Der VfGH hielt alle vier Anträge für unzulässig:
Dem ersten Anfechtungswerber habe die Legitimation gefehlt (W I 6/2022), weil er die Wahl im eigenen Namen und nicht als zustellungsbevollmächtigter Vertreter eines dem Gesetz entsprechenden Wahlvorschlages angefochten habe. Außerdem habe der Anfechtungswerber auch nicht behauptet, der Bundeswahlbehörde einen Wahlvorschlag vorgelegt zu haben.
Der VfGH hielt zur zweiten Anfechtung fest (W I 9/2022), dass Wahlvorschläge für die Wahl des Bundespräsidenten von „6 000“ Personen, die am Stichtag in die Wählerevidenz eingetragen und wahlberechtigt waren, unterstützt sein müssen. Es bestünden keine Zweifel, dass mit dem im Gesetzestext verwendeten Zahlenbegriff sechstausend Unterstützungserklärungen gemeint sind. Fehle es an der erforderlichen Anzahl von Unterstützungserklärungen, so gelte der Wahlvorschlag als nicht eingebracht, wenn der Aufforderung nicht entsprochen werde, diesen Mangel binnen drei Tagen zu beheben. Der Anfechtungswerber habe einen Wahlvorschlag mit lediglich 125 Unterstützungserklärungen vorgelegt und sei auch der Aufforderung, den Mangel zu beheben, nicht nachgekommen. Der VfGH erachtete keine Verletzung von Wahlgrundsätzen (insb. durch die Notwendigkeit der Vorlage von Unterstützungserklärungen und der Entrichtung eines Kostenbeitrages). Da er keinen entsprechenden Wahlvorschlag vorgelegt hatte, habe die Bundeswahlbehörde seinen Wahlvorschlag zu Recht als nicht eingebracht gewertet und ihn auch nicht veröffentlicht. Die Anfechtung der Wahl sei daher mangels Legitimation zurückzuweisen.
Dem VfGH zufolge war auch die dritte Anfechtung mangels Legitimation des Anfechtungswerbers zurückzuweisen (W I 10/2022). Der Anfechtungswerber hatte einen Wahlvorschlag vorgelegt, ohne den erforderlichen Beitrag zu den Kosten des Wahlverfahrens in der Höhe von € 3.600,‑ entrichtet zu haben. Ein derartiger Mangel sei nicht verbesserungsfähig. Die Bundeswahlbehörde habe daher zu Recht den Wahlvorschlag nicht veröffentlicht.
Die vierte Anfechtung erachtete der VfGH als verspätet (W I 11/2022). Die Anfechtung einer Wahl sei innerhalb einer Woche vom Tag der Verlautbarung des Wahlergebnisses beim VfGH einzubringen. Die Frist berechne sich nach der Nationalrats‑Wahlordnung 1992, wonach unter anderem die Tage des Postlaufes in die Frist einzurechnen sind. Das beim VfGH am 28. Oktober 2022 eingelangte Anbringen sei daher verspätet gewesen. Der VfGH sah – vor dem Hintergrund des Falles – keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die mit einer Woche kurz bemessene Frist.
Vgl. zu diesen Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidungen zu W I 6/2022, W I 9/2022, W I 10/2022, W I 11/2022.