Stellungnahme zu 3077/A (276637/SN)

Stellungnahme

Stellungnahme betreffend den Antrag 3077/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung der Stiftung Forum Verfassung erlassen wird

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Sehr geehrte Damen und Herrn!

Die Abgeordneten Wolfgang Gerstl, Jörg Leichtfried, Agnes Sirkka Prammer, Nikolaus Scherak haben einen Initiativantrag zur Errichtung einer Stiftung zur Vermittlung von Wissen und zur Bewusstseinsbildung in Angelegenheiten der österreichischen Bundesverfassung und der Verfassungsgerichtsbarkeit eingebracht.
Entsprechend der Vorlage soll die Stiftung gemeinnützig (also zum Wohle der Gemeinschaft) geführt werden und soll die Bedeutung und Inhalte der Verfassung sowie einer unabhängigen Verfassungsgerichtsbarkeit als Fundament unserer Demokratie (und damit unseres Zusammenlebens) vermitteln. Diese ehrbaren Ansätze sollen durch bewusstseinsbildende Aktivitäten, Ausstellungen, Veranstaltungen, wissenschaftlichen Arbeiten und der Verleihung eines Preises umgesetzt werden.
Die angedachte Stiftung soll mit einem Startbetrag von 710.000,00 Euro und einer jährlichen Zuwendung von mindestens 700.000,00 Euro (indexgesichert) ausgestattet werden.


Dazu ist anzumerken, dass die Vermittlung von Wissen im Aufgabenbereich der zuständigen Institutionen im Bildungsbereich liegt und im Zuge von Bildungsveranstaltungen für Schüler und Erwachsene bereits wahrgenommen werden.
Für die Bewusstseinsbildung sind die gewählten Volksvertreter persönlich (durch Vorbildwirkung) sowie der öffentlich-rechtliche Rundfunk (Stichwort Bildungsauftrag) bereits zuständig.
Die Publik Relations der Verfassungsgerichtsbarkeit wird derzeit bereits vom Verfassungsgerichtshof hervorragend umgesetzt (Stichwort 100-Jahre Verfassung).
Da die Aufgaben, welche von der angedachten Stiftung wahrgenommen werden sollen also bereits anderen staatlichen Institutionen zugeteilt sind, entsteht eher der Anschein, es solle eine Stelle geschaffen werden, über die - ohne parlamentarische Kontrolle - ein beachtliches jährliches Budget zur freien Ausschüttung gelangt. Auch der Anschein einer intransparenten und öffentlich verpönten „Medienförderung“ ist naheliegend.

Der Verfassungsgerichtshof weist in seinem jährlichen Tätigkeitsbericht eine enorme Anzahl (ca. 5500) von erledigten Fällen aus, die aufgerechnet auf die zur Verfügung stehenden 40 verfassungsrechtlichen Mitarbeiter keine lange Bearbeitungszeit erlauben. Den vierzehn im Senat entscheidenden Verfassungsrichtern bleiben gar nur einige Minuten pro Fall. In dieser Zeit kann nicht jeder Fall ordentlich abgearbeitet werden, daher ist es naheliegend, dass die Mitarbeiter beim Verfassungsgericht möglichst viele Fälle ab-, zurück- oder sonst wohin weisen.
Dementsprechend hat sich in den vergangenen Jahren beim Verfassungsgerichtshof zum Beispiel die Praxis eingeschlichen, dass eine eingebrachte Beschwerde (betreffend B-VG Art. 18 „Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.“) dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wird, da der VfGH über (Standardfloskel:) „eine Rechtsverletzung nur in Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes“ nicht entscheiden möchte.
Da auch der Verwaltungsgerichtshof zu wenig Ressourcen hat weist dieser die abgetretenen Fälle - ohne Sachbearbeitung / Entscheidung - mit angeblichen Formalgebrechen in der Folge zurück.

Das Vertrauen der Bevölkerung in die Verfassung, die Verfassungsgerichtsbarkeit und daher in den Rechtsstaat kann mit Werbemaßnahmen nur bedingt gefestigt werden, solange der rechtsunterworfene Bürger sich durch derartige Verfahrensabläufe zurecht von den zuständigen Institutionen gefrotzelt fühlt.

Wäre es für unseren Rechtsstaat und das Allgemeinwohl daher nicht besser, anstelle einer – der parlamentarischen Kontrolle entzogenen - Stiftung die anscheinend freien Budgetmittel direkt dem Verfassungsgerichtshof im Zuge eines Sonderfinanzierungsgesetztes zur Verfügung zu stellen?

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie die angedachte Stiftung zu überdenken und dem Verfassungsgerichtshof jene Mittel zur Verfügung zu stellen, deren es Bedarf um die Handlungen der Hoheitsverwaltung verfassungsrechtlich überprüfen zu können.


Hochachtungsvoll



Ing. Markus Egger, MBA