Parlamentskorrespondenz Nr. 757 vom 02.07.2019

SPÖ, FPÖ und Liste JETZT beschließen Rechtsanspruch auf Papamonat

Abgeordnete verabschieden auch Anhebung der Zuverdienstgrenze bei Kindergeldbezug

Wien (PK) - Der Papamonat ist nun fix. SPÖ, FPÖ und Liste JETZT einigten sich heute im Nationalrat auf eine Initiative, die ab 1.9.2019 Vätern einen Rechtsanspruch auf eine einmonatige Arbeitsfreistellung nach der Geburt ihres Kindes gibt. ÖVP und NEOS, die den Vorstoß als unflexibel und unternehmerfeindlich ablehnten, konnten sich mit einem gemeinsamen Antrag betreffend mehr Flexibilität bei der Aufteilung der Karenz zwischen Vätern und Müttern nicht durchsetzen.

Beschlossen wurde auch eine Anhebung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld. Betroffene können damit während des Kindergeldbezugs auch weiterhin einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen. Für entsprechende Änderungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes sprachen sich die Abgeordneten mit Stimmeneinhelligkeit aus.

Rechtsanspruch auf Papamonat: Mehrheit für SPÖ-Initiative

Ausgehend von einem Antrag der SPÖ soll der "Papamonat" im Zeitraum des (fiktiven) Beschäftigungsverbots der Mutter, also in der Regel bis zum Ablauf der achten Woche nach der Geburt, in Anspruch genommen werden können. Voraussetzung dafür ist ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind. Rund um die Freistellung soll ein Kündigungsverbot gelten. Ausdrücklich festgeschrieben wird außerdem, dass die Freistellung keine Karenz nach dem Väterkarenzgesetz ist und damit auch nicht auf diese anzurechnen ist.

Die NEOS wiederum traten in einem Antrag, der auch von der ÖVP unterstützt wurde, für mehr Flexibilität bei der Inanspruchnahme der Karenz ein. Demnach sollen Väter nach der Geburt des Kindes mindestens zehn Tage zu Hause bleiben können. Die Initiative sieht zudem vor, dass die Karenz dreimal zwischen Mutter und Vater geteilt werden kann, wobei jeder Teil der Karenz mindestens zehn Tage betragen muss.

"Heute ist ein guter Tag für die Familien in Österreich", freute sich SPÖ-Abgeordneter Markus Vogl. Väter haben nun die Möglichkeit, die so wichtigen ersten Wochen nach der Geburt gemeinsam mit ihrem Kind zu erleben. Seine Fraktionskollegin Verena Nussbaum begrüßte den Papamonat als Beitrag zur Überwindung veralteter Rollenklischees. Namens der FPÖ sprach Carmen Schimanek von einem Meilenstein in der Familienpolitik, biete der Papamonat doch die Chance für gegenseitige Unterstützung der Elternteile und für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) begrüßte die Einigung, sparte aber nicht mit Kritik an der ÖVP, der sie vorwarf, an überkommenen Rollenbildern festzuhalten.

ÖVP und NEOS lehnen SPÖ-Antrag als unflexibel und überbordend ab

ÖVP-Mandatarin Juliane Bogner-Strauß bekräftigte mit Nachdruck, ihre Fraktion stehe für Väterbeteiligung, der Antrag der SPÖ sei aber nicht zu Ende gedacht und zu unflexibel. Die ehemalige Familienministerin kritisierte insbesondere, dass die SPÖ in ihrem Vorstoß auf 28 Tage abstellt und überdies bloß einen gemeinsamen Haushalt des Vaters mit dem Kind voraussetzt. Dem gegenüber trete die ÖVP für eine flexible Väterkarenz ein mit der Möglichkeit, die 28 Tage nicht auf einmal zu konsumieren, sondern diese Zeit mehrmals mit der Mutter gemeinsam zu nehmen. Tanja Graf (ÖVP) meldete Bedenken gegen das SPÖ-Modell aus Sicht der Wirtschaft an. Der Antrag sei insbesondere mit seinem Kündigungsschutz von vier Monaten überbordend und zeige einmal mehr, dass die SPÖ nichts für die Unternehmen übrig habe. Für mehr Flexibilität plädierte auch Gerald Loacker (NEOS), wobei er betonte, Mütter und Väter sollten die Möglichkeit haben, die Karenzzeiten so aufeinander abzustimmen, wie es die Familie braucht. Den SPÖ-Antrag bemängelte er als zu bürokratisch. Doris Hager-Hämmerle (NEOS) brach in ihrer ersten Rede vor dem Nationalratsplenum eine Lanze für eine selbstbestimmte Rollenverteilung in der Familie nach dem Motto "Freiheit für alle, Chancen für die Zukunft".

Familienministerin Ines Stilling begrüßte die Einigung über den Papamonat, sei es doch wichtig, dass beide Elternteile die Möglichkeit haben, von Anfang an die Zeit gemeinsam mit dem Kind zu verbringen.

Zuverdienstgrenze auf 7.300 € angehoben

Die Änderung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes geht auf einen Antrag von ÖVP und FPÖ zurück, der noch vor dem Bruch der Koalition eingebracht worden war. Konkret geht es dabei um eine Anpassung der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld - ab 2020 von jährlich 6.800 € auf 7.300 €. Gleiches gilt zudem für die Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld, die AlleinerzieherInnen unter bestimmten Voraussetzungen beantragen können. Damit wird sichergestellt, dass die Betroffenen während des Kindergeldbezugs weiterhin einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen können.

Außerdem sollen selbständig Beschäftigte, die nur für einen Teil des Jahres Kinderbetreuungsgeld bezogen haben, egal ob in der pauschalen oder der einkommensabhängigen Variante, durch den Gesetzentwurf bis Ende 2025 Zeit erhalten, mit einer entsprechenden Aufschlüsselung ihres Einkommens nachzuweisen, dass sie die geltenden Zuverdienstgrenzen nicht überschritten haben. Das gilt allerdings nur für Geburten zwischen Anfang 2012 und Februar 2017.

Gleichzeitig wird mittels eines eigenen Gesetzes bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) ein mit rund 1 Mio. € dotierter "Jungfamilienfonds" eingerichtet. Er soll Selbständige unterstützen, die allein wegen einer Fristversäumnis Kinderbetreuungsgeld zurückzahlen mussten.

Alle Betroffenen hätten nun die Sicherheit, bei zeitgerechter Meldung ihrer Abgrenzung die ihnen zustehenden Mittel für die Kinderbetreuung zu bekommen, erklärte Norbert Sieber (ÖVP). Edith Mühlberghuber (FPÖ) begrüßte den Jungfamilienfonds aus Sicht jener Eltern, die eine Frist irrtümlich versäumt haben. Zustimmung zur Anhebung der Zuverdienstgrenze kam auch von SPÖ-Abgeordneter Birgit Sandler. In einem Abänderungsantrag, der jedoch abgelehnt wurde, forderte sie überdies die Auszahlung von Kinderbetreuungsgeld an so genannte Krisenpflegeeltern vom ersten Tag an. Nicht durchsetzen konnte sich Sandler mit einem gemeinsam mit den NEOS und der Liste JETZT eingebrachten Antrag auf Sonderprüfung des ÖVP-Familienfests vom 1. Mai, wobei sie den Verdacht der Parteienfinanzierung in den Raum stellte. (Fortsetzung Nationalrat) hof