Parlamentskorrespondenz Nr. 278 vom 19.03.2019

Gesundheitsausschuss: EU-Vergleich zum Nichtraucherschutz in der Gastronomie

Weiteres öffentliches Hearing zum "Don´t smoke"-Volksbegehren führt zu unterschiedlichen Bewertungen

Wien (PK) – Nach insgesamt drei öffentlichen Hearings, der Einholung zahlreicher ExpertInnenmeinungen und intensiven Debatten wurden die Beratungen über das "Don´t smoke"-Volksbegehren im Gesundheitsausschuss abgeschlossen. Heute stand noch ein Bericht des Rechtsdienstes der Parlamentsdirektion auf der Tagesordnung, der einen Überblick über die Nichtraucherschutzregelungen in der Gastronomie in den einzelnen EU-Staaten liefert. Während die VertreterInnen von SPÖ, NEOS und JETZT die Ergebnisse der Studie dahingehend beurteilten, dass Österreich in Bezug auf die Schutzbestimmungen zu den Schlusslichtern in Europa gehört, hob Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ) hervor, dass es in der Mehrheit der Staaten – nämlich 15 von 28 – kein absolutes Rauchverbot gibt.

Die Opposition zeigte sich empört darüber, dass die Regierung nicht nur die Meinung der zahlreichen Fachleute ignoriere, sondern auch jene der fast 900.000 Personen, die das Volksbegehren unterschrieben haben. Auch der stellvertretende Bevollmächtigte des Volksbegehrens Paul Sevelda appellierte noch einmal an die politisch Verantwortlichen und gab zu bedenken, dass weder die Trennung in Raucher- und Nichtraucherbereiche noch die Kontrolle des Jugendschutzes in der Praxis ausreichend funktioniere.

Auf der Agenda standen auch noch drei oppositionelle Anträge, die allesamt abgelehnt wurden. Darin geht es um die Umsetzung des generellen Rauchverbots in der Gastronomie (405/A ), die Einführung eines Rauchverbots auf Kinderspielplätzen (515/A ) sowie um den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch (610/A(E )).

Ebenfalls keine Mehrheit fanden die im Zuge der Debatte eingebrachten Anträge betreffend Nichtraucherschutz und Rauchverbot in der Gastronomie (SPÖ), betreffend verfassungskonforme Reparatur der Raucherregelung in der Gastronomie (NEOS und JETZT), betreffend Schutz von Kindern vor Passivrauch (NEOS und JETZT) sowie betreffend Anbringung von Warnhinweisen bei Nichtraucherräumen in Mischbetrieben (JETZT).

Das Volksbegehren (434 d.B.) und die ebenfalls behandelte Petition " Don´t Smoke, das Nichtraucherschutzgesetz muss bleiben" (1/PET ) werden somit das Parlament noch weiter beschäftigen, und zwar im Zuge der nächsten Nationalratssitzungen. Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen wurde zudem eine Ausschussfeststellung angenommen, indem in Bezug auf die Forderung nach Rauchverboten auf Kinderspielplätzen auf die Zuständigkeiten der Länder und Gemeinden verwiesen wird.

Gastronomischer Nichtraucherschutz in der EU: Oft sehr strenge Auflagen für Ausnahmebestimmungen

Generell wurden die Schutzbestimmungen in der Gastronomie seit dem Jahr 2013 ausgebaut, erklärte der Autor des Fachdossiers "Wie steht es um den NichtraucherInnenschutz in der EU" Christoph Konrath. Die Auswertungen haben ergeben, dass es derzeit in 13 von 28 Mitgliedstaaten ein absolutes Rauchverbot gibt. Deutschland sei dabei ein Spezialfall, da der NichtraucherInnenschutz in den 16 Bundesländern unterschiedlich geregelt ist.

In einzelnen Ländern mit absolutem Verbot sei Rauchen in teilweise geschlossenen Außenbereichen (z.B. Terrassen) gestattet, erläuterte der Mitarbeiter des Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftlichen Dienstes der Parlamentsdirektion. Dies führe in der Praxis zu Abgrenzungsproblemen und Rechtsstreitigkeiten. Bei den 15 Staaten mit Ausnahmebestimmungen müsse man bedenken, dass diese sehr unterschiedlich geregelt und teilweise sehr weitreichend sind. So dürfen etwa in Luxemburg und Dänemark weder Getränke noch Speisen im Raucherbereich serviert werden. Die Konsumation von Speisen und Getränken in Raucherbereichen sei europaweit nur in Italien und Österreich zulässig. Auch die Vorgaben bezüglich der Fläche des Raucherbereichs oder der technischen Voraussetzungen (z.B. Belüftungssysteme, physische Trennung) divergieren sehr stark. Dies führe unter anderem dazu, dass die Ausnahmeregelungen von den Betrieben kaum genutzt werden. Die Werte reichen von 1% der Lokale in Polen bis zu 10% in Estland, informierte Konrath. Dazu vorliegende Daten stünden jedoch nur von wenigen Ländern zur Verfügung.

Weiters sprach Konrath die ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen in der Gastronomie an, wobei neben unionsrechtlichen Vorgaben vereinzelt begleitende Bestimmungen vorgesehen sind. In Schweden und Slowenien etwa dürfen Bedienstete Raucherräume nicht betreten, wenn sich darin rauchende Personen befinden. Der Zutritt für Jugendliche in Raucherbereiche sei in den meisten Staaten nicht ausdrücklich geregelt. Ein explizites Verbot gebe es in einzelnen deutschen Bundesländern, in Estland und Portugal. Was die Anerkennung von Berufskrankheiten angeht, so sei dies in Dänemark, Estland, Polen und Schweden unter bestimmten Voraussetzungen auf individueller Basis möglich. In Deutschland berate derzeit der Ärztliche Sachverständigenrat über die Anerkennung von Lungenkrebserkrankungen durch Passivrauch am Arbeitsplatz als Berufskrankheit.

SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner stimmte mit dem Autor des Berichts überein, dass Österreich eine sehr weitgehende Ausnahmeregelung mit relativ wenig Auflagen hat. De facto stelle Österreich gemeinsam mit der Slowakei das Schlusslicht in Europa dar. Es gebe in der Politik selten die Möglichkeit, dass man mit einer einzelnen Maßnahme derart viel erreichen könne wie mit einem generellen Rauchverbot in der Gastronomie, führte Rendi-Wagner ins Treffen. Die Jugend habe ein Recht auf eine gesunde Zukunft. Auch Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek gab zu bedenken, dass in zwölf der 15 Länder, in denen es Ausnahmebestimmungen gibt, gleichzeitig sehr hohe Auflagen gelten. Diese wirkten de facto wie generelle Rauchverbote in der Gastronomie. In Österreich hingegen sei die Ausnahme die Regel, beklagte ihr Fraktionskollege Philip Kucher. Kein einziger Experte habe im Rahmen der Hearings die Meinung vertreten, dass Österreich derzeit eine sinnvolle Regelung hat. Ein konsequenter Nichtraucherschutz müsse daher umgesetzt werden. Österreich habe eines der strengsten Arbeitnehmerschutzgesetze, hob Dietmar Keck (SPÖ) hervor, nur für die Gastronomie gelte eine spezielle Ausnahme. Es sei nicht einzusehen, warum die ArbeitnehmerInnen in zwei unterschiedliche Kategorien eingeteilt werden.

Bei näherer Betrachtung der Ergebnisse sehe man klar, dass Österreich beim Nichtraucherschutz sehr schlecht abschneidet, meinte Gerald Loacker (NEOS). In einigen Ländern dürfen die Bediensteten nicht einmal in die Raucherräume hineingehen. Die Regierung befindet sich seiner Ansicht nach ohnehin auf einem Rückzugsgefecht, zumal die derzeitige Rechtslage auf Dauer nicht haltbar sei.

Der Bericht der Parlamentsdirektion enthalte sehr viele interessante Fakten, die vorher vielleicht nicht jedem bekannt waren, urteilte Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ). Auch die Opposition müsse zur Kenntnis nehmen, dass in insgesamt 15 Staaten kein absolutes Rauchverbot eingeführt wurde. Außerdem gebe es noch weitere Ausnahmen wie z.B. in der Hotellerie, bei Vereinen oder Diskotheken. Generell stellte er fest, dass die Regierung das Thema nicht auf die leichte Schulter genommen hat und dass in den letzten Monaten sehr ausführlich darüber beraten wurde. Außerdem habe die Regierung in Sachen Kinder- und Jugendschutz extrem viel weitergebracht, ist er überzeugt. Allgemeine Betretungsverbote könnten aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht beschlossen werden. Die Länder hätten aber jederzeit die Möglichkeit, solche Bestimmungen einzuführen, hielt er den KritikerInnen entgegen.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP) hielt vor allem bewusstseinsbildende Maßnahmen für wichtig. Dies zeige das Beispiel Australien, wo das Rauchen bei den Jugendlichen nicht mehr cool sei. Ansetzen müsse man vor allem bei der Gruppe der Lehrlinge, die noch einen sehr hohen Raucheranteil aufweist.

Kinder und Jugendliche haben einfach nichts in verqualmten Räumen verloren und müssen daher den höchstmöglichen Schutz erfahren, argumentierte Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) unter Bezugnahme auf den Entschließungsantrag ihrer Fraktion. Sie forderte darin die Gesundheitsministerin auf, eine bundeseinheitliche Regelung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch in jenen gastronomischen Betrieben zu erlassen, in denen es weiterhin Raucherbereiche gibt. Außerdem brauche es eindeutige Warnhinweise, dass auch in Nichtraucherbereichen mit einer Feinstaubbelastung gerechnet werden müsse. Wenn schon einzelne Eltern so verantwortungslos seien und ihre Babys und Kinder dem Tabakrauch aussetzten, dann müsse die Politik tätig werden.

Es sei unzumutbar, dass auf Österreichs Spielplätzen geraucht wird, stellte Abgeordnete Karin Greiner fest, die damit auf einen Entschließungsantrag der SPÖ näher einging. Nicht nur Eltern und Kinder beklagten sich über diesen Zustand, sondern auch Gemeinden und Länder, welche diesen Wunsch mangels Kompetenzen aber nicht umsetzen können. Eine entsprechende Anpassung des Tabak- und NichtraucherInnenschutzgesetzes (TNRSG) sei daher dringend erforderlich.

Bundesministerin Beate Hartinger-Klein erinnerte daran, dass unter der Vorvorgängerregierung ein Gesetz beschlossen wurde, das eine Trennung in Raucher- und Nichtraucherbereiche beinhaltet hat. Dies habe dazu geführt, dass in der Gastronomie entsprechende Investitionen getätigt werden mussten. Was die Betretungsverbote für Kinder und Jugendliche angeht, so liege es auch in der Verantwortung der Eltern, entsprechende Maßnahmen zu setzen. Auch bezüglich der Warnhinweise zeigte sich die Ministerin skeptisch, da auch jene auf den Zigarettenpackungen keine abschreckende Wirkung hätten. Im Hinblick auf den ArbeitnehmerInnenschutz wies Hartinger-Klein darauf hin, dass bei den Lehrlingen eine Verbesserung erreicht worden sei, zumal sie sich nunmehr maximal eine Stunde in Raucherbereichen aufhalten dürfen. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) sue