Parlamentskorrespondenz Nr. 263 vom 15.03.2020

Nationalrat beschließt umfassendes Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus

Einstimmige Zustimmung zu Maßnahmen der Regierung, weitere können folgen

Wien (PK) – In einer Sondersitzung hat der Nationalrat heute ein Gesetzespaket beschlossen, mit dem die von der Regierung vorgesehenen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus eine gesetzliche Grundlage erhalten. Erstmals in seiner Geschichte trat der österreichische Nationalrat dazu an einem Sonntag zusammen. Die gesetzlichen Maßnahmen unter anderem die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds (COVID-19-FondsG) und ein Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz). Damit soll die Finanzierung von Maßnahmen im Umgang mit der rasanten Ausbreitung des Coronavirus in Österreich sichergestellt werden. Das Gesetzespaket passierte den Nationalrat einstimmig, wobei ihm mittels Abänderungsantrag noch Berichtspflichten gegenüber dem Parlament sowie die Möglichkeit der Anwendung von Zwangsmittel durch Sicherheitsbehörden hinzugefügt wurde.

Ungeachtet ihrer Zustimmung zu den Maßnahmen beharrten die Oppositionsfraktionen darauf, dass die geplanten 4 Mrd. € nicht ausreichen würden. Sie brachten im Plenum zahlreiche Abänderungs- und Entschließungsanträge ein, die keine Mehrheit fanden.

Einstimmig angenommen wurden auch drei mit dem Gesetzespaket inhaltlich zusammenhängende Anträge, die weitere Maßnahmen beinhalten und von den Koalitionsparteien im Budgetausschuss eingebracht wurden. Damit wird aufgrund des Aussetzens des Schulunterrichts der Bildungsminister ermächtigt, von den bestehenden Regelungen bzgl. abschließender Prüfungen, insbesondere Reife- und Diplomprüfungen, Abstand nehmen zu können. Außerdem können damit Vernehmungen von Beschuldigten künftig per Videokonferenz abgehalten werden. Um Fristversäumnissen zu entgehen, wurde mit einem weiteren Ausschussantrag gesichert, dass die Konstituierungen von Gremien nach der Wirtschaftskammerwahl verschoben werden können.

Bundeskanzler Kurz appelliert an ÖsterreicherInnen, zu Hause zu bleiben

Österreich stehe derzeit vor einer außergewöhnlichen Situation, die erfordere, dass alle zur Bewältigung der Krise zusammenstehen, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz. Unter Verweis auf die dramatische Lage im Nachbarland Italien sagte Kurz, er wolle keine Panik verbreiten, aber keinesfalls dürfe die derzeitige Situation verharmlost werden oder der Ernst der Lage nicht erkannt. Mit Montag werde Österreich sozusagen auf Notbetrieb heruntergefahren. Der Kanzler appelliere eindringlich an die ÖsterreicherInnen, möglichst Zuhause zu bleiben. Ab Dienstag bleiben Restaurants zur Gänze geschlossen. Die Bevölkerung solle alle Wege vermeiden, sofern sie nicht der Berufsarbeit dienen, dazu, dringende Besorgungen zu erledigen oder um anderen Menschen zu helfen. Wer die Wohnung verlassen wolle, solle dies alleine tun, oder nur mit Personen aus dem Haushalt. Für Tirol werde es noch weitreichendere Maßnahmen geben, die der Landeshauptmann verhänge, kündigte der Bundeskanzler an.

Das Ziel sei es, vor allem Risikogruppen, insbesondere ältere Menschen, vor Ansteckung zu schützen. Damit versuche man, die Verbreitung des Virus so verlangsamen, so gut es geht, damit das Gesundheitssystem nicht überlastet wird. Dazu setze man auch weitere Einreisebeschränkungen. Die direkten Flugverbindungen mit Großbritannien, Russland, der Ukraine und den Niederlanden würden eingestellt. Zur Unterstützung der Polizei sei die Verteidigungsministerin angewiesen worden, die Ausmusterung von Grundwehrdienern zu stoppen und Vorsorge für die Mobilisierung der Miliz zu tragen. Zivildiener werden verlängert und Zivildienstleistende der letzten fünf Jahre mobilisiert, um zu vermeiden, dass es zu Engpässen in der Pflege kommt.

Für die Absicherung gegen die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen gebe es ein Krisenpaket mit drei Säulen, nämlich Sicherung von Arbeitsplätzen, Erhaltung der Liquidität von Unternehmen und Hilfe für besondere Härtefälle, insbesondere KMU und EPU. Kurz dankte den Abgeordneten, die den gesetzlichen Maßnahmen den Weg zur Beschlussfassung geebnet haben. Er dankte neben den Mitgliedern der Bundesregierung auch dem Koalitionspartner und den Oppositionsparteien sowie den Sozialpartnern für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Sein weiterer Dank richtete sich an Menschen, die Grundversorgung, Pflege, Gesundheitsversorgung und Sicherheit in Österreich gewährleisten. Er hoffe, dass es mit den getroffenen Maßnahmen möglich sei, dass die österreichische Gesellschaft und Wirtschaft sozusagen eine "Wiederauferstehung" erleben. Als "Team Österreich" könne man die bevorstehenden Herausforderungen bewältige, zeigte sich der Bundeskanzler überzeugt.

Vizekanzler Kogler: Verhindern, dass es zu "Kernschmelze" der Intensivmedizin kommt

Vizekanzler Werner Kogler schloss sich den Ausführungen des Bundeskanzlers an und betonte, dass die weitgehende Beschränkung der Sozialkontakte unbedingt notwendig sei, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. An den Beginn seiner Rede stellte er den Dank an alle, die dazu beitragen, dass das öffentliche Leben in Österreich weiter funktioniert, und hob besonders die SupermarktkassierInnen hervor. Sie seien wahre HeldInnen des Alltags.

Scharfe Kritik übte Kogler an allen, die offenbar noch nicht begriffen hätten, dass die Reduzierung der Sozialkontakte unbedingt notwendig sei. Als Beispiel nannte er Sportvereine, die sich teilweise uneinsichtig gezeigt hätten. Kogler stellte in den Raum, dass Verstöße gegen die Verordnungen zu künftigen Förderkürzungen führen. Die Situation sei außerordentlich ernst, betonte der Vizekanzler. Bei einer exponentiellen Zunahme der Ansteckung würde Österreich sich in wenigen Wochen in der Situation befinden, mit der die Lombardei konfrontiert sei. Wichtig sei es nun, die Wirtschaft zu unterstützen. Die angekündigten 4 Mrd. € seien dafür ein erster Schritt. Dabei handle es sich tatsächlich um frisches Geld, um die Liquidität von Unternehmen sicherzustellen, betonte Kogler. In der derzeitigen Situation sei die Bundesregierung auch übereingekommen, dass entsprechende budgetäre Maßnahmen getroffen werden müssen und ein ausgeglichenes Budget nicht die oberste Priorität habe.

Wöginger: Maßnahmen der Bundesregierung unbedingt notwendig

Der Nationalrat beschließe in einer außergewöhnlichen Weise ein Hilfspaket, um eine außergewöhnliche Krise zu überstehen, sagte ÖVP-Klubmann August Wöginger (ÖVP). Er danke der Bundesregierung dafür, dass sie über ihre Maßnahmen stets offen und transparent informiere. Die Reduzierung der sozialen Kontakte sei eine große Herausforderung, aber unumgänglich, denn das Coronavirus verbreite sich rasant. Die Gesundheit der ÖsterreicherInnen zu erhalten habe oberste Priorität. Für viele sei es noch immer schwierig, zu verstehen, dass nur die weitestgehende Einstellung der sozialen Kontakte verhindern könne, dass eine Situation wie in Italien eintritt. Wöginger bedankte sich bei allen, die die Grundversorgung sicherstellen, und auch den Fraktionen, die es ermöglicht haben, dass die notwendigen Maßnahmen so rasch gesetzt werden können. Er appellierte nochmals an die Bevölkerung, alles zu tun, um die bevorstehende schwierige Zeit gemeinsam gut zu bewältigen.

Rendi-Wagner: Österreich muss aus den Erfahrungen in Italien lernen

Österreich und Europa erleben eine nie dagewesene Gesundheitskrise, sagte Pamela Rendi-Wagner (SPÖ). Niemand dürfe sich jetzt in falscher Sicherheit wiegen, eine dramatische Situation wie in Italien müsse unbedingt vermieden werden. Zu den einschneidenden Maßnahmen gebe es aus medizinischer Sicht keine Alternative, wolle man die Ausbreitung erfolgreich verlangsamen. Ob sie ausreichen werden, könne derzeit niemand mit Sicherheit sagen. Die Ansteckungsgefahr gerade für ältere MitbürgerInnen sei nicht gebannt. Sie appelliere daher besonders an diese, soweit wie möglich Zuhause zu bleiben. Alle müssten mithelfen, ältere MitbürgerInnen zu schützen und zu versorgen.

Gemeinsam müsse man auch den sozialen und wirtschaftlichen Folgen entgegentreten, dazu seien die angekündigten 4 Mrd. € nur ein erster Schritt, dem weitere folgen müssten. Gerade KMU, KPU sowie Kunstschaffende dürften nicht vergessen werden, sagte die SPÖ-Klubobfrau und forderte Solidarität für alle ein. Niemand dürfe zurückgelassen werden, viele Menschen hätten nun Angst, dass sie ihren Arbeitsplatz oder ihr Unternehmen verlieren könnten. Rendi-Wagner wiederholte den dringenden Appell an alle Verantwortlichen des Landes, aus den Erfahrungen Italiens zu lernen. Dem Gesundheitssystem stehe ein wahrer Stresstest bevor, es müsse sofort aufgerüstet werden. Vor allem gelte es zu verhindern, dass Gesundheitspersonal und ÄrztInnen sich anstecken.

Kickl tritt für rasche weitere Maßnahmen ein

Der Begriff Corona stehe für Unsicherheit und Leid und halte alle in seinem Bann, sagte Herbert Kickl (FPÖ). Jetzt gelte es, die negativen Auswirkungen zu durchbrechen und die Krise letztlich zu einem Sieg des Optimismus und der Vernunft zu machen. Derzeit erlebe man, wie das Gemeinsame das ganze Land, alle Parteien, Regierungs- wie Oppositionsparteien verbinde. Das Parlament fasse erstmals konkrete Beschlüsse, dazu sei der Prozess der Gesetzgebung extrem verkürzt worden, da Zeit der entscheidende Faktor im Kampf gegen die Epidemie sei.

Mit der Corona-Krise betrete man Neuland, niemand könne daher sagen, was der beste und sicherste Weg sei. Die Freiheitlichen hätten bereits die rasche Schließung der Landesgrenzen gefordert und seien kritisiert worden. Sie würden auch weiterhin für die schnellsten und damit wirksamsten Maßnahmen eintreten. Neben Großunternehmen müssten auch KMU und EPU volle Unterstützung erhalten, forderte Kickl. Er will auch einen vollen Rechtsanspruch für den Schaden, der Unternehmen und VeranstalterInnen durch Betretungsverbote entsteht. Der Staat solle die gesamte Entgeltfortzahlung übernehmen, sagte Kickl. Auch er ist überzeugt, dass mehr als 4 Mrd. € nötig sein werden. Die Freiheitlichen werden im Ringen um die richtigen Maßnahmen weitere Anträge einbringen, kündigte er an. Auch wenn er erwarte, dass die Bundesregierung diese ablehnt, werden die Freiheitlichen die Maßnahmen der Regierung und den nationalen Schulterschluss unterstützen, sagte Kickl. Er hoffe, dass die heute getroffenen Maßnahmen ausreichen werden.  

Maurer appelliert an Verantwortungsbewusstsein junger Menschen    

Sigrid Maurer, Klubobfrau der Parlamentsfraktion der Grünen, appellierte ebenfalls an die Bevölkerung, möglichst Zuhause zu bleiben. Auch der Nationalrat habe Maßnahmen getroffen, um ein möglichst geringes Ansteckungsrisiko zu gewährleisten. Die Politik müsse ihre Verantwortung übernehmen und besonders den Schutz der Schwächsten sicherstellen, also von Menschen über 65 und von Personen mit Vorerkrankungen. Man berücksichtige auch alle, welche von Geschäftsschließungen besonders getroffen werden. Diese Maßnahmen seien aber unvermeidlich, da bereits die Senkung der Sozialkontakte um 25% das Ansteckungsrisiko um 50 % senke. Anzustreben sei aber eine weitere Senkung, weshalb auch Bars und Restaurants geschlossen bleiben müssen.

Maurer appellierte in diesem Zusammenhang besonders an die Jugend und die StudentInnen, jetzt keine Partys zu veranstalten. Das wäre verantwortungslos allen gegenüber, warnte Maurer eindringlich. Junge Menschen dürften sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. Der heutige Beschluss solle sicherstellen, dass Unternehmen, vor allem auch Kleinunternehmen, nicht zerbrechen. Wichtig sei es, Menschenansammlungen zu vermeiden und möglichst Zuhause zu bleiben. Unter den Menschen, denen jetzt besonders zu danken sei, nannte Maurer die Reinigungskräfte und die MitarbeiterInnen der Müllabfuhr.

Meinl-Reisinger fordert umfassende Sicherstellung von Liquidität

NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger zeigte sich froh darüber, dass die Gesetzgebung Handlungsfähigkeit zeigt. Alle müssten jetzt Verantwortung zum Schutz von Risikogruppen nehmen. Neben allen, die für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens sorgen, wolle sie auch den Medien für ihre umfassende und umsichtige Berichterstattung danken, sagte die Abgeordnete. Für den notwendigen nationalen Schulterschluss seien die NEOS ein verlässlicher Partner, betonte sie. Die NEOS würden Einschränkung der persönlichen Freiheit nicht leichtfertig mittragen, sie seien jetzt aber unumgänglich. Die Regierung erhalte jedoch sehr viel Macht, mit der sie höchst verantwortlich umgehen müsse. Auch müsse es Klarheit und Sicherheit über die Auswirkungen der nun getroffenen Maßnahmen geben.

Aufgrund der ökonomischen Folgen ist es aus Sicht der NEOS angebracht, dem Beispiel Deutschlands zu folgen und Liquidität sicherstellen, "whatever it takes". Auch EPUs und KMUs müssten ausreichend Zugang zu Überbrückungshilfen erhalten, forderte sie. 4 Mrd. € werden aus ihrer Sicht in der aktuellen Lage nicht lange ausreichen, es brauche zusätzliche Mittel für die Bekämpfung einer Rezession. Wichtig sind aus Sicht der NEOS maximale Sicherheit bei minimaler Bürokratie. Meinl Reisinger schloss ihre Rede mit einer optimistischen Note. Sie sehe in Österreich und in anderen Ländern hervorragende WissenschaftlerInnen am Werk, sie sei sicher, dass die Herausforderung durch das Virus gemeistert werden könne.

Gesundheitsminister Anschober und Innenminister Nehammer appellieren an Zusammenhalt

Das Leben werde sich jetzt massiv verändern müssen, damit das Virus ausgehungert werde kann, unterstrich Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Mit Stand heute, Sonntag früh, gebe es in Österreich bereits 800 Fälle. Anschober appellierte an die Solidarität der ÖsterreicherInnen, jede und jeder Einzelne sei gefragt und gefordert, um die Entwicklung der Infektionen in den Griff zu bekommen.

Innenminister Karl Nehammer betonte, die Zusammenarbeit zwischen den Ressorts und mit den Bundesländern laufe intensiv, gut und vertrauensvoll. Die PolizistInnen seien vorbereitet, zu schützen, zu helfen und gegebenenfalls auch zu sichern. Es werde alles unternommen, dass die Sicherheit und Ordnung auch in fordernden Zeiten aufrechterhalten werden kann, so der Innenminister. Es gehe nun um Zusammenhalt und darum, gemeinsam im Kampf gegen den Virus die sozialen Kontakte einzuschränken.

ÖVP: Zukunft der Wirtschaftsstrukturen sichern

Österreich auf Notbetrieb herunterzufahren sei dramatisch, sagte Karlheinz Kopf (ÖVP). Bei Unternehmen gehe es um Existenzgrundlagen, aber auch um Lebenswerke. Jetzt müsse man die Zukunft der Wirtschaftsstrukturen sichern. Kopf geht davon aus, dass weitere Maßnahmen folgen müssen. Wie auch ÖVP-Abgeordneter Peter Haubner dankte er den Sozialpartnern, dass eine unbürokratische Kurzarbeitsregelung vereinbart werden konnte. Gabriela Schwarz (ÖVP) appellierte an alle, die Maßnahmen einzuhalten und daheim zu bleiben, um Zeit zu gewinnen und die Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten, und sich nicht verunsichern zu lassen. ÖVP-Landwirtschaftssprecher Georg Strasser lobte die Absicherung der Landwirtschaft durch die Regierungsmaßnahmen.

Grüne: Verhindern, dass Corona zu Wirtschafts- und Sozialkrise wird

Markus Koza (Grüne) betonte, es gelte zu verhindern, dass die Corona-Krise zu einer Wirtschafts- und Sozialkrise wird. Auch er hob die Kurzarbeitslösung als gelungen hervor, und forderte weitere Schritte. Seine Fraktionskollegin Elisabeth Götze sieht das Paket als "Erste Hilfe", für jene, die sie brauchen, Menschen wie Unternehmen. Ralph Schallmeiner (Grüne) sah im verstärkten Rückzug ins Private auch Herausforderungen im Bereich häuslicher Gewalt und rief dazu auf, die Frauenhelpline zu nutzen und sofort Hilfe zu suchen. Die Krise zeige deutlich die Vorteile eines solidarischen Gesundheitswesens im Vergleich zu privaten Lösungen.

SPÖ: Information verbessern und finanzielle Maßnahmen ausweiten

Für KMU fehle eine Ansprechstelle, die gesicherte Auskunft gebe, kritisierte der SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer. Diese Funktion sollten die Finanzämter übernehmen. Auch brauche man Maßnahmen für pflegende Angehörige, EPU und KünstlerInnen. Der SPÖ-Abgeordnete forderte in einem Entschließungsantrag mehr Augenmerk auf Arbeitsplatzsicherung und nach italienischem Vorbild Kredite, Mieten für Geschäftslokale und Zahlungen für Strom und Gas zu stunden. Die Entschließung fand im Plenum allerdings keine Mehrheit. Petra Vorderwinkler (SPÖ) sieht ein größeres Entgegenkommen der Banken gefordert. SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter warnte davor, das Sicherheitsnetz des Epidemiegesetzes durch das neue COVID-19-Gesetzespaket zu entfernen.

Das Prinzip der Solidarität und die Notwendigkeit rascher Hilfe sprach Jörg Leichtfried (SPÖ) an. Die Rechte der Regierung im Covid-19-Gesetz bei Gewährung finanzieller Unterstützungen kritisierte er als zu weitgehend. Ein von ihm vorgelegter SPÖ-Abänderungsantrag forderte, dass die Regierung nur mit dem Hauptausschuss des Nationalrats gemeinsam entsprechende Verordnungen erlassen kann und die Regierung dem Budgetausschuss monatlich Bericht erstatten solle. Auch sollten KMU sowie Kunst- und Kulturbetriebe explizit als mögliche Empfänger aus Mitteln des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds genannt werden. Unternehmen mit weniger als 25 ArbeitnehmerInnen sollten weiterhin nach dem Epidemiegesetz entschädigt und Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit geschaffen werden. Aus Sicht von Josef Muchitsch (SPÖ) fehlen noch viele Regelungen für Menschen, die morgen bereits zum AMS müssen. Viele Antworten seien noch ausständig, aber "gemeinsam schaffen wir das", sagte er.

FPÖ: Finanzielle Entschädigung für Eltern, Lehrende und SchülerInnen und Steuerentlastung für Unternehmen

Gerhard Kaniak (FPÖ) forderte breite Tests sowie Schnelltests. Fraktionskollege Hubert Fuchs unterstrich mit einem Abänderungsantrag die Forderung der Freiheitlichen nach Verdopplung des Hilfefonds auf 8 Mrd. € sowie nach Entschädigungsansprüchen auf Basis des Epidemiegesetzes. Der einzelne Unternehmer dürfe nach der Beschlussfassung dieses Hilfspakets nicht schlechter gestellt sein als davor, betonte Fuchs.

Neben dem FPÖ Abänderungsantrag wurden vom Nationalrat drei FPÖ-Entschließungen abgelehnt. So forderte Fuchs, dass bis zur Bewältigung der Corona-Krise die EU-Beiträge Österreichs ausgesetzt werden. Nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Eltern, Lehrende und SchülerInnen sieht Dagmar Belakowitsch finanziell durch die Epidemie geschädigt. Sie forderte vollständigen Kostenersatz für aufgrund der COVID-19-Krise abgesagte Schulveranstaltungen, Ausflüge, Reisen und Schikurse. Vieles sei am richtigen Weg, aber zu wenig, kommentierte Erwin Angerer (FPÖ) die Regierungsvorhaben zur Unterstützung der Unternehmen. Er stellte den Antrag, die Unternehmen zu entlasten, indem Sozialversicherungsbeträge zinsfrei gestundet werden, Vorauszahlungen von Einkommens- und Körperschaftssteuern ausgesetzt sowie Säumniszuschläge verringert werden oder überhaupt ganz entfallen.

NEOS drängen auf weitaus größeres Hilfsvolumen

Deutschland zeige vor, dass auch Österreich wesentlich höhere Rettungspakete brauche, etwa 40 bis 50 Mrd. €, meinte Josef Schellhorn (NEOS), es müssten sofort unbürokratisch viel mehr Leistungen bereitgestellt werden. Zur Sicherung der Liquidität sei ein Annuitätenmoratorium wichtig, vor allem müssten EPUs und KMUs ausreichend Zugang zu Überbrückungshilfen erhalten. Mit einer Entschließung, die aber in der Minderheit blieb, forderten die NEOS zusätzliche Mittel für die Bekämpfung einer Abwärtsspirale, Haftungsübernahmen für Notfallkredite betroffener Unternehmen, insbesondere EPUs und KMUs die Einbeziehung der Rücklagen der Wirtschaftskammer bei der Übernahme dieser Haftungen sowie als Überbrückung die Stundung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen für mehrere Monate sowie zinsfreie Kredite mit längerfristigen Tilgungsplänen.

Die fraktionslose Abgeordnete Philippa Strache unterstütze die geplanten Maßnahmen und die Unterstützung in Höhe von 4 Mrd., wollte aber eine Verdoppelung der Mittel. Sie appellierte an die Menschen, Rücksicht zu nehmen, Panik zu vermeiden und Zuhause zu bleiben.

Vier-Parteien-Antrag zu mehr Berichtspflichten für Bundesregierung

Durch Abänderungen im Gesetzespaket beschlossen wurden Berichtspflichten der Bundesregierung an das Parlament sowie per Auslaufklausel (sunset clause) ein automatisches Auslaufen der COVID-19-Maßnahmen per Ende des Jahres. NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak brachte den gemeinsamen Abänderungsantrag von ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS ein, der konkrete Berichtspflichten der Regierung vorsieht. Viele Maßnahmen der Regierung wären ohne das Parlament nicht möglich, so Scherak. So soll der Finanzminister dem Budgetausschuss des Nationalrats monatlich über die Maßnahmen und finanziellen Auswirkungen berichten. Außerdem wird darin ein vierteljährlicher Bericht über die Unternehmens-Hilfen zur Förderung der Liquidität im Kontext der COVID-19 Krise an den Ausschuss gefordert. Der Antrag dehnt außerdem die Sonderbetreuungszeitregelungen auf jene Personen aus, die der Landarbeitsordnung oder in Vorarlberg dem Land- und Forstarbeitsgesetz unterliegen. Zudem wurde die Möglichkeit der Anwendung von Zwangsmittel durch Sicherheitsbehörden im Paket ergänzt. Der Vier-Parteien-Antrag wurde einstimmig angenommen. (Schluss Nationalrat) sox/mbu/gun

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.