Parlamentskorrespondenz Nr. 238 vom 10.03.2020

Gewessler sieht historisches Zeitfenster für Klimapolitik

Umweltausschuss: Aktuelle Aussprache mit der Umweltministerin und Berichte zu Luftschadstoffen

Wien (PK) – Zu Beginn der heutigen Sitzung des Umweltausschusses stellte sich Umweltministerin Leonore Gewessler in ihrer ersten Aussprache über aktuelle Umweltthemen den Fragen der Abgeordneten. Gewessler unterstich darin, dass es durch das öffentliche Interesse und den Green Deal der EU Rückenwind für den Klimaschutz gebe. Dieses "historische Zeitfenster" müsse als Handlungsauftrag und als Chance verstanden und genutzt werden. Ihre Schwerpunkte will die Umweltministerin auf Umwelt- und Klimaschutz sowie auf den Erhalt der Biodiversität legen.

Im Anschluss debattierten die Mitglieder des Umweltausschusses über den vom Umweltministerium vorgelegten Ozonbericht sowie den IG-L-Bericht, die über die Entwicklung der Luftschadstoffe von 2015 bis 2017 Auskunft geben und einen langfristigen Rückgang der Belastungen aufzeigen. Beide Berichte wurden zur Kenntnis genommen.

Gewessler ortet Rückenwind für den Klimaschutz

Durch das aktuelle öffentliche Interesse am Klimaschutz und durch den Green Deal der EU sieht Gewessler Rückenwind für eine innovative Umwelt- und Klimapolitik. Diese verursache zwar eine hohe Erwartungshaltung, eröffne aber auch ein "historisches Zeitfenster". Ihren Fokus will die Ministerin auf die Klimakrise und auf den Schutz der Biodiversität legen, sagte sie einleitend in ihrer ersten Aussprache im Umweltausschuss.

Sie sei sich bewusst, dass das Ziel, Österreich bis 2040 CO2-neutral zu machen, ein großes sei und einer umfassenden Transformation bedarf, unterstrich Gewessler in Richtung Julia Herr (SPÖ). Die Umweltministerin zeigte sich überzeugt, dass Klimaschutz mit Partizipation der BürgerInnen sowie mit Einbindung der Wirtschaft für Österreich eine Chance sein kann. Für die Umweltministerin greift der Klimaschutz auch auf andere Ressorts über. So werde dem sozialen Aspekt unter anderem mit Förderungen beim Ausstieg aus Ölheizungen Rechnung getragen, wobei sie eine mittelfristige Überarbeitung der Förderungen in Aussicht stellte, die auch eine soziale Staffelung beinhalten könnte, entgegnete sie auf eine entsprechende Frage von Dietmar Keck (SPÖ). Im Bereich der Justiz arbeite sie bereits mit dem Justizministerium zusammen, um beispielsweise das Vergabe- oder Wohnungsrecht im Hinblick auf den Klimaschutz zu überarbeiten.

Die Umweltministerin kündigte an, dass bis April die Evaluierung der Überschreitungen bei den CO2-Emissionen in den Jahren 2017 und 2018 abgeschlossen sein soll und Maßnahmen entwickelt werden. Für 2019 rechnet sie mit einem weiteren Anstieg der Emissionen. Es müsse gelten, rasch Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel zu setzen, um schnell zu Wirkungen zu kommen. Aus diesen Maßnahmen soll dann bis Ende 2020 ein Klimaschutzgesetz abgeleitet werden. Ähnlich sieht dies Gewessler auch bei einer Überarbeitung der Subventionen, die den Klimaschutzzielen entgegenstehen und von Michael Bernhard (NEOS) angesprochen wurden. Hier sind für die Ministerin vor allem Schritte auf nationaler und EU-Ebene relevant, wobei sie hier auf schnell greifende Maßnahmen setzt. Auch der Ausbau des öffentlichen Verkehrs spiele eine wichtige Rolle. Das 1-2-3-Ticket soll möglichst rasch umgesetzt werden, daher würden bis Juni Gespräche mit den Verkehrsverbünden und den Bundesländern geführt, sagte Gewessler auf eine entsprechende Frage von Walter Rauch (FPÖ). Sie kann sich zudem vergünstigte Preise für junge und ältere Menschen vorstellen.

Weitere Themen: Atomkraft, Biodiversität, Plastikabfall

Einen weiteren Schwerpunkt der Aussprache im Umweltausschuss bildete die Atomkraft. Umweltministerin Leonore Gewessler antwortete auf die Fragen von Dietmar Keck (SPÖ), Walter Rauch (FPÖ) und Martin Litschauer (Grüne), dass sie den österreichischen Konsens, gegen Atomkraft einzutreten, auf EU-Ebene und in bilaterale Gespräche tragen werde. Atomkraft dürfe auch nicht für klimarelevante Zahlen herangezogen werden, um so die Atomkraft über den Klimaschutz wieder ins Spiel zu bringen. Sie setzt in dieser Thematik auf etablierte Verbündete Österreichs in der EU. Im Zusammenhang mit grenznahen Atomkraftwerken und Atommülllager ortet Gewessler allerdings ein Spannungsfeld zwischen nationaler Interessen bei der Auswahl der Energieträger und einer EU-weiten Strategie.

Bei der Biodiversität und der Finanzierung der Nationalparks gibt es für Gewessler noch Luft nach oben. Der finanzielle Bedarf sei erkennbar und sie setze sich für dessen Bedeckung ein. Derzeit sei die Biodiversitätsstrategie 2030 in Ausarbeitung und soll bis zum kommenden Jahr fertiggestellt werden, kündigte sie auf Frage von Astrid Rössler (Grüne) an. Bei dem von Cornelia Ecker (SPÖ) angesprochenen Glyphosat-Verbot in der Landwirtschaft verwies die Ministerin auf die ausständige Notifizierung des Verbots und auf das Landwirtschaftsministerium. Die Reduktion von Plastikabfall wurde von Ernst Gödl (ÖVP) aufs Tableau gebracht. Für die Umweltministerin gilt es, schon bei der Vermeidung von Plastik anzusetzen. Eine Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes sei bereits in Vorbereitung und das Ziel des Regierungsprogramms, den Plastikabfall um 20% zu senken, soll im Abfallwirtschaftsgesetz verankert werden. Bezüglich eines Pfandsystems sei bereits eine Studie veröffentlicht worden, deren Ergebnisse noch im März 2020 diskutiert werden sollen. Auch bei der Reduktion von Plastikabfall setzt Gewessler auf rasch wirkende Maßnahmen.

Luftschadstoffe: Berichte des Umweltministeriums zur Kenntnis genommen

Debattiert wurden im heutigen Umweltausschuss auch der Ozonbericht sowie der Bericht zum Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) jeweils für die Jahre 2015-2017. Beide zeigen einen längerfristigen Rückgang der Belastungen von Luftschadstoffen auf. Dennoch kommt es noch zu Grenzwertüberschreitungen unter anderem bei Feinstaub. Hohe Stickoxid-Werte werden im IG-L-Bericht auf den hohen Anteil dieselbetriebener Fahrzeuge zurückgeführt.

Umweltministerin Leonore Gewessler unterstich, dass die Berichte trotz der positiven Entwicklung der Luftschadstoffe auch weiterhin einen nationalen und europäischen Handlungsauftrag für den Kampf gegen Luftverschmutzung darstellen. Auf europäischer Ebene sei Österreich gemeinsam mit den Niederlanden am ambitioniertesten von den EU-Mitgliedstaaten. Es müsse gelten, die Grenzwerte für die Verschmutzung – vor allem bei Feinstaub – auf Unionsebene anzupassen. Zum Teil würden die EU-Grenzwerte über jenen der von der WHO empfohlenen liegen, so die Ministerin. Der Verkehr bildet für die Umweltministerin nach wie vor das Sorgenkind bei den Luftschadstoffen. Dem soll mit der Dekarbonisierung des öffentlichen Verkehrs und des Individualverkehrs sowie mit einer Angebotsausweitung und günstigeren Ticketpreisen von öffentlichen Verkehrsmitteln begegnet werden. (Schluss Umweltausschuss) see