch politische Unterstützung zu erarbeiten. Untersuchungen dazu, wie sich die Dauer politischer Karrieren im Parlament, z. B. infolge eines späteren Einstiegs in das parlamentarische Geschehen, im Verhältnis zum Einfluss der Abgeordneten auswirkt, finden sich z. B. bei Lawless und Theriault (2011), Vanlangenakker et al. (2013) oder, anhand eines Vergleichs von 78 Parlamenten, bei Joshi und Och (2019). Daraus wird z. B. ersichtlich, dass nur sehr langsam auch mehr Frauen, die jünger als 40 Jahre alt sind, den Abgeordnetenberuf ergreifen.
Politik als Beruf könnte demnach für jüngere Frauen attraktiver werden, wenn entsprechende Rahmenbedingungen die Vereinbarkeit von Abgeordnetenberuf und Kinderbetreuung erleichtern. Wissenschaftliche Betrachtungen stellen aber auch fest, dass sich Diskussionen auf politischer Ebene oft noch gar nicht um die konkrete Ausgestaltung bestimmter Regelungen drehen, sondern um viel Grundlegenderes. Einerseits gibt es unterschiedliche Ansichten dazu, inwiefern Parlamente überhaupt denselben Logiken wie andere Arbeitsplätze und -verhältnisse unterliegen. Andererseits wird diskutiert, wie sich folgendes Spannungsfeld auflösen lässt: Die verfassungsrechtliche Tatsache, dass ein politisches Mandat an eine Person gebunden ist (mehr dazu siehe unten), steht der gesellschaftspolitischen Realität gegenüber, dass sich die fehlende Möglichkeit, sich vertreten zu lassen, in einer Benachteiligung von Frauen niederschlägt (vgl. Bußjäger 2010, S. 48).