Parlamentskorrespondenz Nr. 320 vom 22.04.2013

Nationalrat genehmigt Zypern-Hilfspaket mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit

Massive Kritik der Opposition an EU- und heimischer Politik

Wien (PK) – Mit Mehrheit der beiden Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP gab heute der Nationalrat in einer Sondersitzung grünes Licht für das Zypern-Hilfspaket. Das Plenum ermächtigt somit die Finanzministerin, in den zuständigen EU-Gremien der finanziellen Hilfe für den Inselstaat im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zuzustimmen (2265 d.B.).

Die Opposition war geschlossen dagegen. So wandte die FPÖ ein, echte Hilfe für die zypriotischen BürgerInnen finde nicht statt, die Wirtschaft des Landes werde abgewürgt. Stattdessen werde das Geld zur Sanierung von Banken verwendet, meinte Klubobmann Heinz-Christian Strache und gab auch der Zukunft des Euro keine Chance mehr. Die Grünen werteten es zwar positiv, dass zur Sanierung von Großbanken nun auch Großanleger zur Kasse gebeten werden, man hätte sich aber einen noch größeren Beitrag von besonders Vermögenden erwartet, betonte Abgeordneter Werner Kogler. Skeptisch zeigte er sich hinsichtlich der Systemrelevanz und der Schuldentragfähigkeit Zyperns. Auch das BZÖ konnte dem Hilfspaket nichts abgewinnen, es werde einmal mehr nur das Überleben der Banken abgesichert. Klubobmann Josef Bucher befürchtete, Zypern könnte durch sinkende Kaufkraft, steigende Schulden und höhere Arbeitslosenraten zu einem zweiten Griechenland werden. Das Team Stronach wiederum führte die Eigenverantwortung der Staaten ins Treffen. Für Klubobmann Robert Lugar stellte sich die Frage, ob einem Staat überhaupt Unterstützung gewährt werden soll, wenn er selbst an seiner misslichen Lage schuld ist.

Seitens der Regierungsparteien wurde die politische Verantwortung hervorgestrichen. Die Alternative zum Hilfspaket sei die Pleite Zyperns und seiner beiden großen Banken, was negative Auswirkungen auf die gesamte Eurozone habe, warnte Abgeordneter Günter Stummvoll von der ÖVP. SPÖ-Klubobmann Josef Cap wies darauf hin, dass die Eurozone der österreichischen Wirtschaft und den heimischen ArbeitnehmerInnen nütze. Deshalb lohne es sich, alles zu tun, damit diese weiter funktioniere und stabil bleibe. Selbstverständlich brauche es Disziplin, um die Währungsunion zu erhalten, hielt man fest. Außerdem würden die Zyprioten beinhart zur Kasse gebeten, und das sei auch richtig so.

Die Bedenken gegenüber dem Euro teilten die Regierungsfraktionen in keiner Weise. Stummvoll sprach im Gegenteil dazu von einer Erfolgsgeschichte und wies darauf hin, dass der Euro heute die zweitgrößte Reservewährung der Welt darstelle.

Die Finanzhilfe für die Republik Zypern sei zur Vermeidung noch größerer Schäden unabdingbar und im Interesse Österreichs, stellte Finanzministerin Maria Fekter ebenfalls unmissverständlich fest. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die spezifische Betroffenheit Österreichs, zumal es österreichische Direktinvestitionen von etwa 3 Mrd. € und Kredite an Nicht-Banken in Zypern von weiteren etwa 3 Mrd. € gibt. Außerdem sei Zypern verpflichtet, ein ökonomisches Anpassungsprogramm durchzuführen und umzustrukturieren, erläuterte die Ressortchefin. Auf Drängen Österreichs seien strenge Auflagen zur Bekämpfung der Geldwäsche erstellt worden.

Auch Staatssekretär Andreas Schieder warnte, ein Kollaps Zyperns könnte zur Instabilität der Eurozone führen. Die Hilfe setze am richtigen Punkt an, der Bankensektor müsse verkleinert, die Aufsicht gestärkt und die zweitgrößte Bank, die Laiki Bank, abgewickelt werden.

Anträge der Opposition abgelehnt

Die im Zuge der Debatte eingebrachte Anträge der Opposition fanden nicht die erforderliche Mehrheit.

Die Ablehnung betraf zunächst den Entschließungsantrag der FPÖ hinsichtlich einer Volksabstimmung über den Verbleib Österreichs in der Währungsunion.

Auch der Entschließungsantrag des BZÖ unter dem Titel "Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor den Folgen der Bankenrettung" blieb in der Minderheit.

Ebenso wenig fand der Entschließungsantrag der Grünen nach "Beendigung der Blockadepolitik von Finanzministerin Fekter" ausreichende Unterstützung.

Das Zypern-Hilfspaket

Das Volumen des Hilfspakets beträgt bis zu 10 Mrd. € für die Jahre 2013-2016, wobei der ESM 9 Mrd. € und der Internationale Währungsfonds bis zu 1 Mrd. € zur Verfügung stellen. Das Ausmaß des österreichischen Anteils beläuft sich auf ca. 250 Mio. €.

2,5 Milliarden € aus dem EU-Hilfspaket sollen in die Rekapitalisierung von mittleren und kleineren Banken fließen. Die restlichen Mittel aus dem EU-Paket sind für die Tilgung auslaufender Staatsanleihen sowie die Begleichung weiterer finanzieller Verpflichtungen des zypriotischen Staates bis 2016 vorgesehen. Die EU argumentiert, ein Kollaps Zyperns könnte zu erneuter Instabilität der Eurozone und der Notwendigkeit zusätzlicher Anpassungsprogramme führen, sowie zu weiteren Wachstumseinbußen und dem Verlust von Arbeitsplätzen.

Insgesamt hat Zypern einen Finanzbedarf von ca. 23 Mrd. €, das sind rund 130% des zyprischen Bruttoinlandsprodukts. Zypern muss damit an die 13 Mrd. €, also mehr als die Hälfte der Summe, selbst aufbringen. Im Vergleich zu früheren Hilfsprogrammen ist das die höchste Eigenleistung, die bislang ein in Finanznöte geratener EU-Staat zur Lastenteilung mit der internationalen Gemeinschaft beitragen musste. Zypern will dies durch die Restrukturierung des Bankensektors, die Einführung neuer Steuern, Goldverkäufe, Privatisierungen und die Abänderung der Kreditkonditionen des ausständigen Kredits von Russland bewältigen. Der größte Teil entfällt dabei mit rund 4 Mrd. € auf die Abwicklung der Laiki Bank und die Restrukturierung der Bank of Cyprus. An der Sanierung werden diesmal insbesondere Großanleger und –gläubiger beteiligt.

In einigen EU-Staaten muss – wie in Österreich – das jeweilige nationale Parlament dem Hilfspaket zustimmen, damit es überhaupt in Kraft treten kann.

Irene Szep neue SPÖ-Abgeordnete

Am Beginn der Sitzung wurde Irene Szep als neue SPÖ-Abgeordnete angelobt. Sie folgt auf den ehemaligen SPÖ-Mandatar und - nach seinem Parteiaustritt - wilden Abgeordneten Gerhard Köfer, der nunmehr auf einem Ticket des Team Stronach als Landesrat in Kärnten fungiert. Mit Irene Szep verfügt die SPÖ wieder über 57 Mandate im Nationalrat.

Strache: Der Euro ist gescheitert, Recht und Demokratie in Gefahr 

Die Debatte über die ESM-Hilfe für Zypern wurde von FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian STRACHE eingeleitet. Er kritisierte die Maßnahme scharf und meinte, Europa gehe mit jedem weiteren Hilfspaket für einen Krisenstaat immer mehr in Richtung "Notverordnungsdemokratie". Zur Untermauerung seiner Argumente zitierte er besorgte Kommentare namhafter Medien, die sich bereits veranlasste sehen, den Wert von Recht und Demokratie gegenüber dem Euro zu unterstreichen, weil eine von Brüssel gesteuerte Anlassgesetzgebung vor nichts mehr zurückschrecke. Immerhin habe man im Fall Zypern bereits getestet, ob man in die Taschen kleiner SparerInnen greifen könne und von diesem Experiment nach Protesten nur "vorerst" Abstand genommen. Brüssel rechne mit dem Zusammenbruch weiterer Banken, mutmaßte Strache und sagte: Kleine SparerInnen sollten sich nicht darauf verlassen, dass sie im Falle weiterer Bankenzusammenbrüche nicht doch zur Kasse gebeten werden, wenn die Krise weiter um sich greift und sich die Frage stelle, wie deren Bewältigung finanziert werden soll.

Wie in Griechenland gehe es auch bei der Hilfe für Zypern nicht darum, den BürgerInnen zu helfen, klagte Strache. Das Geld diene ausschließlich der Sanierung der Banken, außerdem würden die strengen Auflagen die Wirtschaft Zyperns abwürgen, was die Ertragskraft des Landes schädige.

"Der Euro in dieser Form ist gescheitert", sagte der FPÖ-Klubobmann und erteilte einer Politik eine Absage, die darauf gerichtet sei, Banken zu sanieren, damit diese weiter spekulieren könnten. Zypern habe keine Chance, seine Schulden auszugleichen, weitere Hilfspakete werden daher notwendig sein, folgerte Strache.

Die 250 Mio. €, die der österreichische Anteil am Zypern-Hilfspaket ausmache, "ist in den Wind zu schreiben". Gerettet werde nicht Zypern, sondern die "Kunstwährung Euro", die nicht mehr zu retten sei, führte Strache aus und erinnerte an die Bedenken seiner Fraktion beim Beitritt Österreichs zur Eurozone. "Wann ist man endlich bereit, über Alternativen zum Euro nachzudenken?", fragte Strache und drängte darauf, den Schaden zu minimieren, der durch die Eurozone angerichtet wurde. Das sei in Wahrheit die Verantwortung der Politik, sagte Strache. Es sei endlich an der Zeit, den Diskussionsprozess über Alternativen zum Euro zu beginnen, wenn man wisse, dass die Reallöhne seit der Euroeinführung in Österreich um 30% an Wert verloren haben und der Durchschnittshaushalt in den Krisenländern des Südens ein höheres Sparvermögen aufweise als in Österreich.

Stummvoll über die Euro-Erfolgsgeschichte und tausende Arbeitsplätze

  

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) räumte ein, auch er habe keine Freude damit, Rettungspakete zu schnüren, es stelle sich aber die Frage, was die Alternative dazu sei. Ohne ESM-Hilfe würde der Staat Zypern zugrunde gehen und alle Gläubiger ihr Geld verlieren. Für Österreich würde dies einen Verlust von 6 Mrd. € bedeuten.

Da ihm klar sei, dass Beschlüsse über Euro-Hilfspakete eine Spielwiese für Populisten seien, empfahl Stummvoll, sich vor Augen zu führen, dass es aus der Sicht Österreichs eindeutig besser sei, sich im Rahmen des ESM an der Zypernhilfe zu beteiligen als tausende heimische Arbeitsplätze zu gefährden. Grundsätzlich trat Stummvoll dafür ein, die seit vielen Jahren erhobenen Warnungen des IWF ernst zu nehmen und mit einer Politik Schluss zu machen, die Glauben machen wolle, man könne Wohlstand "auf Pump" erzeugen. Vielmehr sei es in Europa notwendig, die Staatshaushalte in Ordnung zu bringen, Strukturen zu reformieren und gleichzeitig Wachstum und Beschäftigung zu fördern. Der Euro sei in Wahrheit eine Erfolgsgeschichte, er sei alles andere als in Gefahr, sondern stelle die zweitgrößte Reservewährung der Welt dar.

In Zypern gelte es konkret, den Finanzsektor zu rediminsionieren, wobei Stummvoll bedauerte, dass sich Zypern nicht früher helfen ließ, als dies noch leichter möglich gewesen sei. Nun werde das Land, das jahrelang einer falschen Politik folgte, beinhart zur Kasse gebeten, mit einer Eigenleistung, die größer sei als das Hilfspaket. Er stimme diesem Paket zu, schloss Stummvoll.

Koglers Vision vom Weißgeldstaat Österreich

Abgeordneter Werner KOGLER (G) gab FPÖ-Klubobmann Strache in einem Punkt Recht, nämlich darin, dass es notwendig sei, in der europäischen Finanzpolitik über Alternativen zu reden. "Wo sonst als in den Parlamenten soll diese Diskussion geführt werden", sagte Kogler, der es einen wichtigen Fortschritt nannte, dass der Nationalrat bei ESM-Beschlüssen mitredet und mitbestimmt und auch einen Bericht der Finanzministerin erhalten wird. 

Grundsätzlich hielt Kogler fest, dass es in Österreich finanzielle Entscheidungen von größeren Dimensionen gebe als den heutigen Beschluss über eine ESM-Hilfe für Zypern, etwa bei Haftungsübernahmen durch die Kontrollbank. Die Ablehnung der Grünen begründete Kogler mit der Feststellung, im Falle Zyperns würden wichtige Chancen versäumt. Die Debatte habe gemeinsam mit Off-Shore-Leaks zu einer Diskussion über die globale Rolle der Steueroasen geführt, sagte Kogler und warf Rot und Schwarz vor, die Chance auszulassen, Österreich aus der Schmuddelecke herauszuführen und zu einem "Weißgeldstaat" zu machen. Die Steueroasen müssen geschlossen werden, sagte Kogler und legte dazu einen Entschließungsantrag seiner Fraktion vor. Die Finanzministerin solle ihre Blockadepolitik gegen eine bessere Zusammenarbeit der EU-Länder in Sachen Steuerbetrugsbekämpfung beenden, dem automatischen Datenaustausch im Sinne der Zinsenrichtlinie zustimmen, für die Erweiterung der Zinsenrichtlinie auf Zinserträge juristischer Personen und Wertpapiererträge eintreten und den Abschluss von Betrugsbekämpfungsabkommen mit Drittländern nicht weiter blockieren, verlangte Kogler.

Bei der Zypernhilfe sei es positiv, den Bankensektor dort zurückzufahren, Einlagen über 100.000 € heranzuziehen und Großgläubiger von Banken zwangsweise in Eigentümer umzuwandeln. Denn es sei nicht möglich, Sanierungen ohne einen entsprechenden Beitrag der Vermögenden herbeizuführen. Es sei aber nicht gelungen, Vermögende mit Konten über 100.000 Euro generell zu beteiligen, obwohl sie jahrelang von Zinsen profitiert haben, kritisierte der Grün-Abgeordnete. Als offene Fragen bei der Sanierung Zyperns, die die Grünen veranlassten, ihre Zustimmung zu verweigern, nannte Kogler die Frage der Systemrelevanz und die Schuldentragfähigkeit Zyperns, dem infolge der Bedingungen des Hilfspakets eine Rezession drohe. Kritik übte Kogler auch an der Auflage, die staatliche Elektrizitätswirtschaft zu privatisieren, er halte dies volkswirtschaftlich für schädlich.

Cap will Bankgeheimnis ändern, aber nicht für Inländer

SPÖ-Klubobmann Josef CAP (S) vermisste eine Erklärung seines Vorredners, warum die österreichischen Grünen anders als ihre deutschen FraktionskollegInnenen dem Zypern-Hilfspaket nicht zustimmen. Auch für Cap ist es ein entscheidender Fortschritt, dass ESM-Entscheidungen im Ausschuss beraten und vom Nationalratsplenum beschlossen werden müssen.

In der Sache selbst gehe es um nichts weniger als darum, das Wirtschaftssystem – in dem wir nun einmal leben - aufrecht zu erhalten. Zugleich müsse man aber dafür sorgen, dass in der Krise nicht einige wenige Reiche immer wohlhabender werden, während die Masse der SteuerzahlerInnen die Kosten der Krisenbewältigung zu tragen haben. Daher müsse man bei Hilfsmaßnahmen genau darauf achten, wem sie nützen und wen sie belasten. An dieser Stelle bekannte sich Josef Cap auch dazu, Steueroasen wie Zypern zu schließen, wo Billionen von Dollars verschwinden. Dabei soll ihm zufolge auch das österreichische Bankgeheimnis geändert werden, wobei dafür zu sorgen sei, "dass Inländer nicht betroffen sind". Beim Kampf gegen Steuersünder und bei der Änderung der Zinsenrichtlinie sei darauf zu achten, dass die Zinsenbesteuerung viele Erträge nicht erfasse, weil clevere Anleger andere Formen der Veranlagung gefunden haben, die nicht versteuert werden müssen. Diesen Aspekt gelte es zu beachten und für eine Besteuerung der "Trusts" zu sorgen.

Hinsichtlich der Zypern-Hilfe hielt Cap fest, dass die Eurozone der österreichischen Exportwirtschaft nütze, die 500.000 Menschen beschäftige. Daher lohne es sich, die Eurozone im Interesse der ÖsterreicherInnen stabil zu halten. Alles andere würde zum Abbau des Sozialstaates, zur Kürzung von Pensionen und zur Einschränkung von Löhnen führen. Daher wies Cap Straches Vorschlag für eine Diskussion über ein anderes Währungssystem zurück. Österreich könne nur in einem großen Wirtschaftsraum mit einer funktionierenden Währung im globalen Wettbewerb bestehen. Es sei wichtig, die Realwirtschaft in Österreich und in Europa zu unterstützen - das nütze den ArbeitnehmerInnen, sagte Josef Cap.

Bucher warnt vor Schuldenunion und verteidigt das Bankgeheimnis

BZÖ-Klubobmann Josef BUCHER warf Cap vor, für die Zypernhilfe dieselben Argumente ins Treffen zu führen wie einst bei der Griechenlandhilfe. Auf das "Loblied" auf die Eurozone reagierte Bucher mit der pointierten Aussage: "Die ÖsterreicherInnen haben auch vor der Euroeinführung nicht auf den Bäumen gelebt". Seit dem Beitritt zu Eurozone sei vielmehr alles teurer geworden und kleine sowie mittlere Unternehmen fänden deutlich schlechtere Bedingungen vor, sich in der Konkurrenz mit Großkonzernen zu behaupten. Über diese Entwicklung sei im Nationalrat zu diskutieren, forderte Bucher.

Die Stabilisierung der Eurozone sei zu einem Freibrief für das Schuldenmachen und zur Zerstörung der Realwirtschaft in Europa geworden, kritisierte Bucher weiter und forderte Abgeordneten Stummvoll auf, nachzuweisen, worin die Systemrelevanz der zypriotischen Banken und Zyperns insgesamt bestehe. Die ESM-Hilfe für Zypern diene nicht den Menschen dort, sondern nur den Banken. Es sei abzulehnen, auf Spareinlagen zuzugreifen, hielt Bucher fest und meinte, damit treffe man keinen einzigen Oligarchen, denn diese Leute hatten genügend Zeit, ihr Geld woanders zu verstecken. Es stelle sich die Frage, wie Zypern 13 Mrd. € an Eigenleistung für seine Sanierung aufbringen solle und ob das Geld des ESM reichen werde. Man hätte illiquide Banken in Konkurs gehen lassen sollen, sagte Bucher und warnte einmal mehr vor einer europäischen Bankenunion und einer Vergemeinschaftung der Bankschulden in Europa. Die Schulden der europäischen Banken betrügen 33 Billionen Euro, rechnete Bucher vor und sah die Ersparnisse der Menschen in Gefahr. Daher werde er das Bankgeheimnis als ein wichtiges Grundrecht der BürgerInnen verteidigen, sagte der BZÖ-Klubobmann.

Bucher plädierte für die Etablierung eines Trennbankensystems im Sinne einer Spaltung des Bankensektors in Spekulationsbanken und Geschäftsbanken und meinte, die SteuerzahlerInnen könnten dann gut und gern eine Haftung für die seriösen Geschäftsbanken übernehmen. Der BZÖ-Klubchef sah grundsätzlich im Zusammenhang mit den Rettungspaketen die Leistungsfähigkeit der SteuerzahlerInnen in Österreich und anderen Staaten des Nordens angesprochen, die peripheren Länder des Südens immer wieder "durchzufüttern". Die Grenze der Belastung sei längst überschritten, stand für den Redner fest, der im Übrigen eine Steuersenkung in Österreich forderte, "damit es mit dem Wohlstand und der Wirtschaftsleistung wieder bergauf geht".

Lugar: Zypern ist nicht systemrelevant

Klubobmann Robert LUGAR (T) hielt der Regierung entgegen, das Bekenntnis zur Währungsunion schließe nicht automatisch Solidarität bei selbstverschuldeten Problemen mit ein. Der Redner erinnerte an die Kleinheit der zyprischen Wirtschaft und vertrat die Meinung, die Mittelmeerinsel sei nicht systemrelevant für den Euro, eine Pleite des Landes würde die Gemeinschaftswährung nicht gefährden. Lugar lehnte das Hilfspaket entschieden ab und argumentierte, eine Zustimmung heute würde den Damm brechen und dazu führen, dass nun jedem anderen Land ungehemmt geholfen werden müsse. Der Klubobmann des Team Stronach warf Zypern, aber auch Griechenland vor, sich nicht an die Regeln gehalten zu haben, und appellierte an die Eigenverantwortung der einzelnen Staaten. Doch genau diese Eigenverantwortung würde durch den ESM nun ausgehebelt, warnte er. Wenn es um Solidarität geht, dann sei diese vielmehr in Bezug auf die heimischen SteuerzahlerInnen angesagt, die letztlich für die Zypern-Hilfe aufkommen müssen, unterstrich er.

Fekter: ESM Hilfe ist mit strengen Auflagen verbunden

Bundesministerin Maria FEKTER führte die Schieflage Zyperns auf die Probleme des aufgeblähten Bankensektors zurück. Da der Staat alleine die Banken nicht mehr retten könne, müsse nun die Gemeinschaft mithelfen, dies vor allem auch, um Ansteckungseffekte zu vermeiden. Zypern erbringe aber mit 10 Mrd. € an Eigenleistung einen großen Beitrag, die Hilfe durch den ESM wiederum stehe unter strengen Auflagen, betonte Fekter. So fließe das Geld nicht in die Banken, sondern decke die Neuverschuldung des Landes, zahle Staatsausgaben und Gehälter und helfe damit vor allem auch der zyprischen Bevölkerung. Das Programm der EU sehe weiters die Verpflichtung zur Umstrukturierung der zyprischen Wirtschaft sowie zur Bekämpfung der Geldwäsche vor. In diesem Sinn werde es, wie Fekter erläuterte, nun ein Trust-Register geben, das die Eigentumsverhältnisse an den anonymen Strukturen offenlegt.

Österreich habe keine derartigen anonymen Strukturen und sei deshalb kein Paradies für Geldwäsche und Steuerflucht, stellte die Ministerin in diesem Zusammenhang fest. Sie betonte mit Nachdruck, Österreich sei ein Hochsteuerland, ein Vergleich mit Steuerparadiesen sei nicht gerechtfertigt.

Sind die Rezepte hinter den Sparpaketen die richtigen?

An die Adresse der Opposition gerichtet, bemerkte Abgeordnete Gabriele TAMANDL (V), sie vermisse vor allem ein Bekenntnis zu Verantwortung und Solidarität in Europa, und gab zu bedenken, auch die österreichische Bevölkerung würde sich Solidarität erwarten, wenn das eigene Land einmal in eine Krise schlittert. Faktum war für Tamandl, dass Österreich vom Euro profitiere und dass die Gemeinschaftswährung Sicherheit für den Wohlstand, aber auch für die Pensionen bedeute. Was Zypern betrifft, wies die Rednerin auf die Notwendigkeit der Transparenz hinsichtlich der Eigentümerverhältnisse bei den Trusts sowie auf eine Erhöhung der Körperschaftssteuer hin und forderte zudem einen entschlossenen Kampf gegen die Geldwäsche. Bei all den mit der EU akkordierten Maßnahmen müsse man aber Bedacht darauf nehmen, Zypern nicht zu überfordern, gelte es doch, das Land wieder auf die Beine zu bringen, betonte Tamandl.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) wies den Vorwurf der FPÖ zurück, mit den ESM würde die Demokratie abgeschafft, und betonte vielmehr, die Demokratie würde gestärkt, zumal ja jede Hilfe von der Zustimmung des Parlaments abhängig sei. Die Kleinheit Zyperns ließ Krainer nicht als Argument gegen eine Rettung gelten, wobei er zu bedenken gab, auch Österreich zähle zu den kleineren EU-Staaten. Klar war für den Redner überdies, dass das Geld nicht an die Banken gehe, sondern letztlich dort ankomme, wo es benötigt werde, etwa bei LehrerInnen oder Krankenschwestern etc. In Summe bezeichnete der SPÖ-Mandatar die heutige Hilfe an Zypern als Ausdruck der Solidarität und der Sorge um die Stabilität in der Eurozone. Krainer rief ferner das erste Hilfspaket in Erinnerung, das im Gefolge der Bankenkrise in Mittel- und Osteuropa geschnürt wurde und von dem damals vor allem Österreich profitiert hatte. Kritisch äußerte sich Krainer allerdings in Bezug auf die Rezepte, die hinter den Sparpaketen stehen und die seiner Meinung nach die Krise noch verschärfen könnten. Er forderte ein diesbezügliches Umdenken und sah ferner auch Handlungsbedarf beim Bankgeheimnis. Die politische Zusage Österreichs zum automatischen Datenausgleich sei bereits 2003 erteilt worden. Diese Zustimmung jetzt aus technischen Gründen zu verweigern, würde Österreich nur schaden, warnte er.

Abgeordneter Herbert KICKL (F) zweifelte an der Wirkung der Rettungsmaßnahmen und stellte fest, das Zypernpaket helfe niemandem. Zyperns Volkswirtschaft würde bloß noch der letzte Sauerstoff entzogen, die Zeche müssten die kleinen Leute bezahlen, während die Banken ihre Schäfchen längst im Trockenen haben, lautete seine Kritik. Kickl sprach überdies von einer Zeitbombe für Österreich und wies auf die hohen Haftungen hin, wobei er anfügte, letztlich gehe es bei dem vorliegenden Paket um eine Rettung der Banken und Spekulanten. Die Finanzministerin bezichtigte er vor diesem Hintergrund der "Scharlatanerie", dem Bundeskanzler wiederum warf er vor, am 1.Mai zwar von Gerechtigkeit zu sprechen, sich dann aber seine Befehle von den Spekulanten und den Banken abzuholen. Der FP-Redner sah zudem auch die Sicherheit der österreichischen Spareinlagen gefährdet und stellte fest, die Einlagengarantie gelte auch hierzulande nur genau so lange, als man die Gelder der Sparbücher nicht braucht.

Das Zypernpaket sei respektabel betonte Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) und führte dafür ins Treffen, erstmals würde man sich in Richtung einer wirksamen Bankenunion und Bankenabwicklung bewegen. Der Grundsatz "too big to fail" gelte damit in Europa nicht mehr, vielmehr gebe es nun vergleichbare Spielregeln für die Realwirtschaft und den Bankensektor. Bartenstein begrüßte insbesondere die sogenannte Haftungskaskade, die zunächst bei den Aktionären der Banken ansetzt und erst in letzter Instanz die SteuerzahlerInnen sowie die Union im Wege des ESM zur Kasse bittet. Was die heutige Abstimmung betrifft, erinnerte der ÖVP-Mandatar daran, dass in Deutschland die oppositionelle SPD, aber auch die Grünen für die Zypern-Rettung gestimmt hatten, und bemerkte, in Österreich hingegen sitze die Opposition in einem Boot mit der deutschen postkommunistischen Linken.

Es gebe noch keinen EU-Beschluss für eine derartige generell wirkende Haftungskaskade, erinnerte daraufhin Abgeordneter Bruno ROSSMANN (G). Im gegenständlichen Hilfspaket für Zypern manifestierte sich für den Grün-Mandatar erneut das "System des Kaputtsparens" eines Krisenlandes, denn das darin vorgesehene Reformprogramm mit Ausgaben- und Lohkürzungen sowie steigenden Steuern werde Zypern in eine tiefe Rezession führen. Rossmann bezweifelte das kolportierte systemische Ansteckungsrisiko Zyperns auf andere Länder, das als Argument für die geplanten Rettungsmaßnahmen vorgebracht wird, außerdem weise der Mittelmeerstaat auch nicht die laut ESM-Vertrag für Hilfen notwendige Schuldentragfähigkeit auf, bekrittelte er.

Schieder: Den Ursachen der Krise wird zu Leibe gerückt

Ein Ansteckungsrisiko sei bei einer Pleite Zyperns zweifelsohne gegeben, erwiderte Staatssekretär Andreas SCHIEDER, so seien etwa zypriotische Banken eng mit dem Bankensektor Griechenlands verwoben, deswegen hoffe er noch heuer auf ein europaweites Bankeninsolvenzrecht. An Zypern zeige sich letztendlich die volkswirtschaftliche Gefahr eines überdimensionierten Finanzplatzes, daher setze das Rettungspaket im Bankensektor an und bitte diesmal auch Anleihengläubiger, Aktionäre und die Besitzer von Oligarchenvermögen im Rahmen der Bankensanierungen zur Kasse. Zudem würden mit dem Hilfsprogramm den Ursachen der Krise, nämlich der intransparenten Vermögensverwaltung in Form von Trusts, zu Leibe gerückt, umriss Schieder die Bestimmungen der Hilfeleistung.

Im Sinne der wirtschaftlichen Erholung Zyperns setze die EU jedoch längere Fristen zur Umsetzung ihrer Auflagen, so Schieder. Bezugnehmend auf die Handhabe des ESM meinte der Staatssekretär, man betrete hier demokratisches Neuland, da zum einen schnelle Reaktionen und Vertraulichkeit geboten, zum anderen parlamentarische Diskussionen darüber nötig seien. Österreich habe mit der Installierung des ESM-Unterausschusses eine gute Informationsmöglichkeit dazu gefunden, befand er.

Womit hängt die Systemrelevanz eines Landes zusammen?

Ohne Hilfspaket würde Zypern in einen ungeordneten Konkurs schlittern, warnte Abgeordnete Christine MUTTONEN (S). Nicht nur die zypriotische Bevölkerung, die gesamte Eurozone hätte dann die Konsequenzen des Staatsbankrotts zu tragen. Krisenstaaten benötigten Ruhe und Stabilität bei ihrer Finanzwirtschaft, schon um wichtige Initiativen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit setzen zu können. Aus diesem Grund müsse die EU allen Verunsicherungen auf den Finanzmärkten, etwa durch steigende Zinsen auf Staatsanleihen, mit vereinten Kräften vorbeugen. Das Zypern-Hilfspaket stellt für Muttonen einen Paradigmenwechsel dar, denn mit ihm werde nicht nur Steuerbetrug reduziert, auch die Nutznießer riskanter Geldgeschäfte kämen nun im Falle einer Bankenpleite zum Handkuss. Insgesamt gewährleiste das Paket eine faire Kostenverteilung, auch wenn eine noch höhere Bemessung der Kapitalertragssteuern wünschenswert gewesen wäre, sagte die SPÖ-Politikerin.

Der von Schieder angesprochene ESM-Unterausschuss bietet für Abgeordneten Rainer WIDMANN (B) keineswegs ausreichende Informationsangebote, zumal dieses Gremium vertraulich ist, wie er bemängelte. An der angepeilten Zypern-Hilfe beanstandete der BZÖ-Mandatar, es gebe dazu verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich der Systemrelevanz des Inselstaates und überdies flössen die Hilfsgelder einzig den zypriotischen Banken zu, während die dortige Bevölkerung starke Kürzungen von Löhnen und Pensionen sowie Privatisierungen zu verkraften habe. Beim ESM ortete Widmann das Problem, dass dieser mit viel zu wenig Mitteln ausgestattet sei, um alle Staatsschulden der Eurozone schultern zu können. Seitens seiner Fraktion werde als Lösung der Krise eine drastische Reform des Bankensektors mittels eines Trennbankensystems gefordert, beschrieb er und machte sich erneut für die Sicherung österreichischer Spareinlagen stark.

Abgeordneter Jakob AUER (V) verbat sich, die Systemrelevanz eines Landes von seiner Größe abhängig zu machen, immerhin sei die Republik Österreich auch für die Hypo Alpe Adria Bank des Bundeslandes Kärnten in die Bresche gesprungen. Österreichs Nutzen an der EU-Mitgliedschaft dürfe ebenfalls nicht angezweifelt werden, die gute österreichische Beschäftigungslage sei nämlich nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen. Als wichtige Säule des heimischen Arbeitsmarktes erachtete Auer allerdings das System der Sozialpartnerschaft, wodurch sich für ihn auch die Verpflichtung zur Solidarität gegenüber anderen EU-Staaten ergab, und er legte damit ein Bekenntnis zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum mit dem Euro als stabiler Währung ab.

Die Geldpolitik der EU sei eine reine Umverteilung von den reicheren Ländern zu jenen, die jahrelang ihre Mittel verprasst hätten, meinte Abgeordneter Christoph HAGEN (T). Die Erklärung, mit den Hilfszahlungen an Zypern sichere man die Einkommen der dortigen BürgerInnen, ließ der Stronach-Politiker angesichts der ihm zufolge zu geringen Löhne, etwa der heimischen Polizei, nicht gelten. Im Detail beschrieb Hagen die Regelungen des ESM und kritisierte dabei unter anderem, dass die Mitglieder diese Vertrags unwiderruflich diesbezüglichen Finanzierungsaufforderungen nachzukommen hätten, der ESM jedoch über gerichtliche Immunität verfüge und somit nicht eingeklagt werden könne. Auch an der vorgeschriebenen Geheimhaltung der ESM-Unterlagen stieß Hagen sich.

Das Zypern-Hilfspaket sichere eine faire Lastenverteilung und Kontrolle hielt Abgeordnete Christine LAPP (S) dem entgegen und sie erachtete dies als wichtigen Beitrag zu einer gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzpolitik der EU. Seit 2011 sei Zypern von den Finanzmärkten abgeschottet, das habe sich aus dem überbordenden und kaum kontrollierten Finanzsektor ergeben, in dem überhöhte Zinsen die Praxis des Steuerdumpings an der Tagesordnung waren, schilderte Lapp die Problematik. Das Abschaffen der genannten Missstände und die Beteiligung der Banken auf Kosten der Großanleger sah die SPÖ-Mandatarin als bedeutende Komponenten des Maßnahmenpakets, wenngleich sie noch EU-weit einheitliche Steuersätze für Unternehmen vermisste.

Wachstum nicht ausschließlich auf Finanzwirtschaft aufbauen

Seit 2008 sei eine Reihe von Staaten zahlungsunfähig geworden, auffälliger Weise seien dies alles Staaten der Eurozone gewesen, Island habe hingegen seine Probleme selbst lösen können, merkte Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) eingangs seiner Ausführungen an. Das erlaube den Schluss, dass das Eurosystem nicht den Weg aus der Krise weise. Im Falle Zyperns werde die nachhaltige Sanierung so wenig gelingen, wie das bei Griechenland der Fall sei, zeigte sich der Abgeordnete überzeugt. Die Unterstützungszahlungen hielten die Krisenländer zwangsweise in der Währungsunion fest. Der Erhalt der Eurozone um jeden Preis folge keiner ökonomischen Logik, sondern sei reine Ideologie. Da aber die Mehrheit der Abgeordneten offenbar nicht imstande sei, diesen Holzweg zu verlassen, sei es hoch an der Zeit, das Volk über essentielle Lebensfragen auf den Weg der direkten Demokratie entscheiden zu lassen.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) hielt seinem Vorredner entgegen, er stelle entweder Behauptungen wider besseren Wissens auf, weil er sich davon Wählerstimmen verspreche, oder er verstehe das Problem tatsächlich nicht. Die Krise Zyperns sei kein Problem der Währungsunion sondern ein schlagendes Beispiel dafür, dass man Wachstum nicht ausschließlich auf der Finanzwirtschaft aufbauen könne. Das zypriotische Modell, sich als Steueroase anzubieten, sei jedenfalls am Ende. Laut Matznetter war es der erste "Sündenfall", als man Irland erlaubte, sich für die Steuerflucht amerikanischer Firmen zu Verfügung zu stellen. Nun müsse auch Zypern über Investitionen in die Realwirtschaft den Weg zurück zu einer nachhaltigen Wirtschaft finden. Nur solche Investitionen würden aus der Krise herausführen, stellte der Redner fest.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) sprach sich zwar für Hilfe an Zypern aus, das vorliegende Paket enthalte dazu aber nicht die richtigen Maßnahmen, kritisierte sie. Vielmehr hätte man die Gelegenheit verpasst, das Land zur Einführung der Finanztransaktionssteuer zu zwingen. Die Einführung eines Trust-Registers sei zwar eine richtige Maßnahme, aber noch nicht ausreichend. Das Land brauche die Schaffung von Arbeitsplätzen. Maßnahmen wie Kürzungen von Löhnen und Pensionen oder die Anhebung von Gebühren würden hier aber das falsche Signal setzen. Europa müsse insgesamt mehr in den Sozialbereich, in den Umweltschutz und in Forschung und Entwicklung investieren. Der EU-Finanzrahmen lasse aber dazu die richtigen Impulse vermissen, so ihr Befund.

Den grundlegenden Systemfehler ortete Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) darin, dass man die Währungsunion an den Beginn der Integration sehr unterschiedlicher Volkswirtschaften gesetzt habe, anstatt sie zum krönenden Abschluss einer erfolgreichen Harmonisierung gemacht zu haben. Die Eurozone ignoriere nun immer wieder die eigenen Verträge, man taumle von einem angeblichen Sonderfall zum nächsten und sei so in einer tiefen Vertrauenskrise angelangt. Es sei an der Zeit, Nägel mit Köpfen zu machen und die Eurozone auf eine Kernzone zu beschränken, argumentierte Westenthaler und brachte einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, der die Finanzministerin zu einem Fünf-Punkte-Programm auffordert, damit die BürgerInnen Österreichs vor negativen Folgen der Bankenrettungen geschützt werden.

Gerüchte über einen "Schatten-ESM"

Abgeordneter Elmar PODGORSCHEK (F) sah ein sich immer wieder wiederholendes Szenario, mit dem ein Krisenstaat nach dem anderen vorgeblich gerettet werden soll. In Wirklichkeit verhindere der Verbleib dieser Länder im Euro ihre Erholung. Sie könnten ihre Währungen nicht abwerten, was zum Schaden ihrer Tourismus- und Exportindustrie gehe. Island zeige ein Beispiel, wie es anders gehen könne. Eine Einheitswährung funktioniere letztlich nur mit einem Einheitsstaat, wenn man diesen wolle, sollte man das auch klar aussprechen, sagte Podgorschek. Er brachte einen Entschließungsantrag seiner Fraktion mit der Forderung auf Abhaltung einer Volksabstimmung über den Verbleib Österreichs in der Währungsunion ein.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) kritisierte das geplante Maßnahmenpaket für Zypern mit der Aussage, hier werde ausschließlich Politik für die Banken, nicht für die Menschen gemacht. Er appellierte daher an die Abgeordneten der Regierungsfraktionen, dem Zypernpaket nicht zuzustimmen und plädierte außerdem dafür, die Verursacher der Krise zur Kasse zu bitten. Das lange Zögern der EU im Falle Zyperns habe es den Oligarchen aber ermöglicht, Milliarden aus dem Land abzuziehen, bemängelte er. Die angebliche europäische Solidarität sei nur eine neue Form des Kolonialismus, schloss Huber.

In Zypern werden die Maßnahmen, die in anderen Ländern schon nicht funktioniert haben, ebenfalls nicht greifen, zeigte sich Abgeordneter Roman HAIDER (F) überzeugt. Es sei undenkbar, dass das Land seine Sparziele erreichen oder die Kredite aus dem ESM jemals zurückzahlen könne, es dürfte diese rechtens daher gar nicht erhalten. Die EU habe hier die eigenen Grundsätze über Bord geworfen und dabei das Vertrauen der SparerInnen zerstört. Der richtige Weg wäre gewesen, Zypern aus dem Euro-Gefängnis zu entlassen, meinte er. Offenbar strebe man aber den europäischen Superstaat, sagte Haider und sah Nachrichten über das Projekt eines "Schatten-ESM" für nicht-Euro-Staaten als neuerliches Indiz dafür.

Abgeordneter Alois GRADAUER (F) war ebenfalls überzeugt, dass der Euro eine Fehlkonstruktion darstellt. Das zeige sich an den 26 Millionen Arbeitslosen, davon neun Millionen Jugendliche, in der EU und einer durchschnittlichen Verschuldung der EU-Staaten von 85%. Nicht-Eurostaaten seien hingegen wirtschaftlich wesentlich besser unterwegs, erklärte er, das Krisenmanagement der EU sei katastrophal. Für Zwangsenteignungen von SparerInnen werde sich die FPÖ sicher nicht zur Verfügung stellen, hielt Gradauer fest.

Auch Abgeordneter Maximilian LINDER (F) sah die Eurozone als Sorgenkind der Weltwirtschaft. Seine erste Sorge gelte aber den österreichischen SteuerzahlerInnen. Diese würden nun belastet, um Ländern zu helfen, welche jahrelang höhere Zinsen für Sparkonten und niedrigere Steuern als Österreich geboten haben. Auch Linder sprach den offenbar geplanten "Schatten-ESM" an, der aus dem EU-Haushaltsrahmen finanziert werden solle. Das sei Geld, das in anderen Bereichen fehlen würde, meinte er und forderte die Finanzministerin auf, solchen Plänen klar entgegen zu treten.

Abgeordneter Mathias VENIER (F) bezeichnete das Vorgehen der EU als "kollektiven Rechtsbruch". Die Insolvenz der südlichen Euroländer werde sich letztlich nicht aufhalten lassen, nach Meinung seiner Fraktion wäre es daher besser gewesen, diesen Weg schon früher zu beschreiten. Die FPÖ habe im Übrigen bereits 1997 auf die Probleme des Euro hingewiesen und vor ihm gewarnt. Alle damals angeführten Punkte seien eingetroffen. Die EU sei auf dem Weg zu einem Einheitsstaat, was einen Souveränitätsverlust für Österreich bedeuten würde, folgerte Venier.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) bekräftigte die Ablehnung der Zypernhilfe durch seine Fraktion. Die Regierungsparteien würden heute 250 Mio. € an Zypern "verscherbeln", meinte er, gleichzeitig wüssten SPÖ und ÖVP nicht, wie sie die Finanzierung von hochwertiger Pflege in Österreich sicherstellen können. Für Grosz hat die heutige Debatte außerdem klar gezeigt, dass die Regierung "Handlungsunfähigkeit zum Prinzip erkoren hat", die Koalition taumle von einer Krise in die nächste. (Schluss) red