Denkmalschutzgesetz, Änderung (59/SN-305/ME)

Stellungnahme zu Ministerialentwurf

Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Denkmalschutzgesetz geändert wird

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Stellungnahme der Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalpflege Oberösterreich (GLD)
zur Novelle des Denkmalschutzgesetzes

Linz, im Dezember 2023

Inhalt:
1. Stellungnahme zum Bereich der Baudenkmalpflege
2. Stellungnahme zum Bereich der Bodendenkmalpflege


1. Stellungnahme zum Bereich der Baudenkmalpflege

Im Umfeld des Denkmalschutzes ist die Gesetzgebung aufgrund divergierender Interessen von Eigentümern, NGOs, Ämtern, Unternehmen etc., diffizil und heikel. Mit einer Vorgeschichte von mehreren Jahren Arbeit, liegt nun ein vorverhandelter Ministerialentwurf zur Novellierung des Denkmalschutzgesetzes vor. Zwar könnte der Gesetzes- bzw. Novellenentwurf aus Sicht der Denkmalpflege stets noch höher gesteckten Zielen dienlich sein, doch handelt es sich um eine maßgebliche Verbesserung der bisherigen Rechtslage. Einige Punkte erweisen sich im Hinblick auf einen umfassenden Denkmalschutz jedoch als problematisch und erscheinen noch nicht hinreichend gelöst:

a) Fehlender Umgebungsschutz

Österreich vermisst die gesetzliche Verankerung eines tragfähigen Umgebungsschutzes. Auch das neue Gesetz beschränkt sich lediglich auf von Menschenhand geschaffene Objekte. Der Schutz ihrer Umgebung verliert sich in Instanzen und Zuständigkeiten des Föderalismus. Dort, wo Landeskompetenzen beginnen, greift das Denkmalgesetz nicht mehr. Das bedeutet, dass der Denkmalschutz an der Hausmauer respektive der Grundgrenze des denkmalgeschützten Gebäudes endet und daran anschließend – so unpassend es im Rahmen eines harmonischen Ortsbildes auch sein mag – ein modernes Hochhaus errichtet werden kann, weil ein Umgebungsschutz, der Länderkompetenzen rechtlich vorgereiht ist, eben nicht existiert.

b) Steuerlicher Lastenausgleich für Denkmaleigentümer

Ebenso wenig wurde ein Lastenausgleich für Denkmal-Eigentümer realisiert, welcher das im Grundbuch festgeschriebene Öffentliche Interesse am jeweiligen Objekt durch Steuervorteile ausgleichen könnte. Möglich wäre es, derartige Fehlstände in einem neuen Sonderausgabengesetz noch zu beheben. Mit einem vernünftigen Lastenausgleich könnten viele Probleme im Bereich der Denkmalpflege beseitigt werden.

c) Beibehaltung der Liebhabereiverordnung

Eine ungeklärte Problemstellung bleibt die sog. Liebhabereiverordnung. Die daraus resultierende Gefahr für Denkmaleigentümer, dass dort, wo durch finanzielle Eigenleistung sowie Fördermittel, Denkmale in einen optisch ästhetischen Zustand versetzt werden, die Liebhabereivermutung geltend gemacht wird und die Arbeiten am Denkmal als Privatvergnügen kategorisiert werden könnten, ist besonderer Hemmschuh. Kommt die Verordnung zur Anwendung, muss der Eigentümer rückwirkend alle steuerlich geltend gemachten Vorteile sowie Fördermittel zurückzahlen. Zwar kommt es äußerst selten zur Exekution dieser Verordnung, doch allein ihre bloße Existenz führt aufgrund einer unberechenbaren Folgenabschätzung vielerorts zur Entscheidung, nicht ein Denkmal zu sanieren und zu revitalisieren, sondern – weil in wirtschaftlicher Hinsicht einfacher zu kalkulieren – einen Neubau auf die grüne Wiese zu stellen und fruchtbaren Boden zu versiegeln.

Als durchwegs positiv sind im Rahmen der Novelle folgende Neuerungen anzumerken:

d) Kürzung und Vereinfachung des Denkmalschutzgesetzes

Als gewinnbringend ist anzumerken, dass das Denkmalschutzgesetz, das durch mannigfaltige Novellierungen in der Vergangenheit stets ergänzt und zunehmend unhandlich wurde, mit der aktuellen Novellierung entrümpelt und gekürzt, seine Anwendung und Auslegung dadurch immens erleichtert werden wird.

e) Verordnungsermächtigung zum Schutz bedrohter Kulturgüter

Über eine neugestaltete Verordnungsermächtigung sollen in Zukunft auch größere bauliche Einheiten rasch per Verordnung unter Schutz gestellt und damit bei drohender Gefahr gerettet werden können. Erwachsen aus den Verfehlungen und Fehleingriffen der letzten Jahrzehnte, bedeutet diese Ermächtigung – ihren proaktiven Einsatz vorausgesetzt – einen maßgeblichen Fortschritt für den Schutz historischer Orts- und Marktzentren.

f) Ausnahmeregelung von der Anwendung moderner Baunormen

Von zentraler Bedeutung ist die geplante Einführung eines Ausnahmetatbestands gemäß § 4a, der Denkmäler von modernen Baunormen, die bisher auch für alle Altbauten galten, ausnimmt. Vorgesehen ist nunmehr, dass am betreffenden Objekt durch Beschilderung darauf hingewiesen werden kann, dass es sich um ein Denkmal handelt, womit einhergeht, dass dasselbe nicht in allen Fällen moderne Baunormen erfüllt, weil es diese eben auch nicht länger erfüllen muss. Dies leistet bisherigen, teils als schikanös empfundenen Bestimmungen Abhilfe und bedeutet einen Meilenstein von noch ungeahnter Tragweite.

g) Ermöglichung des Einsatzes erneuerbarer Energien beim Denkmal

Der Gesetzesentwurf nimmt – unter Bedachtnahme auf die Denkmaleigenschaft der betreffenden Objekte – auch zur Nutzung erneuerbarer Energien Stellung und ermöglicht etwa die Anbringung von PV-Anlagen in jenen Fällen, in denen dies aus ästhetischen Gesichtspunkten möglich ist.

h) Verschärfung der Erhaltungspflicht

Was auf den ersten Blick als Eigentümer-Belastung wahrgenommen werden wird, stellt sich bei genauerer Betrachtung als Meilenstein für den Denkmalschutz dar: die neu geregelte Erhaltungspflicht. Blieb dieselbe bisher zahnlos, wird sie nun so ausgestaltet, dass sie – bei nachvollziehbaren Einschränkungen – zum voraussetzenden Baustein wird, um endlich jene internationalen Verträge ratifizieren zu können, welche man in der Vergangenheit voreilig eingegangen ist. Diese Verschärfung ist unumgänglicher Schritt, um jene Kulturnation darzustellen, die Österreich verkörpern möchte.

Die GLD hält den vorliegenden Entwurf für den Bereich der Baudenkmalpflege trotz erwähnter Fehl- bzw. Kritikpunkte – und sofern der Novelle nicht noch durch politische Einflussnahme ihre Schlagkraft genommen wird – für einen Fortschritt. Präzise gewählte Formulierungen bedeuten eine Situationsverbesserung für die heimische Denkmallandschaft. Wenngleich nur einen kleineren, so setzt der Entwurf auch im Sinne des Nachhaltigkeitsgedankens Akzente und versucht der Unsitte beizukommen, dass Gebäude um Gebäude von Leerstand bedroht, als unnütz bewertet und letztlich abgerissen wird. Dies vor dem mittlerweile anerkannten Gemeinplatz, dass die volkswirtschaftlichen Kosten eines Neubaus um ein Vielfaches höher sind, als nachhaltige Altbauten zu schützen, zu sanieren und zu revitalisieren, damit den Bodenverbrauch zu stoppen und die Umwelt zu schonen. Die Wirksamkeit obliegt dabei einer objektiven Prüfung und Abwägung zwischen Neubau- und Denkmalpflegeprojekten durch die entsprechenden Instanzen, die durch das BDA und das Denkmalschutzgesetz in ihrer Entscheidungsfindung unterstützt werden. Letztlich gilt auch für diese Gesetzesänderung: nach der Novelle ist vor der Novelle. Wenngleich es also weiterer Verbesserungen bedürfen wird, ist das Veränderungsvorhaben im Bereich der Baudenkmalpflege ein Schritt in die richtige Richtung und wird von der GLD begrüßt. Ebenso begrüßt wird das Nähertreten des BDAs zum aktiven Servicegedanken. Herauszuheben ist in dieser Hinsicht das mittlerweile abgetretene Team rund um die ehem. OÖ. Landeskonservatorin Mag.a Petra Weiss, die sich insbesondere gemeinsam mit ihren regionalen Sachbearbeiterinnen Mag.a Dr.in Imma Walderdorff und DIin Lisa Teigl, BSc BA MA in positiver Weise dem Servicegedanken verschrieben hat, wofür sich die GLD ausdrücklich bedankt.


2. Stellungnahme zum Bereich der Bodendenkmalpflege

Im Hinblick auf die Bodendenkmalpflege (Maßnahmen zum Schutz archäologischen Erbes) werden einige Abschnitte der Novelle als bedenklich eingestuft und bedürfen aus unserer Sicht einer Modifizierung:

Ad § 8 (2): Mit der Streichung der ersatzweisen Meldemöglichkeit an ein öffentliches Museum, das einer Gebietskörperschaft gehört, werden der Öffentlichkeit wichtige und etablierte Ansprechpartner genommen. Damit besteht die Gefahr, dass die Zahl der Fundmeldungen zurückgeht. Die öffentlichen Museen und dabei insbesondere die Bundes- und Landesmuseen sind neben dem BDA die am besten geeigneten Fundmeldestellen und gehören wie bisher im Gesetz entsprechend verankert.

Ad § 9 (3): Der Absatz, dass Fundgegenstände über Verlangen bis zu zwei Jahre dem Bundesdenkmalamt zur wissenschaftlichen Auswertung und Dokumentation zur Verfügung zu stellen sind, ist zu pauschal formuliert und könnte als Versuch der Monopolisierung von Wissenschaft und Forschung interpretiert werden. Einerseits wäre eine Präzisierung wünschenswert, dass damit der Zugriff auf Fundgegenstände erreicht werden soll, die sich nicht im Eigentum einer öffentlichen Institution befinden, und damit die Gefahr besteht, dass diese für die Wissenschaft verloren gehen. Andererseits wäre wichtig, dass auch Museen, die einer Gebietskörperschaft angehören, Zugriff auf solche Funde bekommen.

Ad § 10 (2-3): Diese Absätze beziehen sich wieder ausnahmslos auf das Bundesdenkmalamt. Das bisherige „Ablöserecht der Gebietskörperschaft an archäologischen Funden“ durch Organe von Gebietskörperschaften einschließlich deren Museen, Sammlungen oder sonstigen wissenschaftlichen Einrichtungen, ist in jedem Fall als Möglichkeit beizubehalten.

Ad § 11 (1): Eine Bewilligungspflicht von nichtinvasiven Forschungen wie sie „systematische Messungen, systematische bildliche oder planliche Aufnahmen oder andere Methoden (Prospektionen)“ in der Regel darstellen, ist nicht im Sinne eines funktionierenden Denkmalschutzes und könnte als willkürliche Reglementierung von Wissenschaft und Forschung interpretiert werden. Die Denkmalkenntnis ist die Voraussetzung für einen funktionierenden Denkmalschutz. Dementsprechend sollten zerstörungsfreie Forschungen keinesfalls erschwert und reglementiert werden. Eine Anzeige- und Berichtspflicht derartiger Forschungen wäre absolut ausreichend.

Dominik Grundemann-Falkenberg
GLD-Vereinspräsident

Themen

Stellungnahme von

Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalpflege Oberösterreich

Ähnliche Gegenstände