Forstgesetz 1975, Änderung (8/SN-282/ME)

Stellungnahme zu Ministerialentwurf

Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Dr. Julia Rastelli, Biologin und Naturschutzorgan des Land Burgenland, gibt zur vorgeschlagenen Änderung des Forstgesetzes folgende Stellungnahme ab.

1.
Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die
“Kohlenstoffaufnahme und die Kohlenstoffspeicherung” und der “Erhalt der Biodiversität” als spezielle Elemente der Wohlfahrtswirkung und ihrer Bedeutung für die Umwelt in § 6 Abs. 2 lit. c und ersteres auch in §1 Abs 3 des Forstgesetzes verankert werden.

Die Aufnahme der genannten Elemente in die beiden Paragraphen (§ 1 Abs. 3 und §6 Abs. 2 lit c) erscheint jedoch nicht weitgehend genug, da im Gesetz nicht näher definiert wird und daher nicht nachvollziehbar ist, wie diese Ziele und Aufgaben erreicht werden sollen.

Den jeweiligen Naturschutzgesetzen der Bundesländer sollte auch im Forstgesetz voll inhaltlich Rechnung getragen werden, damit die Ziele und Aufgaben von § 1 Abs. 3 und §6 Abs. 2 lit c erfüllt werden können.

Einzuwenden ist vor allem, dass viele gängige forstwirtschaftliche Praktiken, die laut vorliegendem Forstgesetz nicht reglementiert sind, den Zielen und Aufgaben von § 1 Abs. 3 und §6 Abs. 2 lit c (der alten und der neuen vorgeschlagenen Fassung) entgegenwirken.

Es bedarf daher einer weitgehenden Änderung des Forstgesetzes, um den Zielen und Aufgaben von § 1 Abs. 3 und §6 Abs. 2 lit c gerecht zu werden.

Folgende Paragraphen des Forstgesetzes sollten geändert werden:

§ 82 (Verbot von Kahlhieben) und §85 Abs. 1 lit a (Kahlhiebe benötigen erst ab einer Größe von einem halben Hektar eine Bewilligung der Behörde)

Kahlschläge jeglicher Art haben dramatische Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt: Kahlschläge zerstören nicht nur die oberirdische Artenvielfalt, sondern sie führen auch zu schweren Schädigungen der Böden und verändern das Mikroklima. Es kommt zum Verlust der Wasserrückhaltefähigkeit und des Kohlenstoffspeichers im Boden.
Kahlschläge und die intensive Auflichtung der Kronendächer schwächen die Klimaanpassungsleistungen der Wälder und führen zu einer deutlichen Erhöhung der Umgebungstemperaturen.

Kahlschläge wirken den Zielen und Aufgaben von § 1 Abs. 3 und §6 Abs. 2 lit c entgegen und sollten daher generell verboten werden!


Folgende Paragraphen sollten dem Forstgesetz hinzugefügt werden:

Jegliche forstwirtschaftliche Praktiken, welche die Wohlfahrtswirkung des Waldes laut § 1 Abs. 3 und §6 Abs. 2 lit c beeinträchtigen können, sollten ausdrücklich per Gesetz verboten oder reglementiert werden, bzw. einer Genehmigung von Seiten der Naturschutzbehörde bedürfen.

Anbei sind forstwirtschaftliche Praktiken aufgelistet, welche laut wissenschaftlicher Studien [https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/waelder/waelder-deutschland/folgen-forstwirtschaft]
den Wald schwächen und mit den Zielen einer nachhaltigen Forstwirtschaft laut § 1 Abs. 3 und den Aufgaben der forstlichen Raumplanung laut §6 Abs. 2 lit c nicht vereinbar sind, und somit Teil der Reglementierung des Forstgesetzes sein sollten.


a) Der Einsatz von Harvestern und anderen schweren Maschinen widerspricht den Zielen und Aufgaben von § 1 Abs. 3 und §6 Abs. 2 lit c und sollte daher im Forstgesetz Beachtung finden und gesetzlich eingeschränkt werden bzw. einer Genehmigung durch die Naturschutzbehörde bedürfen.

Der Einsatz schwerer Maschinen wie Harvester führt nicht nur zu einer unmittelbaren Zerstörung von bodennahen Lebensräumen vieler geschützter Arten wie beispielsweise Amphibien und Reptilien, sondern verdichten auch den Untergrund und können ihn für Jahre unbewohnbar machen für Kleinstlebewesen, Pilze und Pflanzen.
Verdichtete Böden können Regenwasser weniger gut aufnehmen und speichern, somit geht die Funktion von Waldböden als wichtiger Wasserspeicher verloren. Die Gefahr von Hochwasser steigt.



b) Waldarbeiten wie Fällungen und Rodungen sollten nur im Winter (in der Zeit vom 1. Oktober bis 1. März) erlaubt sein, wenn die Tiere ihre Reproduktionsphasen beendet haben. Nur das garantiert, dass die biologische Vielfalt und Biodiversität laut § 1 Abs. 3 und §6 Abs. 2 lit c erhalten bleibt.

Waldarbeiten sollten grundsätzlich nur im Winter durchgeführt werden dürfen.
Momentan dürfen in Österreich Waldarbeiten (Fällungen und Rodungen) das ganze Jahr über durchgeführt werden. Waldarbeiten zwischen März und Oktober beeinträchtigen jedoch viele Tiere äußerst negativ, da sie sich in diesem Zeitraum in ihrer Reproduktionsphase befinden.

Wenn der Waldboden gefroren ist, wird er durch schwere Maschinen auch weniger verdichtet und damit weniger beschädigt.


c) Monokulturen im Wald sollten verboten werden und natürliche Mischwaldgesellschaften gefördert und gesetzlich geschützt werden.

Monokulturen widersprechen dem Ziel des Erhalts der biologischen Vielfalt und der Biodiversität (§ 1 Abs. 3 und §6 Abs. 2 lit c) und sollten daher im Forstgesetz verboten oder zumindest gesetzlich reglementiert werden.

Um die Bedeutung der Wohlfahrtsfunktion des Waldes für die Kohlenstoffaufnahme und die Kohlenstoffspeicherung tatsächlich wirksam zu machen (§6 Abs. 2 lit c), sollten Wälder mit erhöhter Kohlenstoffspeicherkapazität (wie natürliche Mischwaldgesellschaften, Auwälder und Bruchwälder) im Forstgesetz explizit gefördert und geschützt werden.

Mischwälder sind als vielfältiger Lebensraum ökologisch wertvoller als Monokulturen. Sie mildern den Klimawandel, da sie länger und besser Kohlendioxid speichern.



d) Jegliche Quellen, Wasserläufe, stehende und fließende Gewässer im Waldgebiet sollten geschützt werden.

Damit die biologische Vielfalt und die Biodiversität im Wald gewährleistet werden kann (§ 1 Abs. 3 und §6 Abs. 2 lit c), sollten diese mittlerweile selten gewordenen feuchten Lebensräume im Wald laut Forstgesetz geschützt werden.

Gewässer dienen als Lebensraum, Nahrungsquelle, Rückzugsraum und Ausbreitungskorridor für zahlreiche (geschützte) Tier- und Pflanzenarten.
Außerdem hängen auch viele wichtige Funktionen für den Menschen vom intakten ökologischen Zustand dieser Lebensräume ab, wie etwa die Bereitstellung von ausreichend sauberem Trinkwasser.


d) Um § 1 Abs. 3 und §6 Abs. 2 lit c in vollem Umfang Rechnung zu tragen, sollten die jeweiligen Naturschutzgesetze der Bundesländer uneingeschränkt im Wald gelten. Das sollte durch einen eigenen Paragraph im Forstgesetz verankert werden.


2.
Pilze sind aufgrund phylogenetischer, biochemischer und anatomischer Befunde als eigene Rangstufe innerhalb des Systems der Lebewesen einzuteilen und sind für das Ökosystem genauso wichtige Organismen wie Menschen, Tiere und Pflanzen, und sollten daher in §1 des Forstgesetzes erwähnt werden:
§ 1. (1) Der Wald mit seinen Wirkungen auf den Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Pilze ist eine wesentliche Grundlage für die ökologische, ökonomische und soziale Entwicklung Österreichs.

Pilze erfüllen wichtige Funktionen in einem Ökosystem wie dem Wald. Sie zersetzen totes organisches Material wie Holz, Laub oder Nadelstreu und halten so den Nährstoffkreislauf in Gang. Im Wurzelraum unterstützen sie als Mykorrhiza-Pilze fast alle höheren Pflanzen bei der Wasser- und Nährstoffaufnahme, auch unsere Waldbäume.