Benutzungsordnung für das Parlamentsarchiv

Benutzungsordnung auf Grundlage der Hausordnung.

Präambel

Die Parlamentsdirektion führt gemäß dem Bundesarchivgesetz ein eigenes Archiv. Das Archiv bildet einen Teil der Abteilung 5.4 Bibliothek & Archiv.

Aufgabe des Archivs ist es, Archivgut zu sichern und nutzbar zu machen. Dies kann in analoger oder digitaler Form geschehen. Neben der Aufbewahrung und Ordnung der Bestände obliegt dem Archiv insbesondere die Führung zweckentsprechender Findbehelfe. Zudem hat es die Aufgabe, die Erforschung der Geschichte des österreichischen Parlamentarismus zu fördern.

Das Archivgut der Parlamentsdirektion besteht aus den Unterlagen der früheren parlamentarischen Körperschaften, der aus dem parlamentarischen Geschäftsgang des Nationalrates, des Bundesrates und der Bundesversammlung erwachsenden Akten, Urkunden und sonstigen Aufzeichnungen sowie den Verwaltungsakten und Unterlagen der Parlamentsdirektion, die von bleibendem Wert sind. Die Parlamentsdirektion ist berechtigt, Privatarchive und Nachlässe von geschichtlichem Wert von ehemaligen Mitgliedern des Nationalrates und des Bundesrates sowie ehemaligen Bediensteten der Parlamentsdirektion zu übernehmen und in das Archiv einzugliedern. Dokumente der aktiven Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates, der Parlamentsklubs oder der politischen Parteien sind in der Regel kein Archivgut des Parlaments.

1. Geltungsbereich

Diese Benutzungsordnung regelt den Zugang zum Archivgut des österreichischen Parlaments.

2. Benutzungsarten

Die Benutzung des Archivguts kann erfolgen durch

a. Einsichtnahme in das Archivgut oder in Reproduktionen von diesem im Lesesaal (vgl. Pkt. 6)

b. Mündliche und schriftliche Anfragen (vgl. Pkt. 7)

c. Anforderung von Reproduktionen von Archivgut (vgl. Pkt. 8)

d. Entlehnung von Archivgut oder von Reproduktionen von diesem (vgl. Pkt. 9).

3. Nutzbares Archivgut

1. Gemäß § 8 Bundesarchivgesetz freigegebenes Archivgut ist nutzbar.

2. Für die abgebende Stelle ist Archivgut, das aus ihren Unterlagen gebildet wurde, jederzeit frei nutzbar, soweit sie es zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt.

3. Archivgut privater Herkunft ist nur entsprechend der Übereignungsvereinbarung nutzbar. Sind in ihr über die Nutzung keine Regelungen enthalten, ist dieses vor Ende der Schutzfrist von 30 Jahren mit Zustimmung des Übergebers:der Übergeberin oder dessen:deren unmittelbaren Nachkommen nutzbar. Enthält das Archivgut personenbezogene Daten, unterliegt die Nutzung den entsprechenden Schutzbestimmungen des Bundesarchivgesetzes und des Datenschutzgesetzes. Die Information über die Nutzbarkeit dieses Archivgutes erfolgt durch die Bediensteten der Abteilung 5.4 Bibliothek & Archiv.

4. Antrag auf Einsichtnahme

1. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Dabei sind Angaben zum Gegenstand und Zweck der Nachforschungen zu machen.

2. Der Antrag kann auf dem Postwege, per Telefax, per E-mail oder vor Ort während der Öffnungszeiten der Abteilung 5.4 Bibliothek & Archiv gestellt werden. Dafür ist das von der Parlamentsdirektion bereitgestellte Formular (Benutzungsantrag, vgl. Pkt. 5.5) zu verwenden. Dabei sind Angaben zur Person zu machen, das Benutzungsthema und der Benutzungszweck anzugeben. Die Parlamentsdirektion ist berechtigt, die dafür benötigten personenbezogenen Daten in automatisierter Form zu verarbeiten. Änderungen der persönlichen Daten sind der Abteilung 5.4 Bibliothek & Archiv unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Benutzer:innen können gemäß Art. 15 DSGVO Auskunft über die sie betreffenden Daten verlangen.

3. Bezieht sich der Antrag offenkundig auf Archivgut, das noch den Schutzfristen gemäß § 8 Bundesarchivgesetz unterliegt, so sind dem Antrag die Unterlagen, die für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 8 Abs. 4 und 5 Bundesarchivgesetz erforderlich sind, anzuschließen. Dies umfasst auch allfällige Einwilligungen betroffener Personen. Über eine Verkürzung der Schutzfrist entscheidet der Präsident:die Präsidentin des Nationalrats, sofern es sich nicht um Archivgut gemäß Pkt. 3.2 handelt.

4. Für jeden Gegenstand der Nachforschung und jeden Benutzungszweck ist ein gesonderter Antrag zu stellen.

5. Bewilligung der Einsichtnahme

1. Ein ordnungsgemäß gestellter Antrag wird bewilligt, wenn

  • das Archivgut gemäß § 8 Abs. 1 bis 3 Bundesarchivgesetz zur Nutzung freigegeben wurde oder
  • die Voraussetzungen für eine Freigabe zur Nutzung durch Verkürzung der Schutzfrist im Einzelfall gemäß § 8 Abs. 4 oder 5 Bundesarchivgesetz vorliegen oder
  • gemäß § 8 Abs. 6 Bundesarchivgesetz keine Schutzfrist besteht, und
  • zusätzlich zum Vorliegen einer der vorgenannten Voraussetzungen keiner der Versagungsgründe gemäß § 9 Abs. 3 oder Abs. 4 Bundesarchivgesetz (z.B. Gefährdung des Archivguts) gegeben ist.

2. Die Einsichtnahme kann im Sinne des § 9 Abs. 4 Bundesarchivgesetz eingeschränkt werden. Bei einer Verkürzung der Schutzfrist im Einzelfall können gemäß § 8 Abs. 4 Bundesarchivgesetz Auflagen im Interesse der Geheimhaltung erteilt werden.

3. Bei Ablehnung des Antrags werden die Gründe angegeben. Die Ablehnung ist auf Ansuchen schriftlich zu erteilen.

4. Die Bewilligung begründet ein privatrechtliches Nutzungsverhältnis auf Basis der Benutzungsordnung zur Einsicht in Archivgut zum angegebenen Gegenstand und Zweck der Nachforschung.

5. Für den Zugang zum Lesesaal ist beim Erstbesuch in einem Kalenderjahr ein Benutzungsantrag auszufüllen (vgl. Pkt. 4.2) sowie ein amtlicher Lichtbildausweis vorzulegen. 

6. Einsichtnahme in das Archivgut

1. Pro Bestellvorgang können maximal drei archivalische Einheiten bestellt werden.

2. Weitere Bestellungen sind erst nach Rückgabe der vorangegangenen Bestellungen zulässig.

3. Bei der Bestellung wird der Benutzer:die Benutzerin darüber informiert, ab wann die bestellten Archivalien zur Einsicht bereitstehen.

4. Die Parlamentsdirektion entscheidet, ob die Bereithaltung im Original, als Reproduktion oder ausschließlich online erfolgt.

5. Bestellungen werden einen Monat zur Einsicht bereitgehalten. Wird innerhalb dieser Frist nicht Einsicht genommen, erlischt die Bestellung.

6. Der Benutzer:die Benutzerin hat beim Empfang den Zustand des Archivguts zu prüfen und vorhandene Schäden unverzüglich mitzuteilen. Wird dies unterlassen, gilt das Archivgut als unbeschädigt ausgefolgt.

7. Die Benutzung des Archivguts ist nur an den hierfür gekennzeichneten Arbeitsplätzen im öffentlich zugänglichen Lesesaal des Parlaments gestattet. Jede eigenmächtige Entfernung des Archivguts aus diesen Räumen ist untersagt.

8. Umgang mit Archivgut:

  • Das Archivgut ist mit größter Sorgfalt zu behandeln. Insbesondere ist es nicht erlaubt, das Archivgut mit Vermerken, Strichen oder Zeichen zu versehen, abzupausen oder durch sonstige Handlungen zu verändern bzw. als Schreibunterlage zu verwenden.
  • Bei der Benutzung des Archivguts dürfen nur Bleistifte verwendet werden.
  • In der Reihenfolge und Ordnung des Archivguts darf keine Änderung erfolgen, weshalb gleichzeitig nur ein Karton oder Einzelstück bearbeitet werden darf.
  • Störungen in der Reihenfolge und Ordnung oder sonstige Unstimmigkeiten sowie Schäden und Verluste sind unverzüglich am Servicedesk zu melden.

9. Jegliche Art von Taschen, Laptophüllen, Schirme, Mäntel und andere Straßenbekleidung dürfen nicht in die Benutzerräume mitgenommen werden. Sie sind in der Garderobe abzugeben.

10. Die Benutzer:innen haben sich in den Benutzerräumen so zu verhalten, dass andere Anwesende nicht behindert oder belästigt werden. Essen und Trinken sind nicht gestattet.

11. Den Anweisungen des Aufsichtsdienstes ist Folge zu leisten.

12. Bei der Benutzung des Internetzugangs via Wireless LAN gelten die Nutzungsbedingungen der Parlamentsdirektion.

13. Das Archivgut ist nach der Einsichtnahme zurückzugeben, wobei der Modus der Rückgabe beim Aufsichtsdienst zu erfragen ist.

14. Die Einsichtnahme erfolgt während der Öffnungszeiten des Lesesaals.

7. Benutzung von Archivgut durch mündliche oder schriftliche Anfrage

1. Bei mündlichen und schriftlichen Anfragen sind Zweck und Gegenstand der Fragestellung genau anzugeben.

2. Bei mündlichen Anfragen, die umfangreiche Nachforschungen erfordern, kann die Parlamentsdirektion die Anfragestellung auch schriftlich verlangen.

3. Die Bearbeitung schriftlicher oder mündlicher Anfragen, deren Beantwortung die personellen Ressourcen der Parlamentsdirektion übersteigen würde, kann abgelehnt werden. In diesem Fall kann der Benutzer:die Benutzerin das Archivgut im Lesesaal unter Einhaltung der Punkte 4 bis 6 sichten.

8. Nutzung von Archivgut durch Reproduktionen

1. Das Scannen (ausschließlich Oberlichtscanner) und Fotografieren von Archivalien zu Forschungszwecken ist kostenfrei.

2. In Ausnahmefällen kann, sofern keine konservatorischen Bedenken dagegen sprechen, die Anfertigung von Kopien gestattet werden. In diesem Fall gilt die Entgeltordnung der Abteilung 5.4 Bibliothek & Archiv.

3. Anforderungen von Reproduktionen zu Abbildungszwecken sind schriftlich einzubringen (vgl. Pkt. 10.3). 

4. Der Benutzer: die Benutzerin verpflichtet sich, jedwede Reproduktionen (z.B. Kopien/Scans/Fotos) aus und von den Archivbeständen sicher und vor Zugriffen anderer Personen geschützt aufzubewahren. Die Weitergabe an Dritte ist ebenso wenig gestattet wie die Verwendung für andere als jene Zwecke, die gemäß Bundesarchivgesetz und Benutzungsordnung zulässig sind, wobei die Nutzung eingeschränkt oder versagt werden kann.

9. Nutzung von Archivgut durch Entlehnung

1. Die Entlehnung von Archivgut ist zulässig:

a. an Behörden und öffentliche Stellen zur Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben oder

b. an kulturelle Einrichtungen zu Ausstellungszwecken.

2. In Fällen der Ziffer 1 lit. a hat die Behörde oder öffentliche Stelle die Aufgabe, für deren Wahrnehmung das Archivgut benötigt wird, schriftlich darzulegen.

3. Für Entlehnungen gemäß Ziffer 1 lit. b gilt:

  • Auf die Entlehnung besteht kein Anspruch.
  • Es darf nur Archivgut entlehnt werden, das gemäß Pkt. 3 nutzbar ist und dessen Entlehnung aufgrund des Erhaltungszustandes vertretbar ist.
  • Es obliegt der Parlamentsdirektion, nach archivarischen Gesichtspunkten zu entscheiden, ob Originale oder Reproduktionen zur Verfügung gestellt werden, wobei hierfür insbesondere der Zustand und Wert des Archivguts ausschlaggebend sind.
  • Eine Entlehnung von Originalen ist nur zulässig, wenn ein wirksamer Schutz vor Verlust, Beschädigung und unbefugter Benutzung gewährleistet ist und der Zweck der Entlehnung nicht durch Reproduktionen oder Nachbildungen erreicht werden kann.
  • Über die Entlehnung ist ein Leihvertrag abzuschließen, nach dem der Entlehner:die Entlehnerin alle Kosten, insbesondere der Verpackung, des Transports, der Versicherung und allfälliger Sicherungs- und Konservierungsmaßnahmen (z. B. Sicherheitskopie) zu tragen hat. Weiters sind Auflagen vorzusehen, die der Sicherheit und Erhaltung des entlehnten Archivguts dienen.
  • Die Herstellung von Reproduktionen des entlehnten Archivguts bedarf der Zustimmung der Parlamentsdirektion.

10. Veröffentlichungen

1. Der Benutzer:die Benutzerin ist verpflichtet, der Parlamentsdirektion (Abteilung 5.4 Bibliothek & Archiv) von allen Publikationen, Diplomarbeiten, Dissertationen und Habilitationen, die unter wesentlicher Verwendung von Archivgut des Parlaments verfasst wurden, sogleich nach dem Erscheinen unaufgefordert und kostenlos ein Belegexemplar zukommen zu lassen.

2. Bei Veröffentlichungen oder sonstigen Nutzungen von Archivgut sind Urheber- und Persönlichkeitsrechte sowie andere schutzwürdige Interessen Dritter, insbesondere Belange des Datenschutzes gemäß § 11 Abs. 1 und 2 Bundesarchivgesetz, zu beachten und einzuhalten.

3. Reproduktionen aus dem Parlamentsarchiv dürfen nur mit Einwilligung der Parlamentsdirektion zum angegebenen Zweck und unter Nennung der Quelle veröffentlicht werden.

11. Haftung und Schadenersatz

1. Der Benutzer:die Benutzerin haftet für die von ihm:ihr verursachten Verluste oder Beschädigungen an Archivgut sowie für sonstige Schäden, die er:sie aufgrund oder in Zusammenhang mit einer Benutzung von Archivgut verursacht.

2. Die Parlamentsdirektion trägt keine Haftung für Schäden jedweder Art, welche aufgrund oder in Zusammenhang mit der Benutzung von Archivgut verursacht werden.

3. Der Benutzer:die Benutzerin hat bei einer Verletzung der Benutzungsordnung die Parlamentsdirektion schad- und klaglos zu halten, wenn deswegen von Dritten Ansprüche gegenüber der Parlamentsdirektion erhoben werden.

4. Die Parlamentsdirektion haftet nicht für Nachteile, die dem Antragsteller:der Antragstellerin aus dem Nichtausfolgen von Archivgut entstehen oder entstehen können.