Parlamentskorrespondenz Nr. 444 vom 11.05.2020

Ausschussberatungen über Budget 2020 wurden mit Parlamentsbudget eröffnet

Parlamentssanierung könnte sich um vier bis sechs Monate verzögern

Wien (PK) – Die Sanierung des Parlamentsgebäudes könnte sich durch die COVID-19-Pandemie um einige Monate verzögern. Das gab Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka heute bei den Beratungen im Budgetausschuss des Nationalrats zum Parlamentsbudget bekannt. Konkret sieht er zusätzliche Risiken von vier bis sechs Monaten. Grund dafür sind unter anderem Verzögerungen bei Zuschlägen infolge EU-weiter Ausschreibungen, fehlende Lieferungen aus dem Ausland und der vorübergehende Baustopp im März. Damit könnten auch die Kosten steigen. Mitte bis Ende September sollen laut Sobotka die neuen Berechnungen der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) vorliegen. In Zusammenhang mit der laufenden Organisationsreform in der Parlamentsdirektion stellte Sobotka unter anderem einen weiteren Ausbau des Demokratiebildungsangebots des Parlaments in Aussicht.

Auf der Parlamentsbaustelle sind laut Sobotka zwar mittlerweile wieder rund 400 bis 410 Mitarbeiter tätig, nach den ursprünglichen Plänen hätten es zum jetzigen Zeitpunkt allerdings 700 sein sollen. Das ist nicht zuletzt wegen der notwendigen Abstandsregeln jedoch nicht möglich. Auch sei es beispielsweise zu Verzögerungen beim Zuschlag für die Glaskuppel und bei Restaurierungsarbeiten, die von einem Südtiroler Restaurator durchgeführt werden, gekommen. Lieferverträge hätten unter anderem wegen eines geschlossenen Betriebs in Spanien nicht eingehalten werden können.

Sobotka ist aber überzeugt, dass die BIG als Auftraggeber die aufgetretenen Probleme bestmöglich managet. Das betrifft auch etwaige Preisverhandlungen mit den ausführenden Firmen, auf die insbesondere FPÖ-Abgeordneter Michael Schnedlitz drängte. Die Baustelle gehöre außerdem zu den am besten kontrollierten in Österreich, betonte der Nationalratspräsident und verwies in diesem Zusammenhang etwa auf die Einbindung des Rechnungshofs, von Transparency International und des parlamentarischen Bauherrenausschusses, dem auch die Fraktionen angehören.

In Richtung Grün-Abgeordneter Astrid Rössler versicherte Sobotka, dass bei der Parlamentssanierung auf Energieeffizienz besonderer Wert gelegt wird. Zudem stellte er einen neuen Berechnungsschlüssel für Klubräumlichkeiten in Aussicht, um eine optimale Platzsituation für Klubs und Abgeordnete zu gewährleisten.

20 zusätzliche Planstellen

Mit der Organisationsreform in der Parlamentsdirektion, die unter dem Namen "Theophil 21" firmiert, will Sobotka nicht zuletzt sicherstellen, dass das Leistungsspektrum der Parlamentsdirektion nicht nur gehalten, sondern auch ausgeweitet werden kann, wobei er den MitarbeiterInnen des Hohen Hauses insgesamt großes Lob aussprach. Das Parlament sei in den letzten Wochen besonders gefordert gewesen, die Parlamentsdirektion habe wie immer hervorragend gearbeitet.

Besondere Aufmerksamkeit will man im Zuge der Organisationsreform laut Sobotka der IKT-Struktur widmen. Wie wichtig dieser Bereich sei, hätten nicht zuletzt die vergangenen Wochen gezeigt. So wird es etwa eine neue Abteilung für Strategische Planungen geben. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Demokratiebildung gewidmet. Geplant ist demnach unter anderem, dass das Parlament vermehrt in die Länder hinausgeht und neue Zielgruppen wie Menschen mit Migrationshintergrund anspricht. Zudem ist Sobotka eine Ausweitung des "Parlaments-TV", inklusive der Bereitstellung von Erklärvideos und anderem Bildmaterial, ein Anliegen. Auch die zunehmende Bedeutung internationaler Kontakte des Parlaments spiegelt sich ihm zufolge im neuen Organigramm wider. Bei klassischen Diensten wie dem Nationalratsdienst oder dem Rechtsdienst kommt es hingegen kaum zu Änderungen.

Um die neuen Aufgaben bewältigen zu können, erhält das Parlament 20 neue Planstellen, wie Sobotka ausführte. Das ändere aber nichts daran, dass die Parlamentsverwaltung im Vergleich zu anderen Parlamenten weiter "sehr schlank aufgestellt ist". Wie die neuen Planstellen verteilt werden, steht erst teilweise fest, insgesamt hätten die einzelnen Dienste einen Zusatzbedarf von 55 MitarbeiterInnen angemeldet, so Sobotka. Einen eigenen Sicherheitsdienst des Parlaments, wie auch überlegt wurde, wird es aller Voraussicht nach nicht geben, vielmehr sei ein Verwaltungsübereinkommen mit dem Innenministerium angedacht.

Gegenüber SPÖ-Abgeordnetem Kai Jan Krainer bestätigte Sobotka, dass über das Budget kein vollständige Einvernehmen mit Zweiter Nationalratspräsidentin Doris Bures und Drittem Nationalratspräsidenten Norbert Hofer erzielt wurde, wobei er darauf verwies, dass die Gespräche wie immer von der Parlamentsdirektion geführt worden seien. Parlamentsdirektor Harald Dossi zufolge ist das Einvernehmen an einzelnen offenen Fragen gescheitert, insbesondere in Bezug auf den Stellenplan, was die genaue Zuteilung der neuen Planstellen betrifft. Da die Organisationsreform noch im Laufen sei, sei es nicht möglich gewesen, die entsprechenden Informationen zeitgerecht zu liefern.

Die Ausführungen Sobotkas veranlassten Krainer zur Feststellung, dass sich dieser offenbar nicht persönlich um ein Einvernehmen mit seinen beiden Amtskolleginnen bemüht habe, worüber er sich irritiert zeigte. Seine Fraktionskollegin Petra Bayr hinterfragte zudem, inwieweit die ParlamentarierInnen etwas vom Ausbau der Öffentlichkeitsarbeit hätten. Seitens der NEOS drängte Nikolaus Scherak unter anderem auf eine weitere "Papierreduktion" und den weiteren Ausbau des elektronischen Workflows.

Sobotka teilte den Abgeordneten auch mit, dass 2020 – gemäß dem vorgesehenen Zweijahresrhythmus – wieder eine Antisemitismus-Studie beauftragt wird. Vor allem Grün-Abgeordneter David Stögmüller hatte sich für dieses Thema interessiert.

Budgetärer Mehrbedarf wegen Parlamentssanierung und neuer Angebote

Konkret sieht der Budgetentwurf für den Bereich Bundesgesetzgebung für das laufende Jahr Ausgaben (Auszahlungen) in der Höhe von 340,78 Mio. € und Einnahmen (Einzahlungen) in der Höhe von 2,3 Mio. € vor. Das ist ein Ausgabenplus gegenüber dem Voranschlag 2019 von 51,96 Mio. €. Grund dafür sind insbesondere die anfallenden Kosten für die Parlamentssanierung. Dafür werden heuer, inklusive der Kosten für das Ausweichquartier, 133,08 Mio. € veranschlagt. Außerdem schlagen die Sanierung der Nebengebäude des Parlaments, Veranstaltungen wie die geplante IPU-Weltkonferenz der ParlamentspräsidentInnen, neue Angebote zur Demokratiebildung sowie die weitere Digitalisierung von Arbeitsprozessen zu Buche. Auch bei der Klubförderung kommt es, nicht zuletzt wegen der IPU-Konferenz, zu Mehraufwendungen.

Allerdings könnte es durch die COVID-19-Pandemie zu Minderauszahlungen bzw. Zahlungsverschiebungen kommen, wie der parlamentarische Budgetdienst in seiner Analyse anmerkt. Etwa wenn sich die Sanierung des Parlamentsgebäudes verzögert oder große Veranstaltungen abgesagt werden müssen. So wird etwa erst Ende Mai entschieden, ob die IPU-Weltkonferenz im Sommer stattfindet. Auch die zuletzt gestiegenen Rücklagen des Parlaments resultieren laut Budgetdienst aus Verzögerungen von Zahlungen im Zusammenhang mit der Parlamentssanierung.

Zurückgestellt wurden unter anderem diverse verwaltungsinterne Projekte. Auch sonst ist das Parlament im Sinne des restriktiven Budgetkurses im Bundesbereich bemüht, Ausgaben so weit wie möglich zu reduzieren. In diesem Sinn sieht auch das Bundesfinanzrahmengesetz 2020 bis 2023 nach Abschluss der Parlamentssanierung wieder ein sinkendes Parlamentsbudget vor.

Der beim Parlament eingerichtete Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus erhält 2020 7,04 Mio. €. Damit wird auch die Instandsetzung jüdischer Friedhöfe gefördert und die Neugestaltung der österreichischen Gedenkstätte in Auschwitz-Birkenau finanziert.

Zugeteilt sind dem Parlament 2020 insgesamt 470 Planstellen, das sind um 20 mehr als 2019. Davon waren laut Budgetentwurf zum Stichtag 31. Jänner 2020 424,78 VBÄ (Vollzeitbeschäftigungsäquivalente) besetzt, verteilt auf 453 Beschäftigte (204 BeamtInnen und 249 Vertragsbedienstete). Dazu kommen 94 freie DienstnehmerInnen und sechs VerwaltungspraktikantInnen. Der Frauenanteil der Bediensteten liegt bei 50,1%, wobei in den obersten Führungsebenen 47,06% Frauen sind. (Fortsetzung Budgetausschuss) gs

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.