Parlamentskorrespondenz Nr. 903 vom 17.09.2020

Arbeitslose erhalten bei längeren Schulungen künftig Bildungsbonus

Gesetzentwurf erhielt im Sozialausschuss breite Mehrheit

Wien (PK) – Arbeitslose, die im Auftrag des AMS an einer zumindest viermonatigen Schulung oder einer anderen Qualifizierungsmaßnahme teilnehmen, werden künftig – befristet – einen Bildungsbonus von 4 € pro Tag erhalten. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag der Regierung wurde heute vom Sozialausschuss des Nationalrats mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen gebilligt. Der Bonus wird zusätzlich zum Arbeitslosengeld bzw. zur Notstandshilfe und zum bestehenden Schulungszuschlag gewährt und ist als flankierende Maßnahme zur geplanten Corona-Arbeitsstiftung gedacht. Voraussetzung für den Erhalt der monatlich rund 120 € ist, dass die Um- bzw. Nachschulung zwischen 1. Oktober 2020 und 31. Dezember 2021 beginnt und vom Träger der Schulungseinrichtung selbst keine Zuschüsse gewährt werden.

Kritik an der Gesetzesnovelle (352 d.B.) kommt von den NEOS. Er sehe sich nicht in der Lage, dem Bildungsbonus zuzustimmen, nachdem er bislang keine Unterlagen zur Arbeitsstiftung gesehen habe, sagte Gerald Loacker und äußerte die Vermutung, dass es sich beim Bonus um eine versteckte Erhöhung des Arbeitslosengeldes handle. SPÖ und FPÖ stimmten der Novelle dagegen zu, ihre Anträge betreffend einer generellen befristeten Erhöhung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe wurden neuerlich vertagt.

Arbeitsministerin Christine Aschbacher lud die Fraktionen zu einer Aussprache zur Corona-Arbeitsstiftung ein. Es sei der Regierung wichtig, "dass wir jetzt in Menschen investieren", sagte sie. Die geplante Arbeitsstiftung sei "das größte Weiterbildungsprojekt der Zweiten Republik". Laut Aschbacher ist geplant, mehr als 100.000 Menschen zu erreichen und 700 Mio. € frisches Geld zur Verfügung zu stellen. Unterstützt werden soll vor allem arbeitsplatznahe Ausbildung, schließlich suchten Unternehmer nach wie vor FacharbeiterInnen. Arbeitskräftebedarf sieht Aschbacher vor allem in den Bereichen Digitalisierung, erneuerbare Energien und Pflege.

Die Kosten für den Bildungsbonus werden von der Regierung mit 33 Mio. € im Jahr 2021 und 22,4 Mio. € für 2022 veranschlagt. Heuer könnten demnach noch 2,16 Mio. € fließen. Der Bonus soll die Existenzabsicherung während längerdauernder Ausbildungen erleichtern, wie in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage hervorgehoben wird. Zudem geht das Arbeitsministerium davon aus, dass durch das höhere Haushaltseinkommen für die Betroffenen auch der private Konsum steigt, was wiederum Arbeitsplätze sichere.

SPÖ und FPÖ pochen auf befristete Erhöhung des Arbeitslosengeldes

Zustimmung erhielt die Regierungsvorlage auch von SPÖ und FPÖ. Qualifizierung helfe, aus der Arbeitslosigkeit herauszukommen, sagte Markus Vogl. Allerdings sieht es die SPÖ kritisch, dass der Bildungsbonus nur für neue Schulungen gewährt wird. Wer etwa im September eine Pflegeausbildung begonnen habe, kriege nichts, beklagten neben Vogl auch SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch und Alois Stöger. Vogl zufolge sollte außerdem geprüft werden, ob es möglich ist, den Bildungsbonus auch an Menschen in Bildungskarenz auszuzahlen.

Was die Forderung der SPÖ nach einer generellen Erhöhung des Arbeitslosengeldes betrifft (496/A), bekräftigte Vogl einmal mehr den Standpunkt seiner Fraktion, dass die erfolgte Einmalzahlung von 450 € nicht ausreichend sei. Er appellierte außerdem an die Regierung, eine Lösung für jene Arbeitslose zu finden, bei denen die 450 € wegen einer Pfändung des Arbeitslosengeldes nicht angekommen seien.

Auch der FPÖ ist es ein Anliegen, das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe wegen der schwierigen Lage am Arbeitsmarkt aufgrund der COVID-19-Pandemie befristet zu erhöhen (713(A(E)). Peter Wurm warnte im Ausschuss außerdem vor einem "Tsunami", was Unternehmenskonkurse und Arbeitslosigkeit betrifft. Seiner Ansicht nach tut die Regierung zu wenig, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern. Es sei ein Unterschied, ob der Tsunami zwei oder zehn Meter hoch sei, meinte er und rief die Regierungsparteien dazu auf, größere Schritte als bisher zu setzen. Er wolle nicht in die Lage kommen, "dass der Sozialausschuss zusammenräumen muss".

ÖVP und Grüne uneins

Markus Koza (Grüne) wies darauf hin, dass mit der Corona-Arbeitsstiftung 100.000 Menschen die Möglichkeit erhalten werden, sich umschulen zu lassen. Es solle vorrangig in die Richtung ausgebildet werden, wo Bedarf am Arbeitsmarkt besteht, hielt er in Einklang mit Aschbacher fest. Eine längere Ausbildung sei belastend, betonte Koza, deshalb solle es auch einen Bildungsbonus geben. Dass damit das Arbeitslosengeld für eine bestimmte Gruppe erhöht werde, sei richtig, meinte Lukas Brandweiner (ÖVP) in Richtung NEOS-Abgeordnetem Loacker, die Kritik daran verstehe er jedoch nicht.

Über eine generelle Erhöhung des Arbeitslosengeldes wollen die Grünen Koza zufolge mit der ÖVP weiter verhandeln. Gudrun Kugler (ÖVP) sieht einen solchen Schritt aber kritisch. Durch Kinderzuschläge und andere Ergänzungsbeiträge würden viele Arbeitslose ohnehin mehr als 55% ihres Letzteinkommens erhalten, und zwar bis zu 90%. Ihrer Meinung nach ist außerdem eine gewisse Differenz zwischen der Höhe des Arbeitslosengeldes und des Einkommens wichtig.

Mehr als 400.000 Arbeitslose haben Einmalzahlung bereits erhalten

Arbeitsministerin Aschbacher informierte die Abgeordneten darüber, dass bereits über 403.000 Menschen die Einmalzahlung von 450 € für Arbeitslose erhalten haben, und das bei derzeit 404.000 Arbeitssuchenden. Dass im Zusammenhang mit dem Bildungsbonus immer wieder ein Betrag von 180 € monatlich genannt wird, begründete sie damit, dass SchulungsteilnehmerInnen schon derzeit rund 2 € täglich erhalten, die auch weiterhin ausgezahlt würden.

Keine Kurzarbeit für Beschäftigte ausländischer Unternehmen

Mit den Stimmen der Regierungsparteien lehnte der Sozialausschuss einen Antrag der NEOS ab, der eine Ausweitung der Kurzarbeitsregelung auf in Österreich erwerbstätige ArbeitnehmerInnen, die bei einem im Ausland ansässigen Unternehmen beschäftigt sind, zum Ziel hat (547/A(E) ). Für Abgeordneten Gerald Loacker ist es nicht einsichtig, dass das Kurzarbeitsmodell für diese Personengruppe nicht gilt, obwohl die Beschäftigten in Österreich voll steuer- und sozialversicherungspflichtig sind.

Während SPÖ und FPÖ das Anliegen unterstützten, betonte Klaus Fürlinger (ÖVP), dass Kurzarbeit eine Unternehmensförderung und keine Arbeitnehmerförderung sei. Eine Förderung ausländischer Unternehmen ohne Betriebssitz in Österreich kommt für ihn nicht in Frage. (Schluss Sozialausschuss) gs