Parlamentskorrespondenz Nr. 488 vom 07.05.2019

Rückkehr des Wolfes setzt Politik unter Zugzwang

Landwirtschaftsausschuss debattiert über Petitionen zum Thema Wolf

Wien (PK) – Dass die Rückkehr des Wolfes nicht auf ungeteilte Zustimmung stößt, sondern vielmehr auch Ängste und Besorgnis in der Bevölkerung, insbesondere in der Bauernschaft, auslöst, wurde heute einmal mehr auch im Landwirtschaftsausschuss deutlich. Den Ton der Debatte gaben dabei drei Petitionen zum Schutz der Siedlungs- und Weidegebiete im Waldviertel, in Tirol und Salzburg vor, in denen unter anderem Entschädigungszahlungen für betroffene Bauern gefordert werden. Die Regierungsparteien wiesen auf die Probleme für die Weidewirtschaft und die Gefahr für den Fortbestand der Almen in Österreich hin und sahen Handlungsbedarf für gemeinsame Lösungen mit den Ländern und allen Beteiligten. Für Letzteres plädierte auch die SPÖ, die dabei aber das Thema Artenschutz ansprach und zudem angesichts des aktuell geringen Wolfbestands mahnte, "die Kirche im Dorf zu lassen". Mit den drei Petitionen wird sich nun der Nationalrat in einer seiner nächsten Sitzungen befassen.

SPÖ und NEOS brachten in der Sitzung auch das Thema Pestizide und Insektenschutz aufs Tapet und verlangten in einer Reihe von Anträgen eine Reduktion des Einsatzes von chemischen Pflanzenschutzmitteln bzw. ein Verbot von Glyphosat und Chlorpyrifos. Diese Initiativen wurden ebenso vertagt wie ein SPÖ-Vorstoß für einen Plan zur Verringerung der Zahl der Tiertransporte,

Petitionen spiegeln Bedenken der Bauernschaft wider

Die drei Petitionen – sie waren am 13.2.2019 bereits Gegenstand eines Hearings im Petitionsausschuss (siehe Meldung der Parlamentskorrespondenz Nr. 130/2019) - weisen vor allem auf die zahlreichen Probleme hin, die sich durch die Zunahme der Wolfspopulation im Waldviertel (5/PET) , in Tirol (7/PET) und in Salzburg (11/PET) ergeben, und bringen dabei auch die Ängste und Bedenken der Bauern zum Ausdruck. Gefordert werden etwa gesetzliche Grundlagen, um so genannte Problemwölfe entnehmen zu können, dies auch durch entsprechende Nutzung von europarechtlichen Ausnahmeregelungen bzw. durch eine Änderung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Weiteres Anliegen ist die Zahlung von Entschädigungen an betroffene Bauern.

ÖVP-Abgeordneter Hermann Gahr rief in der Debatte dazu auf, die Sorgen der Landwirtschaft ernst zu nehmen und sämtliche Möglichkeiten auszuschöpfen, wobei es, wie er betonte, nicht um eine Ausrottung des Wolfes, sondern vielmehr darum gehe, die Gefahren gemeinsam zu erkennen, um mit der neuen Herausforderung umzugehen. Sein Fraktionskollege Franz Eßl betonte, Weidewirtschaft sei mit dem Wolf nicht kompatibel. Die Bauern wollen jedenfalls nicht Wolfsfutter produzieren, indem sie die Schafe auf die Almen treiben. Der Wolf werde aber nicht auf den entlegenen Almen bleiben, sondern mangels natürlicher Feinde auch in die Städte kommen. Für Eßl ist es daher notwendig, Wölfe zu entnehmen, dies auch unter dem Aspekt, dass angesichts der bestehenden Wolfspopulation der Erhaltungszustand der Art europaweit bereits gesichert sei. FPÖ-Mandatar Gerald Hauser sprach von Gefahren für den Fortbestand der für den Tourismus so wichtigen Almwirtschaft in Österreich, was auch Maximilian Linder (FPÖ) mit dem Appell bestätigte, wachsam zu sein und das Problem nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Seitens der SPÖ hielt es Sonja Hammerschmid für geraten, angesichts eines Wolfsbestands von rund 25 bis 30 Tieren "die Kirche im Dorf zu lassen". Man brauche nichts Neues zu erfinden, vielmehr gelte es, auf dem vorhandenen Know-how und den Monitoring-Systemen aufzubauen. Das Problem müsse gemeinsam gelöst werden, bekräftigte Cornelia Ecker (SPÖ), der es dabei auch um den Artenschutz geht. Maximilian Unterrainer (SPÖ) beantragte eine Zuweisung der drei Petitionen an den Tourismusausschuss, was von den Abgeordneten mehrheitlich aber abgelehnt wurde.

Bundesministerin Elisabeth Köstinger setzt, wie sie unterstrich, vor allem auf das Österreich-Zentrum für Bär, Wolf und Luchs, um die notwendige Expertise gemeinsam mit den Bundesländern und unter Einbeziehung aller Beteiligten zu bündeln und Vorschläge für Herdenschutzmaßnahmen, aber auch für Entschädigungszahlungen zu erarbeiten. Bis Ende Juni werde die Geschäftsführung bestellt, im Herbst soll das Zentrum dann seine Arbeit aufnehmen, kündigte Köstinger an.

Pestizide und Biodiversität: Oppositionsanträge werden erneut vertagt

Zum wiederholten Male debattiert – und vertagt – wurden Entschließungsanträge der SPÖ betreffend ein Verbot von Glyphosat (18/A) und Chlorpyrifos (344/A(E)) sowie eine weitere SPÖ-Forderung nach einem Gesetz zum umfassenden Insektenschutz (623/A(E)) . Abermals in die Warteschleife verwies die Ausschussmehrheit auch ein Maßnahmenpaket der NEOS zum Thema Biodiversität und Pestizide, in dem Karin Doppelbauer eine Anpassung der Förderstrukturen zur Reduktion des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel (637/A(E)) forderte sowie ein entsprechendes Bekenntnis seitens der öffentlichen Institutionen (638/A(E)) , eine Überarbeitung des Nationalen Aktionsplans über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (639/A(E)) , eine europäische Vorreiterrolle Österreichs bei der Pestizidreduktion (640/A(E) ) und die Förderung der Forschung zur Reduktion des Pestizideinsatzes (641/A(E) ).

Während SPÖ-Landwirtschaftssprecher Erwin Preiner mit Nachdruck die Forderung seiner Fraktion nach einem Verbot von Glyphosat und Chlorpyrifos bekräftigte, gab FPÖ-Abgeordneter Peter Schmiedlechner zu bedenken, man müsse beim Thema Pestizide aufpassen, was man verbietet, bestehe doch die Gefahr, die eigenen LandwirtInnen zu schädigen und einem Wettbewerbsnachteil auszusetzen. Faktum sei, dass etwa die Erdäpfel heute nicht mehr aus Österreich, sondern aus Ägypten und Zypern kommen, wo niemand frage, was dort an Pestiziden verwendet wird.

Die Regierungsparteien wollen nun vor allem die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie hinsichtlich des Glyphosat-Ausstiegs abwarten und darauf aufbauend die weiteren Schritte setzen.

SPÖ fordert Tiertransport-Reduktionsplan

Schließlich vertagte der Ausschuss auch einen Antrag der SPÖ nach einem Reduktionsplan für Tiertransporte (763/A(E)) . Maurice Androsch setzt darin vor allem auf Alternativen im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion, die mit weniger und kürzeren Transporten von Zucht- und Nutztieren verbunden sind.

Auch hier entschieden die Regierungsparteien auf Vertagung, zumal es, wie Josef A. Riemer (FPÖ) erinnerte, noch darum gehe, entsprechende Studien des Gesundheitsministeriums abzuwarten. (Fortsetzung Landwirtschaftsausschuss) hof