Parlamentskorrespondenz Nr. 445 vom 11.05.2020

VfGH und VwGH: Weiterhin hohe Arbeitsbelastung durch Asylrechtsangelegenheiten

Budgetausschuss berät Voranschlag 2020 für Höchstgerichte und Präsidentschaftskanzlei

Wien (PK) – Mit dem Bundesvoranschlag für drei weitere Oberste Organe setzte der Budgetausschuss seine Beratungen fort. Neben der Präsidentschaftskanzlei ging es um die finanzielle Ausstattung des Verfassungsgerichtshofs sowie des Verwaltungsgerichtshof, deren Ressourcen noch immer durch eine hohe Anzahl an Fällen in Asylrechtsgelegenheiten gebunden sind. Der Verfassungsgerichtshof sei auch bereits mit zahlreichen Eingaben im Zusammenhang mit COVID-19-Maßnahmen konfrontiert, erklärte VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter, darunter 56 Individualanträge und zwei Staatshaftungsklagen. Durch das vom Parlament beschlossene Fristenmoratorium und die Ausweitung der Umlaufbeschlüsse konnte der Rückstau bei den Verfahren in Grenzen gehalten werden, hob VwGH-Präsident Rudolf Thienel hervor.

Verfassungsgerichtshof: Durchschnittliche Verfahrensdauer liegt bei knapp vier Monaten

Im Jahr 2020 sollen die Auszahlungen für den Verfassungsgerichtshof von veranschlagten 16,0 Mio. € im Jahr 2019 auf rund 17,3 Mio. € steigen (+ 7,9%). Die dem Strategiebericht zufolge einmalige Erhöhung im Jahr 2020 sei etwa auf die geplanten Feierlichkeiten zum Jubiläumsjahr "100 Jahre österreichische Bundesverfassung" sowie auf die bautechnische Umsetzung eines durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ausgearbeiteten Sicherheitskonzeptes zurückzuführen. Weitere Abweichungen werden mit dem nachträglichen budgetären Ausgleich bei den Personalkosten für zwei im Jahr 2018 zuerkannte Planstellen und Zahlungen im Zusammenhang mit dem Vorrückungsstichtag begründet. Mehrauszahlungen, die durch den weiterhin hohen Arbeitsanfall im Bereich des Asyl- und Fremdenrechts sowie bei Normenkontrollverfahren zu erwarten seien, erfolgen demzufolge unter Zugriff auf bestehende Rücklagen. Der Personalstand soll laut Voranschlag von 102 Planstellen im Jahr 2019 auf 105 im Jahr 2020 steigen. Die Auszahlungsobergrenze im Bundesfinanzrahmengesetz sinkt bis 2023 auf 16,8 Mio. €.

Die Fragen der Abgeordneten drehten sich vor allem um Anträge in Bezug auf COVID-19-Maßnahmen (Abgeordneter Wolfgang Gerstl, ÖVP), die Erhöhung der Planstellen (Abgeordnete Selma Yildirim, SPÖ), die Kosten für die Fälle im Asylbereich (Abgeordnete Susanne Fürst, FPÖ) und um die Entnahme der Rücklagen (Abgeordneter Nikolaus Scherak, NEOS). Sie habe großen Respekt vor der Arbeit der Höchstgerichte, merkte Abgeordnete Astrid Rössler (Grüne) grundsätzlich an, da es ohne ausjudizierte Gesetze keine Rechtssicherheit und Klarheit vor allem in komplexen Materien gebe. Außerdem gratulierten die MandatarInnen Präsident Grabenwarter, der seit Februar 2020 im Amt ist, zu seiner neuen Funktion.

VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter informierte die Ausschussmitglieder darüber, dass bis dato 59 Eingaben im Zusammenhang mit COVID-19-Maßnahmen erfolgt sind, die sich auf die Gesetzgebung oder die Erlassung von Verordnungen in diesem Bereich beziehen. Den Großteil machen dabei Individualanträge (insgesamt 56) aus, die unverzüglich in Behandlung genommen und teilweise schon in Vorverfahren geschickt wurden. Überdies liegen zwei Staatshaftungsklagen vor, wobei es sich in einem Fall um einen Verfahrenshilfeantrag eines Zivildieners handle.

Besondere Auswirkungen auf den Arbeitsanfall habe die Dynamik des Asyl- und Fremdenrechts. Im Jahr 2019 sei neuerlich eine markante Steigerung der Fallzahlen in diesem Bereich zu verzeichnen gewesen. Sie lagen mit über 3.200 Fällen bereits bei über 62% des Gesamtanfalls. Während die allgemeine Verfahrensdauer durchschnittlich 123 Tage beträgt, liege man beim Asylrecht mit 110 Tagen sogar noch darunter, teilte der Präsident weiter mit.

Generell versicherte Grabenwarter, dass die Arbeit des VfGH trotz kompletter Umstellung auf Telework zügig weiterlaufe, allein in den letzten Wochen wurden rund 200 Entscheidungen ausgefertigt. Was die zusätzlichen Planstellen angeht, so werde etwa eine Person im Rahmen des Projekts "Verfassung macht Schule" eingesetzt, durch das vor allem jüngeren Menschen die Bedeutung der rechtsstaatlichen Prinzipien und die Arbeit der Höchstgerichte noch näher gebracht werden soll. Der Abgeordneten Romana Deckenbacher (ÖVP), die sich nach dem Frauenanteil im VfGH erkundigte, teilte er noch mit, dass es 50% weibliche Führungskräfte gebe. Zur Frage der Rücklagen erklärte Grabenwarter, dass der VfGH so sparsam wie möglich mit den Mitteln umgehe und versuche, diese Entnahmen nicht anwachsen zu lassen. 

Verwaltungsgerichtshof: Rückstau bei den Verfahren hält sich in Grenzen

Das Budget 2020 für den Verwaltungsgerichtshof sieht Auszahlungen (Ausgaben) in der Höhe von rund 21,7 Mio. € vor. Im Vergleich zum vorläufigen Erfolg 2019 bedeutet dies für 2020 einen Anstieg um 3,1%, insbesondere aufgrund höherer Sachaufwendungen für den Betrieb der Datenbank eVA+ und höherer Personalaufwendungen. Der VwGH soll 2020 über 202 Planstellen, also um eine weniger als im Vorjahr, verfügen; 68 davon im richterlichen Bereich. In den darauffolgenden Jahren bis 2023 steigt die Auszahlungsobergrenze weiter (2023: 22,9 Mio. €). Im Sinne einer größtmöglichen Sparsamkeit in der Justizverwaltung sollen alle verfügbaren Mittel so eingesetzt werden, dass die organisatorischen und technischen Voraussetzungen der rechtsprechenden Tätigkeit optimiert werden.

VwGH-Präsident Rudolf Thienel zeigte auf, dass im Jahr 2019 7.256 Verfahren abgeschlossen werden konnten; 645 waren noch offen. Die durchschnittliche Verfahrensdauer im Jahr 2019 betrug 3,7 Monate. Der Anteil an Asylrechtsangelegenheiten sei noch immer hoch und lag im Vorjahr bei etwa 3.000 Fällen. Die Verfahrensdauer in diesem Bereich betrage mittlerweile 1,5 Monate; dies könne man kaum mehr beschleunigen. Froh zeigte sich der VwGH-Präsident darüber, dass durch das Fristenmoratorium und die Ausweitung der Umlaufbeschlüsse die Arbeit des VwGH erleichtert wurde, zumal derzeit keine Sitzungen stattfinden können. Der Rückstau halte sich daher in Grenzen. Man werde jedoch die Corona-Krise zum Anlass nehmen, um noch mehr auf die Digitalisierung zu setzen und einige Projekte vorziehen, konstatierte Thienel.

Präsidentschaftskanzlei: Ausbau der Bürgerkontakte, der Digitalisierung und der Gebäudesicherung

Neben den beiden Höchstgerichten befasste sich der Budgetausschuss auch mit dem Haushaltsentwurf für die Präsidentschaftskanzlei. In diesem Bereich sind Ausgaben (Auszahlungen) von rund 11,5 Mio. € veranschlagt. Im Vergleich zum vorläufigen Erfolg 2019 bedeutet dies für 2020 einen Anstieg um 15,1%. Im Personalplan sind insgesamt 85 Planstellen vorgesehen. In den Jahren 2022 und 2023 sinkt die Auszahlungsobergrenze im Entwurf des Bundesfinanzrahmengesetzes deutlich auf 9,7 Mio. €.

Arbeitsschwerpunkte der Präsidentschaftskanzlei stellen etwa Jubiläen wie 100 Jahre Bundes-Verfassungsgesetz sowie 75 Jahre Republik Österreich im Jahr 2020 dar. Außerdem sind Veranstaltungen zu Themenbereichen wie Umwelt- und Klimaschutz, Zukunft und Jugend, Wissenschaft oder Freiwilligenarbeit geplant. Darüber hinaus wird die Intensivierung der internationalen Kontakte angestrebt, die nach Wegfall der durch die COVID-19-Pandemie verursachten Einschränkungen unverzüglich wieder aufgenommen werden sollen. Die höheren Auszahlungen beziehen sich vor allem auf Werkleistungen zur Anpassung der Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Social Media, auf die Erhöhung des Personalplans um zwei Planstellen zur Verstärkung der Betreuung der Bürgerkontakte, auf die Verbesserung der Sicherheitseinrichtungen und auf die erforderliche Erneuerung der Medientechnik, informierte Bundesministerin Karoline Edtstadler. (Fortsetzung Budgetausschuss) sue

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.