Parlamentskorrespondenz Nr. 507 vom 01.07.2003

NEUE FORMEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT

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Wien (PK) - Zu Beginn seiner heutigen Sitzung befasste sich der Außenpolitische Ausschuss des Nationalrats mit dem "Außenpolitischen Bericht 2002 der Bundesregierung" (III-27 d.B., siehe dazu PK Nr. 503 vom 30.6.03) und kam dabei zu dem Schluss, diesen auf September zu vertagen, nachdem die Vertreter der Regierungsfraktionen mehrheitlich beschlossen hatten, diesen Bericht im Ausschuss enderledigen zu wollen.

Hauptpunkt der heutigen Tagesordnung war sohin eine Novelle zum Entwicklungszusammenarbeitsgesetz, gemäß der d ie Bundesregierung die Erarbeitung und Abwicklung der operationellen Maßnahmen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit einer eigenen und zu diesem Zweck neu zu errichtenden Gesellschaft übertragen will. Durch die Schaffung einer ausgegliederten "Austrian Development Agency" sollen die Durchführungskapazitäten der EZA gesteigert und effiziente Abwicklungsstrukturen geschaffen werden. Mit diesem Schritt soll auch den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Barcelona im März 2002 Rechnung getragen werden. Die ADA soll ihre Arbeit mit 1. Januar 2004 aufnehmen, heißt es in der entsprechenden Regierungsvorlage. (81 d.B. )

Abgeordnete Petra Bayr (S) kritisierte zunächst die kurze Begutachtungszeit der Vorlage, vermisste generell die nötige Kohärenz bei der EZA und wünschte sich einen klaren Finanzierungsrahmen. Wünschenswert, so Bayr, wären regelmäßige Berichte an das Parlament, insbesondere eine Berichtspflicht der Geschäftsführung der Agentur. Als Rechtsform erachtete Bayr einen Verein oder einen Fonds als Sinn stiftender denn eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der so gewählte Weg sei suboptimal, fasste Bayr die Kritik ihrer Fraktion zusammen, ehe sie einen Abänderungsantrag einbrachte, gemäß dem Behinderte und Kinder spezielle Zielgruppen der EZA sein sollten.

Auch Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) wünschte sich einen verbindlichen Finanzplan, um das gesetzte Ziel von 0,33 % des BIP für die EZA zu erreichen. Die geplante Ausgliederung hätte man zu einer entsprechenden Kohärenz nutzen sollen, wäre es doch sinnvoll, alle Kompetenzen zusammenzuführen. So sei eine Effizienzsteigerung in dieser Konstruktion nicht absehbar, meinte Lunacek, die darüber hinaus wissen wollte, wie es um die Interpellationsrechte des Parlaments auf diesem Gebiet in Zukunft bestellt sein werde. In diesem Zusammenhang kündigte Lunacek eine abweichende Stellungnahme ihrer Fraktion zu diesem Tagesordnungspunkt an. Abgeordnete Evelyn Lichtenberger (G) sagte, sie sei nicht prinzipiell gegen eine Ausgliederung, sie müsse nur richtig gemacht werden.

Abgeordnete Karin Hakl (V) verwies darauf, dass die NGO die geplante Vorgangsweise in ihrer überwiegenden Mehrheit begrüßt hätten. Diese Ausgliederung sei notwendig, um mehr Mittel für die EZA zur Verfügung zu haben. Die Regierung bekenne sich zur Erhöhung der Mittel für die EZA auf 0,33 Prozent des BIP bis 2006 und setzte daher die entsprechenden Schritte. Prinzipiell sei diese Maßnahme seit 10 Jahren diskutiert worden, jetzt sei der richtige Zeitpunkt, sie umzusetzen. Dies werde auch helfen, mehr EU-Gelder zu lukrieren, wovon dann wieder die NGO profitieren würden. Hakl brachte einen Abänderungsantrag ein, wonach Behinderte und Kinder als Querschnittmaterie in allen Aspekten der EZA mitberücksichtigt werden sollten.

Abgeordneter Eduard Mainoni (F) unterstrich die Zufriedenheit der NGO mit der Linie der Regierung, die sich an den zahlreichen positiven Kommentaren von Vertretern der NGO ablesen lasse. Die Agentur werde keine Konkurrenz zu den NGO darstellen, vielmehr würden diese in ihrer wertvollen Arbeit künftig noch effizienter unterstützt. Alles in allem sei dies eine sinnvolle Ausgliederung, weil schlankere Strukturen ohne politische Einflussnahme geschaffen würden.

Abgeordneter Herbert Scheibner (F) unterstützte die geplante Vorgangsweise ebenfalls und regte an, die EZA in ihrer gegenwärtigen organisatorischen Form zu überdenken und gegebenenfalls neu zu strukturieren. Sinnvoll erscheine ihm eine "lenkende Hand", um die Arbeit der einzelnen Organisationen vor Ort besser zu koordinieren, wodurch die Effizienz nachhaltig gesteigert und Fehler vermieden werden könnten.

Abgeordneter Caspar Einem (S) fragte, worin nun tatsächlich der Effizienzvorteil der Agentur liege, zumal ihn auch der Rechnungshof nicht habe erkennen können. Außerdem unterstrich auch er die Notwendigkeit entsprechender parlamentarischer Kontrollmöglichkeiten.

Bundesministerin Benita Ferrero-Waldner erinnerte daran, dass sie seit acht Jahren mit Entwicklungszusammenarbeit befasst sei, wobei es immer ihr Credo gewesen sei, mehr EZA zu ermöglichen. Dies sei nun der Fall, weshalb sie sich freue, dass das entsprechende Gesetz heute hier behandelt werden könne. Die ADA garantiere eine Effizienzsteigerung, sei es doch in ihrem Hause nicht möglich, 30 Prozent mehr Mittel mit weniger Bediensteten ähnlich effizient zu handhaben. Überdies bürge die ADA für mehr Flexibilität. Man müsse mit den entsprechenden Arbeiten eben jetzt beginnen, um für die nächsten Schritte in der Verwaltung, hinsichtlich des Gesellschaftsvertrags und der Geschäftsführung vorbereitet zu sein, betonte das Regierungsmitglied.

Ferrero-Waldner unterstrich die hervorragende Arbeit ihres Hauses und erklärte, es werde nicht die Policy ausgegliedert, sondern lediglich der operative Bereich. Daher werde die ADA auch keine "Super-NGO", sondern ein Teil einer effizienten Struktur, die bessere Möglichkeiten der Kofinanzierung schaffe. Mehr Kohärenz wäre freilich wünschenswert, so die Ministerin, aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich. Die parlamentarische Kontrolle sei hingegen auch weiterhin voll gegeben, böten doch der "Außenpolitische Bericht", das Dreijahresprogramm der EZA und der jeweilige Geschäftsbericht genügend Gelegenheit zu eingehenden Diskussionen. Einen eigenen Bericht wolle sie aber der ADA nicht zumuten, da dies auf Kosten der operativen Arbeit gehen würde. Man habe, fasste Ferrero-Waldner zusammen, den richtigen Weg gewählt, von dessen Erfolg sie überzeugt sei.

Der Abänderungsantrag der Opposition verfiel der Ablehnung, die Regierungsvorlage wurde in der Fassung des V-Abänderungsantrages mehrheitlich angenommen.

Einstimmig nahm der Ausschuss sodann mehrere internationale Abkommen an, die sich mit einem weiten Bogen an Themen, die von Konsulargebühren bis zu den Privilegien und Immunitäten der Internationalen Meeresbodenbehörde reichten, befassten.

Mit einem Bundesgesetz wird das Konsulargebührengesetz geändert (96 d.B.), um auf diese Weise eine Angleichung an die Beschlüsse des Rates der Europäischen Union in Konsularangelegenheiten zu erreichen. Aus technischen Gründen wurde diese Vorlage in der Fassung eines Abänderungsantrages der ÖVP angenommen, wonach der Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes auf den 1. September 2003 verschoben wurde.

Gegenstand eines Abkommens zwischen Österreich, der UNO, der IAEO und der UNIDO sind Fragen der Kostentragung für größerer Reparaturen und Erneuerungen im Vienna International Centre. Die bestehende Obergrenze von je 325.000 $ soll nunmehr abgeschafft und durch eine gleichmäßige Kostentragung zwischen Österreich einerseits und den drei internationalen Organisationen andererseits ersetzt werden (11  d.B).

Ein Abkommen über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Südafrika ergänzt die Einbindung Südafrikas mit den Afrikanischen, Karibischen und Pazifischen Staaten, den sogenannten AKP-Staaten. Ziel ist die Schaffung einer Basis für einen umfassenden Ausbau der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und Südafrika. Die Union will damit einen Beitrag zur Sicherung von Frieden, Demokratie und wirtschaftlichem Wachstum leisten (14 d.B.).

Durch eine Änderung von Artikel I des Übereinkommens über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können, wird der Anwendungsbereich dieses Vertragswerkes auf nicht internationale bewaffnete Konflikte ausgedehnt (21 d.B.).

Die Internationale Meeresbodenbehörde wurde aufgrund des Internationalen Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10.12.1982 mit Sitz in Kingston/Jamaika eingerichtet. Da die Privilegien und Immunitäten dieser internationalen Behörde im Seerechtsübereinkommen selbst nur teilweise geregelt sind, wurde im Jahr 1998 ein Protokoll über die Privilegien und Immunitäten der Internationalen Meeresbodenbehörde ausgearbeitet. Das Protokoll entspricht internationalen Usancen sowie den Vorschriften der EU. Es räumt der Behörde Rechtspersönlichkeit und ihren Mitgliedern, Angestellten und Sachverständigen funktionelle Immunität sowie bestimmte Steuer- und Zollbefreiungen ein (62 d.B.).

Da das alte System der ad hoc-Truppenbereitstellung der Vereinten Nationen den Anforderungen nicht mehr genügte, kamen Österreich, Kanada, Dänemark, Niederlande, Norwegen, Polen und Schweden auf Empfehlung des UN-Generalsekretärs im Dezember 1996 überein, eine Multinationale Brigade aus Eingreiftruppen hoher Bereitschaft für Operationen der Vereinten Nationen (Multinational Stand-by High Readiness Brigade for UN Operations - SHIRBRIG) zusammenzustellen. Dabei wurde auch die Einrichtung eines Planungselements vereinbart, das seinen ständigen Sitz in Dänemark hat und als ständiger Stab - Österreich ist durch einen Offizier vertreten - die Errichtung und Einsatzfähigkeit von SHIRBRIG vorbereitet. Der Status dieses Planungselements wurde zunächst in vorläufigen bilateralen Abkommen zwischen Dänemark und den an SHIRBRIG teilnehmenden Staaten geregelt. Im Dezember 2001 haben die Niederlande, Italien, Dänemark, Schweden, Rumänien und Norwegen ein multinationales Übereinkommen unterzeichnet, das den Status der Truppen und den Status der Bediensteten des Planungselements regelt und die bisherigen bilateralen Abkommen ersetzt (73 d.B.).

Alle diese Abkommen wurden ohne Diskussion und einstimmig vom Ausschuss befürwortet. (Schluss)