Parlamentskorrespondenz Nr. 824 vom 07.10.2009

Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten als Ziel

Außenminister Spindelegger im Ausschuss für Menschenrechte

Wien (PK) – Die heutige Sitzung des Ausschusses für Menschenrechte begann mit einer Aussprache über aktuelle Fragen aus dem Arbeitsbereich des Ausschusses. Unter dem Vorsitz von Ausschuss-Obfrau Alev Korun (G) diskutierten die Abgeordneten mit Außen- und Europaminister Michael Spindelegger. Schwerpunkt des knapp einstündigen Gesprächs waren Absichten und Ziele der österreichischen Außenpolitik für den im November beginnenden Vorsitz im UN-Sicherheitsrat.  Von FPÖ und BZÖ wurden aber auch Menschenrechtsverletzungen zu Ende des 2. Weltkriegs und im Zusammenhang damit Entschädigungsfragen angesprochen. Eingangs der Sitzung kündigte Ausschuss-Obfrau Alev Korun an, dass der Ausschuss sich in einer kommenden Sitzung auch mit Missständen im Zusammenhang mit Abschiebungen befassen werde. Korun sprach dabei Berichte an, denen zufolge Bevollmächtigten von AsylwerberInnen kein Zugang zu ihren MandantInnen ermöglicht worden sei.

Außenminister Spindelegger stellte zunächst kurz die aktuellen Vorhaben seines Ministeriums dar. Österreich werde im Rahmen seines im November beginnenden Vorsitzes im UN-Sicherheitsrat den Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten zum Thema machen. Derzeit gebe es keine durchgehende Regelung, wie UN-Truppen in diesem Punkt vorzugehen hätten. Österreich strebe für jeden UN-Einsatz eine im Vorfeld zu erledigende Klärung in diesem Punkt an. Dies werde auch Thema der Ministerrunde am 13. November sein; Spindelegger kündigte an, dass Österreich sich dabei um die Verabschiedung einer entsprechenden Resolution bemühen werde.

Zuversichtlich zeigte sich Spindelegger bezüglich der Kandidatur Österreichs für einen Sitz im UN-Menschenrechts-Beirat in der Zeit von 2011 bis 2014. Bezüglich der Menschenrechte sei Österreich darüber hinaus ständig über die Botschaften vor Ort engagiert. Dies geschehe zumeist, ohne in der Öffentlichkeit darüber zu reden, sagte der Minister. Oberstes Ziel sei, konkrete Ergebnisse zu erreichen.

In einer Fragerunde sprachen die Abgeordneten ein breites Spektrum von Themen an. So kam Abgeordneter Gerald Grosz (B) auf Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen zu Ende des 2. Weltkriegs auf dem Gebiet des heutigen Slowenien an. Er fragte nach der Position Österreichs bezüglich des von Slowenien vorgebrachten Anspruchs, Rechtsnachfolger für Jugoslawien zu sein und im Zusammenhang mit Hinterbliebenen-Entschädigungen und zur Aufklärung jener Menschenrechtsverletzungen.

Abgeordnete Alev Korun (G) thematisierte die aktuellen Menschenrechtsverletzungen im Iran und fragte nach der Position Österreichs dazu im Sicherheitsrat. Weitere Fragen galten Menschenrechtsverletzungen in China, den Aussichten für die Durchsetzung von Menschenrechten im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags und Maßnahmen im Zusammenhang mit Zwangsverheiratungen. Koruns Fraktionskollege Albert Steinhauser kritisierte Österreichs ablehnende Haltung, in Guantanamo inhaftierte Personen aufzunehmen, zumal es auch um Menschen – wie uigurische Flüchtlinge aus China – gehe, die unzweifelhaft keine Terroristen seien. Kritik übte Steinhauser auch daran, dass die österreichische Delegation bei der UN-Vollversammlung bei der Rede des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad den Saal nicht verlassen habe.

Auch Abgeordneter Gerhard Kurzmann (F) ging auf das Thema Guantanamo ein, wollte von Minister Spindelegger allerdings wissen, ob Österreich aus Gründen der Sicherheit bei seiner ablehnenden Haltung gegenüber Häftlingen bleibe. Außerdem fragte er nach Gründen für die Zurückhaltung, die sich die EU und Österreich bei Menschenrechtsverletzungen durch die israelische Armee auferlege. Kurzmann ging auch auf das Thema der Vertreibungen am Ende des 2. Weltkriegs ein.

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (S) fragte nach Auswirkungen der Wirtschaftskrise und des Klimawandels auf die Bevölkerung der Schwellen- und Entwicklungsländer. Abgeordneter Wolfgang Großruck (V) wollte Details für Österreichs zweijährige Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat erfahren, sein Fraktionskollege sprach die Situation in Sri Lanka an.

Bei seinem Besuch in Slowenien habe er die von Abgeordnetem Grosz genannten Menschenrechtsverletzungen am Ende des 2. Weltkriegs angesprochen, sagte Außenminister Spindelegger in Beantwortung der Fragen der Abgeordneten. Von slowenischer Seite habe man die Bearbeitung dieses Themas zugesichert. Man werde von Seiten Österreichs regelmäßig drauf eingehen, betonte Spindelegger. Die Opfer bzw. deren Hinterbliebene würden von Österreich unterstützt. In der Frage der Rechtsnachfolge Sloweniens für Jugoslawien bekräftigte der Minister den Standpunkt Österreichs, wonach ein nachträglicher Eintritt nicht möglich sei.

Bei seinem Treffen mit dem iranischen Außenminister habe er die Menschenrechtsverletzungen im Iran zum Thema gemacht, sagte Spindelegger weiter, und klar gemacht, dass dies "so nicht hinnehmbar" sei. Bezüglich China sagte der Minister, Österreich werde gezielt Informationen in den Menschenrechtsdialog EU-China einfließen lassen. Im Lissabon-Vertrag sei die Einhaltung der Menschenrechte als Ziel fixiert. Hinsichtlich des Verhaltens im Zusammenhang mit Zwangsverheiratungen sei ein entsprechender Erlass an alle Botschaften ergangen.

In Richtung des Abgeordneten Kurzmann stellte Außenminister Spindelegger klar, dass das Thema der Vertriebenen immer wieder aufgegriffen werde. Er habe in diesem Zusammenhang auch Treffen mit Vertriebenen-Verbänden angeregt. Bezüglich Menschenrechtsverletzungen durch die israelische Armee bekannte sich der Minister dazu, Menschenrechtsverletzungen anzuprangern, wo immer und von wem immer sie geschähen.

Zur Frage der Aufnahme von Häftlingen aus Guantanamo sagte Spindelegger, dass derartige Aufnahmen nur zahlenmäßig, nicht aber personenbezogen möglich seien, Österreich sich also nicht dort inhaftierte Personen "aussuchen" könne. Die Verantwortung liege in dieser Frage bei jenen, die Unrecht begangen hätten, auch hinsichtlich allfälliger Entschädigungsansprüche.

Im Hinblick auf die Situation in Afrika ging Spindelegger auf die Arbeit der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit ein. So gebe es in Äthiopien ein erfolgreiches Projekt gegen die zunehmende Verkarstung. Bezüglich der Flüchtlingssituation in Sri Lanka versuche sich Österreich einzubringen. In Richtung des Abgeordneten Großruck sagte Spindelegger, im Sicherheitsrat müsse mit "Vorsicht" vorgegangen und das Ziel einer Einigung im Auge behalten werden; eine nicht durchgebrachte Resolution wäre kontraproduktiv.

Bei der UN-Generalversammlung habe es eine EU-Einigung auf eine "rote Linie" gegeben, sagte der Außenminister abschließend. Bei der Rede Ahmadinedschads seien Teile der Delegationen aufgestanden, ein Signal wäre aber nur entstanden, wenn alle EU-Delegierten den Saal verlassen hätten. An der österreichischen Haltung bestehe aber kein Zweifel, betonte der Außenminister. Er habe in seiner eigenen Rede Ahmadinedschads Rede "gebrandmarkt", worauf der Iran protestiert habe. (Forts.)